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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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dachte er und stieg aus dem Sattel.
    Er führte sein Pferd zu einem Torbogen, aus dem Stimmen drangen. Vier Diener standen neben einer Sänfte und lachten über einen Witz, den einer erzählt hatte.
    »Guten Morgen«, grüßte Michel die Männer. »Ich suche Messere Spini.«
    »Kommt Ihr von Salvestro Agosti?«, erkundigte sich der älteste.
    Michel nickte.
    »Geht nach hinten zum Garten. Der Messere erwartet Euch bereits.«
    Michel führte Maronne zur Mauer des Durchgangs, band die Zügel an einem Eisenring fest und bat die Diener, auf die Stute aufzupassen. Er hatte Maronne zu seinem fünfzehnten Namenstag von seinem Vater bekommen und auf ihr Reiten gelernt. Auf den Handelsreisen, die er in Messere Agostis Auftrag unternahm, war das Pferd oftmals sein einziger Gefährte, und es war ihm teuer.
    Der Garten war so verwildert, dass man kaum von einem Ende zum anderen schauen konnte. Zwischen dem Hoftor, der Hintertür des Hauses und einem heruntergekommenen Pavillon verliefen gepflasterte Wege, von Unkraut bewachsen und von wild wuchernden Rosenhecken gesäumt. Mannshohe Büsche und aufgeschossene Pinien stahlen den kleineren Pflanzen jegliches Licht.
    Michel ging zu einer Gestalt, die auf der Terrasse stand und die rissige Rückwand des Hauses betrachtete, die Arme hinter dem Rücken verschränkt.
    »Messere Spini?«
    Der Mann wandte sich zu ihm um. Spini war etwas jünger als Michels Lohnherr, er zählte vielleicht fünfzig Sommer, und hatte schmale Schultern und einen kahlen, von Leberflecken übersäten Schädel. Michel fühlte sich an den alten Odo im fernen Fleury erinnert, nur dass Spinis Augen keineswegs fröhlich und warm, sondern kühl und berechnend waren. Das grüne Samtgewand und die feinen Wildlederschuhe wiesen ihn als Kaufmann von großem Wohlstand aus.
    »Seid gegrüßt, Messere Spini. Mein Name ist Michel de Fleury. Messere Agosti schickt mich.« Michel trat auf die Terrasse und verneigte sich.
    »Ich dachte, sein fattore kommt, um den Kauf in die Wege zu leiten – so, wie es Sitte ist«, sagte der Eigentümer des Anwesens distanziert.
    »Ich bin sein fattore . Seit zwei Monaten.«
    »Was wurde aus Vittorio?«
    »Er ist im März nach Padua gegangen. Messere Agosti hat ihm die Leitung der dortigen Niederlassung übertragen.«
    Spini bedachte ihn mit einem Blick, den Michel nur zu gut kannte: Der Bursche ist viel zu jung für einen fattore. Dabei war er zweiundzwanzig Jahre alt und in jeder Hinsicht für diese Aufgabe befähigt. Leider sah man ihm das nicht an. Da er zu seinem Verdruss keinen nennenswerten Bartwuchs hatte, wurde er oft für achtzehn oder neunzehn gehalten.
    »Nun, Agosti wird wissen, was gut für sein Geschäft ist«, meinte Spini barsch und wies auf ein Tischchen, auf dem zwei Kelche mit Wein standen. »Bitte, bedient Euch.«
    Schweigend nahmen sie den Willkommenstrunk ein. Michel war froh, dass er reichlich gefrühstückt hatte, denn der Wein erwies sich als recht kräftig. Das wird ein harter Kampf, dachte er, während Spini mit abweisender Miene an seinem Kelch nippte. Doch er würde dem Kaufmann beweisen, dass er ein würdiger Verhandlungspartner war. Er hatte sich über ihn kundig gemacht, wie er es vor jedem Geschäft zu tun pflegte. Spini handelte hauptsächlich mit Wachs und Alaun vom Schwarzen Meer. Es gab Gerüchte, er habe sich in den vergangenen Jahren übernommen und viel Geld verloren, zumal er mehr und mehr Konkurrenz von den Venezianern bekam.
    »De Fleury«, wiederholte der Kaufmann. »Seid Ihr Franzose?«
    »Lothringer. Ich komme aus Varennes-Saint-Jacques an der Mosel.«
    Spini verzog das Gesicht. Offenbar gehörte er zu jenen Lombarden, für die jeder Mann, der aus dem Norden des Heiligen Römischen Reiches stammte, ein tedesco war, ein verhasster Deutscher, selbst wenn er aus Flandern, Böhmen oder Oberlothringen kam. In einer weltoffenen Stadt wie Mailand, die Fremde mit offenen Armen begrüßte, war diese Ansicht zwar selten, aber es gab sie, besonders unter den Älteren. Michel wurde allmählich klar, was Messere Agosti damit gemeint hatte, Spini sei schwierig und verbissen. O ja, ein harter Kampf.
    »Gehen wir ein paar Schritte«, sagte Spini knapp. »Ihr wollt Euch gewiss das Grundstück ansehen.«
    Michel folgte ihm die kurze Terrassentreppe zu einem der gepflasterten Wege hinab.
    »Es ist etwa anderthalb Morgen groß«, erklärte der Kaufmann, während sie unter den Pinien entlangschlenderten. »Es kann vollständig bebaut oder in Gärten umgewandelt

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