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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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nicht geschieht. Ich habe euch doch befohlen, ihn niemals allein zu lassen.«
    »Er hat uns weggeschickt«, sagte Gérard betroffen.
    »Du hast was ?«
    »Erspar mir deine Strafpredigt«, knurrte Michel. »Ich komme mir auch so wie ein Narr vor, glaub mir.«
    »In Zukunft hörst du auf mich! Du hast Feinde, die keinen Spaß verstehen. Wann begreifst du das endlich?«
    »Wir sollten die Steinmetze und Zimmerleute nach Hause schicken«, meinte Marc Travère. »Dieser Brückenbau war eine törichte Idee. Wir haben uns damit übernommen.«
    Duval und Carbonel nickten bedrückt.
    »Auf keinen Fall.« Michel wollte aufstehen und machte eine falsche Bewegung, was den Schmerz in seiner geschundenen Schulter und dem Arm neu aufflammen ließ. »Auuu! Verdammt! Satan und alle seine Dämonen sollen de Guillory holen!«
    »Sitzenbleiben«, befahl Jean. »Ich bin noch nicht fertig.«
    Michel biss die Zähne zusammen. »Wir lassen uns nicht einschüchtern«, presste er hervor. »Die Gilde gibt nicht klein bei, nur weil dieser Kerl uns bedroht. Diese Brücke ist unser ganzer Stolz, und jetzt bauen wir sie erst recht. Erst recht, habt ihr verstanden? De Guillory ist nur ein tumber Rohling und ein Wichtigtuer. Wir tanzen nicht nach seiner Pfeife – niemals!«
    Jean drückte ihn unsanft aufs Bett zurück. »Hörst du jetzt endlich auf zu zappeln?«
    Jean bestand darauf, dass Michel sich den Rest des Tages schonte, Mohnblumensaft gegen die Schmerzen trank und im Bett blieb. Als Michel am nächsten Morgen das Haus verließ, grüßte ihn ein wildfremder Stadtbauer.
    »Der heilige Jacques segne Euch, Herr Gildemeister. Wenn ich etwas für Euch tun kann, lasst es mich wissen.«
    Auch andere, Kleinkrämer wie Handwerker, Bürger wie Knechte, zogen den Hut vor ihm und versprachen, ihn und die Gilde nach Kräften zu unterstützen, während er mit Yves und Gérard im Schlepptau den Marktplatz überquerte. Dabei hatte er erwartet, der demütigende Zwischenfall auf der Baustelle habe sein Ansehen und seine Autorität als Gildemeister beschädigt.
    »Das Stadtvolk hasst de Guillory«, erklärte Duval, den er vor der Gildehalle traf. »Und jetzt hat er auch noch einen Bürger angegriffen, dazu einen angesehenen Kaufmann, der sich für ihr Wohl einsetzt. Das verzeihen sie ihm nie.«
    Gestärkt durch den Rückhalt der Bürger, konnte Michel die Schwurbrüder davon überzeugen, die Brücke weiterzubauen. Die Steinmetze und Zimmerleute wurden angewiesen, Waffen bereitzulegen für den Fall, dass de Guillory noch einmal auf der Baustelle auftauchte. Doch nichts dergleichen geschah – der Ritter ließ sich nicht in Varennes blicken. Offenbar hatte er erkannt, dass er keine rechtliche Handhabe gegen eine neue Brücke hatte. Michel traute dem Frieden nicht und beschloss, eine Handelsreise nach Burgund, die er für Ende November geplant hatte, auf das nächste Frühjahr zu verschieben. Er wollte in der Stadt bleiben, bis wenigstens die Brückenpfeiler standen, damit er eingreifen konnte, falls de Guillory es sich anders überlegte und versuchte, die Bauarbeiten zu behindern.
    Diese Entscheidung erwies sich als vorausschauend, denn eine knappe Woche nach dem Angriff ereigneten sich gleich zwei folgenschwere Vorfälle.
    »Es ist keineswegs so, dass meine Schwurbrüder plötzlich ihre Liebe zum einfachen Mann entdeckt haben«, sagte Géroux, und seine Stimme klang missmutig, wie immer, wenn er über die Gilde sprach. »Auch mit christlicher Mildtätigkeit hat das nichts zu tun, wenngleich sich de Fleury alle Mühe gibt, diesen Anschein zu erwecken. Die neuen Backöfen und die Säuberung der Brunnen haben nur einen Zweck: das Ansehen der Gilde in der Stadt zu steigern. De Fleury und seine Wasserträger wollen sich damit den Beistand des Straßenvolkes erkaufen, um ihren Einfluss zu mehren und Eure Macht zu schmälern.«
    »Was genau planen sie?«, fragte Bischof Ulman.
    »Ich weiß es nicht. Sie hüten sich, in meinem Beisein über ihre Absichten zu sprechen. Vermutlich wollen sie die Gilde stärken, damit sie Euch eines Tages entgegentreten und Forderungen stellen können. Sitze im Schöffenkollegium, ein Mitspracherecht beim Münz- und Zollwesen und dergleichen.«
    Was Géroux da sagte, erfüllte Ulman mit Sorge – und mit beträchtlichem Zorn. Die Kaufleute wurden immer frecher, und das Schlimmste daran: Dass es so weit kommen konnte, hatte er sich selbst zuzuschreiben. Er hätte ihnen nie gestatten dürfen, die Brücke zu bauen, denn das hatte sie in

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