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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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riss seinen Dolch aus der Scheide und wollte sich auf Michel stürzten, doch Martels Knechte hielten ihn auf. Ulman sorgte für Ruhe, indem er mit der flachen Hand auf den Tisch hieb.
    »Mäßigt Euch, Caron. Andernfalls lasse ich Euch abführen.« Als Gaspard die Klinge wutschnaubend weggesteckt hatte, wandte sich der Geistliche wieder an Michel. »Wenn Euer unzüchtiges Verhältnis schon seit zwei Jahren besteht, heißt das, Isabelle und Ihr habt Herrn Chastain seit seiner Hochzeit betrogen?«
    Jemand in der Menge vor dem Palast brüllte: »Komm schon, verrate uns, wie du’s der kleinen Isabelle besorgt hast!« Die Leute auf dem Domplatz grölten.
    »Nein«, antwortete Michel, als wieder Ruhe herrschte. »Erst seit einem knappen Monat.«
    »Aber seitdem regelmäßig.«
    »Ja.«
    »Wie häufig?«
    »Ich habe darüber nicht Buch geführt.«
    » Wie oft? «, beharrte der Bischof.
    Michel gab auf. Ulman wollte den Massen ein Schauspiel bieten – sollten diese guten Christen haben, wonach es sie verlangte. »Meist zwei- oder dreimal in der Woche.«
    Chastain stand stocksteif da und weinte wegen der neuerlichen Demütigung. Seine Brüder redeten tröstend auf ihn ein. Draußen war es so still, als hielten zweihundert Menschen den Atem an.
    »Das genügt mir«, sagte der Bischof. »Ihr seid entlassen, de Fleury.«
    Ulman und die Schöffen standen auf und zogen sich in den hinteren Teil des Saales zurück, um gemeinsam das Urteil zu finden. Nach einer Beratung, die so kurz war, dass sie den Namen nicht verdiente, traten sie wieder an die Tische.
    »Isabelle Chastain und Michel de Fleury, kommt nach vorne«, verlangte Bischof Ulman.
    »Ich möchte noch etwas sagen, Exzellenz«, erklärte Michel.
    »Bitte. Aber fasst Euch kurz.«
    »Isabelles einziges Verbrechen war, einen Mann zu lieben, den sie nicht hätte lieben dürfen. Bitte lasst sie gehen. Hier geht es doch nur um mich.«
    »Sie hat ihren Gemahl betrogen und bei einem anderen Mann gelegen«, erwiderte Ulman. »In Euren Augen mag das harmlos sein – ich hingegen halte es für eines der schändlichsten Verbrechen, das ein Weib begehen kann. Und hier geht es keineswegs nur um Euch. Dies ist ein unbestechliches Gericht, das allein an Recht und Gesetz gebunden ist.«
    Michel lachte freudlos. »Ich bitte Euch. Wir wissen beide, dass das nicht wahr ist.«
    Der Bischof stierte ihn drohend an.
    »Sagt mir wenigstens, wer uns verraten hat«, fuhr Michel fort. »War es Foulque …?«
    »Hört unseren Urteilsspruch«, fiel Ulman ihm ins Wort. »Vor Gott und den Heiligen befinde ich Euch, Isabelle Chastain, und Euch, Michel de Fleury, der gotteslästerlichen Unzucht und des Ehebruchs für schuldig. Herr de Fleury, zur Strafe für Eure Verfehlungen entrichtet Ihr dem Bistum die Summe von vierzig Pfund Silber. Ferner seid Ihr zwei Jahre lang von allen Gottesdiensten ausgeschlossen, gerechnet vom heutigen Tage an.«
    Michel nahm das Urteil schweigend an, obwohl es geradezu lächerlich hart war. Noch niemals hatte ein Ehebrecher in Varennes-Saint-Jacques eine derart hohe Strafe zahlen müssen. Doch letztlich kümmerte es ihn nicht. Seine Angst um Isabelle war weit größer als die Sorge um sein persönliches Wohl.
    »Ihr«, wandte sich der Bischof an Isabelle, »sollt als Strafe für Eure Vergehen der Infamie verfallen. Kein christlicher Mann und keine christliche Frau darf fürderhin Umgang mit Euch pflegen, allenfalls Eure Familie, so sie Euch nicht in Schimpf und Schande verjagt. Wer Geschäfte mit Euch betreibt, soll ebenfalls die Ehre verlieren. Außerdem wird man Euch die Haare scheren und die Halsgeige anlegen, mit der Ihr dreihundert Schritte vom Marktkreuz bis zum Nordtor gehen werdet, damit ein jeder Bewohner dieser Stadt Zeuge Eurer Schande wird.«
    Michel schloss die Augen. Die Strafe war genauso schrecklich und erniedrigend, wie er befürchtet hatte.
    Falls Isabelle Entsetzen angesichts ihres Schicksals verspürte, so zeigte sie es nicht. »Seht her, Ulman, was ich von Euch und Eurem Gericht halte«, sagte sie und spuckte vor dem Reliquienschrein auf den Boden.
    »Schafft das Weib weg!«, brüllte der Bischof, woraufhin zwei Büttel sie ergriffen.
    »Isabelle!«, rief Michel. Als er zu ihr laufen wollte, hielten ihn zwei weitere Soldaten fest.
    Sie schaute ihn an, während Martels Männer sie hinausführten, und ihre Augen sagten: Ich werde dich immer lieben, ganz gleich, was geschieht.
    Dass ein angesehener Patrizier und das Weib eines reichen Tuchhändlers vor

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