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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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»Le jardin du physique« , sagte er auf französisch.
    Orlandu nickte, denn sein Französisch war nicht schlecht.
    Omar fiel wieder ins Maltesische zurück. »Das Haus der Italiener! Ja!«
    Hinter einer der Herbergen der italienischen Zunge befand sich ein ummauerter Arzneigarten, wo Pater Lazaro, der Meister des Heiligen Hospitals, Sträucher und Kräuter mit heilenden Eigenschaften angepflanzt hatte. Die Hospitaler waren nicht nur die großartigsten Krieger der Welt, sondern auch die besten Heiler. Aber was mochte der alte Mann damit meinen? Omar zeigte die Gasse entlang, ohne eine Spur von dem Windhund zu sehen.
    » Dans le jardin . Der weiße Dschin! Ja!«
    Omar warf den Kopf zurück und jaulte den Himmel an.
    Orlandu hatte nichts zu verlieren. Verrückte machten ja oft Dinge, die vernünftige Menschen nicht taten. Er bahnte sich einen Weg durch die in Panik verfallene Stadt auf den Arzneigarten zu. Die Sonne war erbarmungslos, so daß er dankbar für den Schatten der engen Gassen war. Wo sie weder mit Kopfsteinpflaster noch mit Steinplatten befestigt waren, wo die einfachen Leute wohnten, lag der vom allgemeinen Aufruhr aufgewirbelte Staub in Wolken in der Luft, hing ihm im Haar und legte sich ihm wie ein Pelz auf die Zunge. In jedem Hof wimmelte es von Flüchtlingen, die eine Herberge für ihre Familien und ihre Ziegen suchten. Orlandu betrachtete die Angst dieser Menschen voller Verachtung, aber sie waren ja nur Bauern, von Natur aus furchtsam und den Krieg nicht gewöhnt. Die Ritter würden sie beschützen, die Ritter unddie anderen kämpfenden Männer – die Soldados Particular , die spanischen Tercios , die maltesischen Freischärler und die Hundeschlächter wie er selbst. Er ging ihnen mit gutem Beispiel voran, indem er aufrecht und ohne Furcht auf sein Ziel zuschritt. Er eilte auf die italienische Herberge zu.
    Jede Zunge des Ordens hatte ihre eigenen Herbergen. Die jüngeren Ritter und alle Feldwebel schliefen in spartanischen Schlafsälen. Die Komture und älteren Ritter hatten ihre eigenen Unterkünfte, die der Orden mit den Spoglia erworben hatte, der Beute, welche die Piratenzüge des Ritterordens eingebracht hatten. Die italienische, die größte und reichste Zunge, besaß mehrere Gebäude, darunter auch ein eigenes Hospital, am Ufer der Werftbucht. Die Mauer zum Garten von Pater Lazaros Herberge war sechs Fuß hoch. Hinten führte ein schmiedeeisernes Tor hinein.
    Orlandu spähte durch das Tor. Richtig, da stand der weiße Windhund im Schatten der Mauer an der gegenüberliegenden Seite des Gartens und fraß von den schmalen Blättern eines dunkelgrünen Busches, als wollte er damit seine Wunden heilen. Orlandu lag seine grausige Pflicht wie ein schwerer Stein im Magen. Er konnte ihr nicht ausweichen. Wenn er in den Garten hineinging, lief er Gefahr, sich eine Tracht Prügel einzuhandeln, vielleicht sogar einige Zeit im Verlies von St. Antonius zu verbringen. Falls er jedoch um Erlaubnis bat, den Garten zu betreten, würde ihm der Zutritt sicherlich verweigert. Es war, als hätte der Hund genau aus diesem Grund hier Zuflucht gesucht. Orlandu hob den Riegel und öffnete das Tor. Der Hund wandte sich ihm zu und schaute ihn mit aufmerksam gespitzten Ohren an. Seine anmutige Gestalt war völlig reglos.
    Orlandu schloß das Tor hinter sich.
    Er ging den Pfad zwischen den Pflanzen entlang. Beim Näherkommen sah er zum erstenmal die Augen des Hundes. Sie waren groß, feucht und schwarz wie Öl. Ihr trauriger Blick traf ihn bis ins Herz. Im letzten Augenblick ließ sich der Hund auf die Seite fallen und streckte ihm alle viere entgegen, als hoffte er, Orlandu würde seinen Bauch streicheln, und er könnte mit dieser Aufforderungzum Spielen sein Leben retten. Zu seinem Schrecken sah Orlandu, daß es eine Hündin war.
    Orlandu ging in die Hocke, und sofort sprang die Hündin auf und schmiegte ihren schmalen Schädel und ihren langen weißen Hals an seine Brust, streckte ihre lange rosafarbene Zunge hinaus, während sie in der Hitze hechelte. Orlandu legte ihr einen Arm um die Schulter. Sie bestand nur aus Knochen und Muskeln. Ihr Fell war samtweich, und er spürte ihr Herz gegen seine Hand schlagen. Das Messer in seiner Faust zitterte. Es wäre bestimmt keine große Sünde, wenn er sich wieder aus dem Tor schleichen und den Hund hier im Schatten zurücklassen würde.
    »Gott wird dir vergeben.«
    Orlandu ging auf die Knie und umfing den Windhund noch fester. An einer Tür im hinteren Teil der Herberge stand

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