Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
Vom Netzwerk:
ihr eheliches Treuegelübde aufs Schändlichste gebrochen hat?«
    »Ja, das ist wahr, Exzellenz«, erklärte Chastain mit belegter Stimme.
    »Schwört bei den Gebeinen des heiligen Jacques, dass jedes Eurer Worte vor diesem Gericht der Wahrheit entspricht.«
    Chastain trat an den Reliquienschrein, legte seine Schwurfinger darauf und leistete den geforderten Eid.
    »Berichtet nun, wie Ihr von dem Ehebruch erfahren habt«, bat Ulman ihn.
    »Nun, gestern erhielt ich einen rätselhaften Brief, in dem ich aufgefordert wurde, zur alten Holzfällerhütte am Waldrand zu gehen …«
    »Von wem stammt der Brief?«, rief Michel dazwischen. »Habt Ihr ihn geschrieben, de Guillory? Ihr, Géroux? Oder Ihr, Exzellenz?«
    »Ruhe!«, sagte Bischof Ulman. »Ich habe Euch nicht das Wort erteilt.«
    »Ich bin gewiss nicht der Einzige, den diese Frage umtreibt«, setzte Michel nach.
    » Ruhe! Oder diese Verhandlung findet ohne Euch statt.«
    Michel schluckte eine beißende Erwiderung herunter, obwohl es ihm schwerfiel. »Weiter«, befahl Ulman Chastain barsch.
    Stockend erzählte der Tuchhändler, was sich in der Hütte zugetragen hatte.
    »Als Ihr in die Hütte eingedrungen seid, habt Ihr Eure Gemahlin und den Gildemeister nackt auf der Schlafstatt vorgefunden?«, hakte der Bischof nach.
    »Richtig.«
    »Ihr habt sie also nicht in flagranti delicto ertappt?«
    »Nein, Exzellenz, aber das war auch nicht nötig. Zuvor hörte ich meine Gemahlin davon sprechen, dass sie mich verlassen wolle, weil sie das Leben an meiner Seite nicht länger ertrage …« Chastains Stimme versagte.
    Bei allen Heiligen, er liebt sie wirklich, dachte Michel.
    »Was habt Ihr daraufhin getan?«
    »Ich ließ sie von meinen Tagelöhnern nach Hause bringen. Ich weiß, Exzellenz, als Christ wäre es meine Pflicht gewesen, ihr zu verzeihen. Doch mein Zorn und mein Schmerz waren zu groß. Also habe ich sie noch am selben Tag verstoßen und die ehelichen Bande aufgekündigt.«
    Ulman nickte mitfühlend. »Ich glaube, jeder Mann an Eurer Stelle hätte genauso gehandelt.« Er entließ Chastain und forderte dessen Eidhelfer auf, an den Reliquienschrein zu treten. Die Männer attestierten ihm vor den Schöffen einen einwandfreien Leumund und eine rechtschaffene Gesinnung, was Chastains Schwur zusätzliches Gewicht verlieh.
    Anschließend rief Bischof Ulman Isabelle und Gaspard auf. »Herr Caron, Ihr werdet als rechtlicher Vormund für Eure Schwester sprechen«, sagte er.
    Isabelle blickte den Kirchenmann herausfordernd an. »Ich ziehe es vor, selbst für mich zu sprechen, Exzellenz.«
    »Sei still!«, zischte Gaspard. »Du stehst vor Gericht!«
    »Wage es ja nicht, mir den Mund zu verbieten!«, fuhr sie ihn an. »Ich verteidige mich selbst, ob es dir passt oder nicht.«
    »Ich weise Euch darauf hin, dass die Aussage einer Frau, zumal einer ehrlosen, vor Gericht kein Gewicht hat«, erklärte Bischof Ulman.
    »Ich möchte nur eine Sache vorbringen, Exzellenz«, sagte Isabelle. »Ich habe die Ehe nicht gebrochen.«
    »Ihr behauptet, Euer Gemahl hätte die Unwahrheit gesprochen und obendrein einen Meineid geleistet?«
    »Nein. Ich konnte die Ehe gar nicht brechen – weil sie nämlich niemals vollzogen wurde.«
    Chastain schnappte nach Luft. Seine Mutter schlug sich die Hand vor den Mund. Die Leute im Saal wurden unruhig. Kluges Mädchen, dachte Michel. Dies war die einzige Chance, die sie hatten.
    »Das müsst Ihr dem Gericht genauer erklären«, forderte Ulman.
    »Mein Gemahl ist nicht fähig, den Liebesakt zu vollziehen. Seit unserer Vermählung ist es ihm kein einziges Mal gelungen.«
    »Das ist eine Lüge!«, schrie Chastain. »Glaubt dieser Schlange kein Wort. Alles, was sie von sich gibt, ist erstunken und erlogen. Sie will sich doch nur ihrer gerechten Strafe entziehen!«
    Ulman steckte mit den Schöffen die Köpfe zusammen und beriet sich leise mit den Männern. Als sie fertig waren, sagte er: »Das genügt. Herr Caron, tretet vor und leistet Euren Eid.«
    »Ist das alles?«, rief Isabelle. »Mehr habt Ihr dazu nicht zu sagen?«
    »Ich habe Euch bereits darauf hingewiesen, dass Euer Wort vor Gericht kein Gewicht hat«, erwiderte Ulman.
    »Dann fragt Chastain«, mischte sich Michel ein. »Er soll unter Eid aussagen, dass sie lügt und die Ehe nach dem Gesetz gültig ist.«
    »Zum letzten Mal, Herr Gildemeister«, ermahnte ihn der Bischof. »Ihr redet erst, wenn ich Euch dazu auffordere.«
    »Ich muss protestieren, Exzellenz«, sagte nun auch Gaspard. »Ihr könnt den

Weitere Kostenlose Bücher