Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
Vom Netzwerk:
ihrer Arroganz und Selbstherrlichkeit bestärkt. Ja, Ulman, gestehe es dir endlich ein: Sie haben dich hereingelegt. Mit der siebenmal verfluchten Statue hatte de Fleury seinem Stolz geschmeichelt, sein Misstrauen eingelullt und ihm das wohltuende Gefühl gegeben, er halte in der Stadt alle Fäden in der Hand – und er war wie ein dummer Schweinehirte darauf hereingefallen.
    Ich gebe Euch den Rat, Eure Eitelkeit zu bezwingen, hatte Johann von Trier erst im Sommer zu ihm gesagt. Sonst könnte es allzu leicht geschehen, dass die Feinde der Kirche sie sich zunutze machen und gegen Euch verwenden.
    Ulman biss die Zähne zusammen. Dass diese kleine, geschwätzige Landplage am Ende recht behielt, ärgerte ihn am meisten. Mit einem bitteren Zug um den Mund schaute er aus dem Fenster der Sänfte, in der Géroux und er saßen. Werkstätten, Läden und Wohnhäuser zogen an ihm vorbei, als die vier Hörigen sie die Grande Rue hinauftrugen. Das Wetter an diesem Novembermorgen passte ausgezeichnet zu seiner Stimmung: Trüb und klamm war es, und durch die Gassen pfiff ein kalter Wind.
    Er zog seinen mit Fuchspelz gefütterten Mantel enger um die Schultern und blickte Géroux an. »Wo steht der nächste Backofen der Gilde?«
    »Im Schmiedeviertel. Aber ich glaube, er ist noch nicht fertig.«
    Ulman streckte den Kopf aus dem Fenster und befahl den Hörigen, sie dorthin zu bringen. Der Weg war nicht weit, denn das Viertel erstreckte sich südlich der Grande Rue, gleich hinter der Abtei Longchamp. Wie sein Name verriet, wohnten in den Gassen fast ausschließlich Schmiede und ihre Familien sowie Schwertfeger, Sarwürker und andere Handwerker, die Eisen verarbeiteten. Viele von ihnen standen bei Raymond Fabre, der die größte Schmiede Varennes’ besaß, in Lohn und Brot, doch die meisten besaßen eigene Werkstätten. In den schmalen Straßen roch es nach Schlacke, geschmortem Leder und dem Rauch der Essen; die Luft war erfüllt vom Dröhnen der Hämmer und dem Schnaufen der Blasebälge.
    Der neue Backofen entstand auf einem kleinen Platz im Herzen des Viertels. Ein Maurer kniete auf der Außenwand, klatschte Mörtel auf einen Ziegelstein und fügte ihn in das halbfertige Dach ein, das von einer Holzverschalung getragen wurde. Das Backhaus war von beeindruckender Größe: gut vier Ellen hoch und tief genug, dass zahlreiche Familien gleichzeitig darin ihr Brot backen konnten.
    Während der Arbeit unterhielt sich der Maurer mit einem stämmigen Mann, der neben dem Ofen stand, die muskulösen Arme vor der Lederschürze verschränkt. Es war Jean Caboche, Schmiedemeister und angesehener Vorsteher der Bruderschaft, der alle Handwerker des Viertels angehörten und die das Zusammenleben in diesen Gassen regelte.
    Ulman befahl den Hörigen anzuhalten und stieg aus der Sänfte.
    »Seid willkommen, Exzellenz«, begrüßte Caboche ihn und küsste seinen Ring.
    » Pax tecum. «
    Der Maurer wollte vom Ofen klettern, doch Ulman forderte ihn auf, seinetwegen keine Umstände zu machen und mit der Arbeit fortzufahren. Caboche musterte seinen unerwarteten Besucher mit einer Mischung aus Respekt und Wachsamkeit. Wie viele einfache Männer schien er das Erscheinen einer hochgestellten Person für ein schlechtes Zeichen zu halten.
    »Was verschafft uns die Ehre Eures Besuchs?«, erkundigte er sich.
    »Dieser Ofen«, sagte Ulman. »Ich möchte mir ansehen, wie die Arbeit vorangeht. Wann soll er fertig sein?«
    »Morgen Abend, wenn alles glattgeht«, antwortete der Maurer, während er einen weiteren Stein vermauerte. »Das heißt, wenn es nicht wieder anfängt zu stürmen, so wie gestern.«
    »Ein stattliches Backhaus. Die Gilde hat offenbar keine Kosten gescheut. Ein Ofen dieser Größe kostet doch bestimmt ein Pfund Silber, nicht wahr?«
    »Anderthalb«, sagte Caboche. »Thierrys Lohn schon eingerechnet.«
    »Bezahlt dich die Gilde gut?«, wandte sich Ulman an den Maurer.
    »Ich kann nicht klagen. Besser jedenfalls als de Guillory für die Arbeit an seiner vermaledeiten Burg«, fügte Thierry hinzu und grinste breit. »Aber bitte sagt ihm das nicht, Exzellenz.«
    Ulman ging um das Backhaus herum und gab vor, sich jede Einzelheit genau anzusehen. »Ihr müsst sehr froh sein, dass euch die Gilde einen solch großen Ofen baut«, sagte er beiläufig.
    »Wir sind froh und dankbar.« Caboche lächelte zögernd. »Der alte war in einem lausigen Zustand und zu klein für das ganze Viertel, aber die Bruderschaft hatte nicht genug Geld, um einen neuen zu bauen. Wir

Weitere Kostenlose Bücher