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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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sich in Geduld und lagerte mit sechzig anderen lothringischen Rittern und ihren Kriegsknechten vor den Stadtmauern, bis eines Morgens die Nachricht kam, er solle seinen Lehnsherrn aufsuchen. In seinem besten Waffenrock, nagelneuen Stiefeln und frisch poliertem Kettenpanzer machte er sich auf den Weg.
    Während seines Aufenthaltes in Metz residierte Simon Châtenois in der Burg der Tempelritter, die hier eine Komturei unterhielten. Das mächtige Bollwerk stand im Süden der Stadt und beherrschte mit seinen wehrhaften Mauern das ganze Viertel. Die mönchischen Ordensritter hatten Simon und seinem Gefolge einen Turm zur Verfügung gestellt und sorgten dafür, dass es dem Herzog von Oberlothringen an nichts mangelte.
    Als Aristide mit seinem Helm unter dem Arm eine Treppe hinaufstieg, kam ihm eine Delegation von Patriziern entgegen. Die vornehm gekleideten Männer gehörten dem Rat der Dreizehn an, jenem angesehenen Kollegium, das im Namen der Bürgerschaft Einfluss auf die Geschicke der Stadt nahm. Wenn Aristide richtig informiert war, hatte Simon sie einbestellt, um mit ihnen einige strittige Zollfragen zu erörtern. Seine Miene verfinsterte sich beim Anblick der Ratsleute. Sie waren allesamt Krämer, Wucherer, Hurenböcke des Geldes. Er hasste sie, wie er überhaupt alles an Metz hasste. Immer, wenn er sich in dieser Stadt aufhielt, musste er an das garstige kleine Geheimnis denken, das sich in ihren Gassen verbarg – und das zu hüten ihn Jahr für Jahr eine Stange Geld kostete.
    Bevor er das oberste Turmgemach betrat, atmete er einmal tief durch und verbannte jeden Gedanken an die Sünden seiner Vergangenheit. Er war im Begriff, mit seinem Lehnsherrn zu sprechen. Höchste Wachsamkeit war gefragt.
    Er klopfte an, und ein Diener ließ ihn herein. Simons Gemach war eine der wenigen Kammern der Ordensburg, die gläserne Fenster hatten. Es hatte angefangen zu regnen, und dicke Tropfen trommelten gegen die Butzenscheiben.
    Simon Châtenois, der Zweite seines Namens, stand am Kamin und wandte sich zu ihm um.
    »Euer Gnaden.« Aristide verneigte sich.
    Simon lächelte – ein äußerst seltener Anblick. »Tretet näher, Herr de Guillory. Ihr trinkt sicher einen Becher Wein mit mir.«
    »Gewiss.«
    Der Diener brachte zwei Kelche, und sie stießen miteinander an.
    »Ich habe Euch rufen lassen, weil ich Euch zu Dank verpflichtet bin«, kam Simon gleich zur Sache. »Keiner meiner Ritter hat mir in den vergangenen Jahren und besonders während der Fehde gegen Bar so treu gedient wie Ihr. Es wird höchste Zeit, dass ich mich dafür erkenntlich zeige.«
    »Ich habe nur meine Pflicht als Euer Gefolgsmann getan.« Aristide blieb auf der Hut: Simon sprach ein Lob selten ohne Hintergedanken aus.
    »Eure Bescheidenheit ehrt Euch. Aber wir wissen beide, dass Ihr weit mehr getan habt, als Euer Lehnseid es verlangt. Eure Treue verdient eine Belohnung: Ich möchte Euch zu meinem Marschall ernennen.«
    Aristide war nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. Der Marschall führte im Krieg die Reiterei des Herzogtums an und beaufsichtigte die Gestüte des Hauses Châtenois. Es war ein politisch einflussreiches und finanziell sehr einträgliches Amt – und er nur ein einfacher Ritter. Üblicherweise erhielten ausschließlich Mitglieder des Hochadels derartige Posten.
    »Ihr seht mich sprachlos, Euer Gnaden. Ich weiß nicht, ob ich einer solchen Aufgabe würdig bin.«
    »Natürlich seid Ihr das«, erwiderte Simon. »Allerdings ist Eure Ernennung zum Marschall an eine Bedingung geknüpft.«
    »Eine Bedingung welcher Art?«
    »Ich wünsche, dass Ihr Euch enger an das Haus Châtenois bindet. Ihr werdet in meine Familie einheiraten.«
    Aristide hatte erwartet, Simon würde neue Treueschwüre von ihm fordern und ihm weitere militärische Pflichten aufbürden – damit jedoch hatte er nicht gerechnet. Doch als sich seine Verblüffung legte, verstand er.
    Natürlich. Er hat Angst – Angst vor der Zukunft. Barbarossas Tod hatte das Reich in seinen Grundfesten erschüttert. Der neue Kaiser Heinrich VI. war kein Mann vom Format seines Vaters; seine Herrschaft war unstet, grausam ging er gegen Widersacher und Feinde vor. Außerdem hielt er sich ständig in Sizilien auf, was die deutschen Fürsten stärkte und das Kaisertum schwächte. Es drohten Instabilität und Unruhen, vielleicht sogar Bürgerkrieg. Verständlich, dass Simon Vorsorge treffen wollte, indem er sein eigenes Haus stärkte und treue Edelleute wie Aristide an sich band.
    »Ihr seid so

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