Das Sakrament
zeigte dann seineleeren Handflächen. »Die Hunde zeigen Weg!« Er schärfte ein unsichtbares Messer. »Meister spuckt auf Schleifstein! Ja!«
Orlandu verstand kein Wort von dem, was der alte Mann gesagt hatte. Aus Dankbarkeit antwortete er: »Ja!« und erntete damit ein weiteres zahnloses Grinsen. Orlandu war wieder bei Kräften. Die Worte über den Großmeister hatten seinen Willen wieder angefeuert, die gestellte Aufgabe zu vollenden. Er stand von dem Eimer auf, ragte turmhoch über dem Karagiozi auf und stellte fest, daß seine Beine ihm wieder gehorchten. Zum erstenmal bemerkte er, daß eine Galeere am Kai festgemacht hatte. Matrosen kletterten durch die Rahen, um die roten Segel zu raffen. Eine neue Gruppe von Rittern ging an Land.
Die Flotte des Ordens bestand aus sieben Galeeren. Bei jeder einzelnen hatte Orlandu schon die Entenmuscheln von den mit Exkrementen durchdrungenen Bohlen gekratzt. Diese hier war die Couronne . Für die Jungen der Stadt, besonders für die, die als Wasserträger arbeiteten, war es eine Frage der Ehre, daß man so viele der edlen Helden erkennen und benennen konnte wie nur möglich. Jeder Ritter wurde gemustert, und man erzählte von ihm und stritt darüber, wer wohl die tödlichsten Kämpfer waren, die furchtlosesten Seeleute und diejenigen, die Gott am nächsten standen. Orlandu kannte jedoch keinen der Ritter auf der Couronne , die da überwachten, wie man ihre Pferde von Bord führte und ihre Habe ablud. Diese späten Ankömmlinge mußten aus den entlegensten Provinzen des Ordens angereist sein, vielleicht aus Polen oder Skandinavien oder gar aus Moskowien, aus jenen sagenumwobenen Ländern am äußersten Ende der Erde, wo noch die Magie herrschte und heidnische Völkerstämme gefangene Ritter in der Rüstung brieten.
Dann erblickte Orlandu eine wohlbekannte Gestalt auf der Gangway, wenn es auch kein Ritter war, der für seine wilde Unerschrockenheit bekannt war. Es war Oliver Starkey. Hinter ihm kamen zwei Fremde von ehrfurchtgebietender Gestalt und kriegerischem Aussehen, die, ihrer Kleidung nach zu schließen, überhaupt keine Ordensritter waren. Er schätzte, daß sie SoldadosParticular waren – hochwohlgeborene Abenteurer –, die der ritterliche Geist und die Aussicht auf Kriegstaten und Ruhm nach Malta gelockt hatten. Sie bezogen keinen Sold, waren niemandem zu Gehorsam verpflichtet und kämpften für die Seite, die sie sich ausgesucht hatten. Diese beiden hatten nun wenig Ritterliches oder Edles an sich, waren aber eindeutig für Kriegstaten geboren. Der erste war so breit wie ein Ochsenwagen, hatte kurzgeschorenes Haar, einen eisengrauen Bart und viele Narben. Er trug ein mit Messing beschlagenes Brigantinenwams und war mit Waffen behängt. Unter anderem hatte er sich ein zweihändiges deutsches Breitschwert umgelegt und trug auf dem Arm eine Wallbüchse, in deren Lauf ein Besenstiel gepaßt hätte.
Der größere der beiden Männer war noch eindrucksvoller. Er hatte eine Löwenmähne, die in der Mittagssonne wie polierte Bronze schimmerte. Inmitten der schlichten Gewänder der Ritter wirkte sein mit Goldstreifen verziertes Wams eher prahlerisch. Er hatte hohe Stulpenstiefel an, die ihm bis zum halben muskulösen Oberschenkel reichten. An der Hüfte trug er ein Schwert, und im Gürtel steckte eine langläufige und kunstvoll verzierte Pistole. Es waren kriegerische Männer, ob sie nun adelig waren oder nicht. Orlandu hatte Stoff für neue Phantasien. Ein Ordensritter würde aus ihm niemals werden, da er von niederer und unreiner Herkunft war, aber vielleicht konnte er eines Tages wie diese beiden Männer werden.
Hinter ihnen gingen zwei Frauen von Bord. Orlandu hatte seit Monaten keine Frauen mehr ankommen sehen, verspürte aber nur wenig Neugier. Neben solchen Giganten, wie sie hier über die Gangway schritten, waren Frauen nur winzige Vögel mit wenig aufsehenerregendem Gefieder. Viel mehr faszinierte ihn der wunderbar goldene Hengst, den die jüngere der beiden Frauen am Zügel führte. Ein solches Streitroß hatte er noch nie erblickt, und er hatte wahrhaftig schon viele gesehen, denn die Ordensritter besaßen wunderbare Pferde. Das Mädchen oder ihre Herrin konnte unmöglich die Eignerin dieses Pferdes sein. Es mußte einfach dem Ritter mit der Löwenmähne gehören. So herrlich das Tierauch war, schon wurde Orlandus Aufmerksamkeit von anderen Ereignissen abgelenkt: Großmeister La Valette kam, um die Neuankömmlinge zu begrüßen.
Orlandu straffte die
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