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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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Einwand meiner Schwester nicht einfach ignorieren. Wenn die Ehe nicht rechtsgültig vollzogen worden ist, müsst Ihr das bei Eurem Urteil berücksichtigen.«
    »Es mag Kanonisten geben, für die der Geschlechtsakt eine wesentliche Vorraussetzung für die Ehe ist«, erklärte Ulman. »Ich jedoch teile die Auffassung von Petrus Lombardus, der uns lehrt, dass eine Verbindung bereits rechtsgültig ist, wenn sie vor Gott und per Vertrag zwischen den beteiligten Familien geschlossen wurde. Da dies hier der Fall ist, sehe ich nicht, wieso ich mich mit diesem nebensächlichen Detail näher befassen sollte.«
    »Ihr macht aus diesem Verfahren eine Farce«, rief Isabelle. »Wieso gebt Ihr nicht einfach zu, dass all das allein dem Zweck dient, Michel zu vernichten? Ihr lacht, de Guillory? Hattet Ihr bei diesem Mummenschanz auch Eure Hände im Spiel? Und was ist mit Euch, Géroux?«
    »Unterlasst derart haltlose Unterstellungen«, befahl der Bischof. »Ihr beleidigt damit die Heiligkeit dieses Gerichts.«
    »Das ist kein Gericht, sondern ein Possenspiel«, fuhr Isabelle unbeirrt fort. »Der Schmutz an meinen Schuhsohlen ist heiliger.«
    Die Leute vor dem Palast johlten. Bischof Ulman und die Ministerialen bebten vor Zorn.
    »Halt endlich den Mund!«, zischte Gaspard. »Willst du es unbedingt schlimmer machen, als es ist?«
    »Das reicht jetzt«, wandte sich Ulman an Isabelle. »Ich entziehe Euch hiermit das Wort. Noch eine Störung des Gerichtsfriedens, und ich lasse Euch einsperren.«
    Isabelle setzte zu einer zornigen Erwiderung an, doch Michel warf ihr einen warnenden Blick zu. Zu seiner Erleichterung schwieg sie. Abweisend verschränkte sie die Arme vor der Brust.
    »Leistet Euren Eid«, forderte der Bischof Gaspard auf. Nachdem dies geschehen war, fragte der Kirchenmann: »Bestreitet Ihr die Vorwürfe, die Herr Chastain gegenüber Eurer Schwester erhebt?«
    Gaspard blickte Ulman in die Augen, sagte jedoch nichts.
    »Habt Ihr meine Frage verstanden?«
    »Ich werde vor keinem Gericht dieser oder der nächsten Welt gegen meine Schwester sprechen«, erklärte Gaspard.
    »Ich erinnere Euch daran, dass Ihr einen heiligen Eid geleistet habt.«
    »Ein Eid ist keine Verpflichtung zur Antwort.«
    Ulman starrte den schwarzhaarigen Kaufmann bohrend an. »Habt Ihr Gildemeister Michel de Fleury gestern Mittag auf den Äckern vor der Stadtmauer verprügelt und ihm vorgeworfen, er habe Eure Schwester entehrt?«
    Wieder keine Antwort.
    »Habt Ihr Eure Schwester, nachdem Herr Chastain sie abends zu Euch gebracht hat, eine ›ehrlose Dirne‹ genannt? Und habt Ihr ihr anschließend lauthals gedroht, sie zur Strafe für ihren Verrat an der Familienehre für immer in ihrer Kammer einzusperren?«
    Gaspard zitterte vor Wut. Doch auch diesmal schwieg er.
    »Danke, das wäre alles«, sagte Bischof Ulman und befahl ihm und Isabelle mit einer herrischen Handbewegung zurückzutreten. »Herr de Fleury, Euer Eid.« Nachdem Michel der Aufforderung Folge geleistet hatte, fragte Ulman schneidend: »Habt Ihr mit Isabelle Chastain die Ehe gebrochen und damit nicht nur ihren vor Gott und dem Gesetz angetrauten Gemahl hintergangen, sondern auch auf schändlichste Weise gegen die Gebote unseres Herrn verstoßen?«
    »Meint Ihr die Ehe, die gar nicht existiert, weil Chastain unfähig zum Geschlechtsakt ist?«, entgegnete er.
    »Exzellenz!«, schrie Chastain mit hochrotem Kopf. »Befehlt ihnen endlich, mit diesen widerwärtigen Lügen aufzuhören!«
    »Ich habe meine Rechtsauffassung soeben dargelegt«, erklärte der Bischof. »Ob die Ehe körperlich vollzogen wurde oder nicht, spielt vor diesem Gericht keine Rolle. Ich verbiete Euch daher, dies noch einmal zur Sprache zu bringen. Also – bestätigt Ihr Chastains Vorwürfe?«
    Michel würde keinen Meineid leisten, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Es würde sie beide ohnehin nicht retten – nicht vor dieser Posse von Gerichtsverhandlung. »Ja«, antwortete er.
    »Seit wann besteht Euer unzüchtiges Verhältnis zu Isabelle Chastain?«
    »Was tut das zur Sache? Wir haben uns versündigt – wie oft und wie lange, ist unerheblich.«
    »Das Gericht entscheidet, was für das Verfahren erheblich ist. Beantwortet die Frage.«
    Michel spürte, dass Gaspard ihn von der Seite anstarrte. Wie viel wusste er? »Seit etwa zwei Jahren.«
    »Du verdammter Bastard!«, schrie Gaspard, was Michels Frage beantwortete. »Seit zwei Jahren hintergehst du mich schon? Scheust du denn vor gar keiner Niedertracht zurück?«
    Er

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