Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)
befürchtet hatte – im Gegenteil, sie lächelte ihn erwartungsvoll an.
Er führte seine Braut die Treppe hinauf, gefolgt von Herzog Simon, den beiden Ferrys, Berengar und den johlenden Adligen. Nachdem der Bischof sein Schlafgemach mit Weihrauch von schädlichen Einflüssen gereinigt hatte, hob Aristide Yolande hoch und trug sie über die Türschwelle.
»Mach deinem Vater Ehre und zeig ihr, was für ein Mann du bist«, brummte der alte Ferry wohlwollend. »Mach ihr gleich heute Nacht einen Sohn.«
Der Diener, der das Schlaflager hergerichtet hatte, huschte aus der Kammer und schloss die Tür. Draußen grölten die Gäste, rissen schmutzige Witze und feuerten Aristide an, doch er hörte sie kaum: Yolande hatte begonnen, sich auszuziehen. Mit laszivem Blick öffnete sie ihr Mieder. Keine Spur von Scham oder Furcht. Wie hatte er nur je annehmen können, sie sei ein prüdes, verstocktes Mäuschen? Das Luder wusste genau, was es tat.
Er verfolgte jede ihrer Bewegungen, als Kleidungsstück um Kleidungsstück knisternd zu Boden glitt, und sein Blick wanderte über ihre Brüste, ihre Hüften, ihre Beine. Wahrlich, solch ein schönes Weib hatte er noch nie gesehen – und es gehörte ihm.
Schließlich stand sie nackt vor ihm, ihre Scham ein samtiges Dreieck zwischen ihren Schenkeln.
»Gefalle ich Euch?«
»Bei Gott – ja«, knurrte er und schritt auf sie zu. Als er sie auf das Schlaflager werfen wollte, sagte sie:
»Wieso im Bett, mein Gemahl? Steht Euch nicht der Sinn nach etwas Aufregenderem, nachdem Ihr so lange auf mich warten musstet?«
»Wahrhaftig, du hast recht.« Er packte sie und setzte sie auf die Kommode, und sie öffnete ihre Schenkel. Er knetete und küsste ihre Brüste, während er seine Bruche öffnete, und sie begann zu keuchen. Aristide ertrug es nicht länger – rasch drang er in sie ein. Sie war keine Jungfrau mehr, natürlich nicht. Umso besser, dachte er, als sie ihre Finger in seine Schulterblätter grub.
Hart stieß er in sie hinein, und sie stöhnte jedes Mal so laut, dass es seine Ahnen unten in der Gruft aufwecken musste. Jeden Schrei der Lust beantworteten die Gäste vor der Tür mit begeisterten Hochrufen.
»Er stürmt zur Mauer!«, brüllte der alte Ferry beim ersten Mal.
Dann: »Er ist auf der Sturmleiter!«
Dann: »Auf den Zinnen!«
Und dann, als Yolande geräuschvoll den Höhepunkt erreichte: »Die Burg ist genommen!«
Die Gäste jubelten.
Keuchend ergoss Aristide sich in seine Braut, er schlang die Arme um sie und drückte sie an sich, und sie küsste seinen Hals. Bei allen gefallenen Engeln, so erregt war er das letzte Mal mit fünfzehn gewesen.
»Dich zu heiraten war die beste Entscheidung seit Langem«, sagte er atemlos.
V ARENNES -S AINT -J ACQUES
V iele Stunden später, irgendwann zwischen der Matutin und der Prim, kam Wind auf. Er strich um den Burghügel, streichelte auf seinem Weg nach Norden die Birken am Moselufer und kräuselte das Flusswasser. Als er die Richtstätte und den Viehmarkt Varennes’ erreichte, gewann er an Kraft, sodass er wenig später leise durch die Gassen heulte und den Unrat aufwirbelte. Von einem Mauersims des Hungerturmes löste sich ein armlanger Dorn aus Eis, der letzte, der noch dort hing, und zersplitterte viele Ellen tiefer auf dem Lehmboden, unbemerkt von den Bewohnern des Viertels, die unter dicken Wolldecken schliefen und vom nahenden Frühling träumten. Die Finsternis war beinahe vollkommen. Nur in einem Fenster flackerte Licht.
Jean hatte eine Kerze angezündet und betrachtete Adèles Gesicht. Sie lag neben ihm, ihr Kopf ruhte auf dem angewinkelten Arm, die Decke war ihr bis zum Gesäß gerutscht, sodass der Flammenschein über ihren nackten Rücken floss. Ihr Haar kräuselte sich in wilden Wirbeln auf dem Kissen, eine Strähne berührte ihre Lippen und zitterte bei jedem Atemzug, ihr Gesicht eine vollkommene Landschaft aus Schatten und weicher Haut.
Im Haus war es still. Die Hochzeitsgäste waren längst gegangen oder lagen sturzbetrunken in der Stube und dem Eingangsraum. Jean saß reglos da und studierte Adèles Körper Zoll für Zoll. Er konnte nicht erklären, was er für sie empfand – seine Gefühle für sie überwältigten ihn jeden Tag aufs Neue.
Sie ist wie ich.
Wenn er bei ihr war, vergaß er das Grauen des Kreuzzugs, vergaß er seine Sorgen vor der Zukunft. Mit ihr war er ein besserer Mann.
Vorsichtig zog er ihr die Decke bis zu den Schultern hoch, denn es war kalt in der Kammer. Er holte das Nazar aus der
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