Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)
sagte Aristide barsch. »Morgen werdet Ihr jede einzelne Magd zurückholen.«
»Ich verfüge über die Dienerschaft, wie es mir gefällt. Ich bin die Herrin dieses Haushalts. Und die Mägde bleiben, wo sie sind. Ich werde neue einstellen, alte und unscheinbare, die kein Verlangen in Euch wecken.«
»Das werdet Ihr nicht tun. Das verbiete ich Euch!«
»Bitte«, sagte sie und probierte eine Halskette an. »Dann tragt die Folgen.«
»Welche gottverdammten Folgen?«
»Lästert nicht wider den Herrn. Entweder wähle ich die Mägde aus, oder mein Bett ist Euch verwehrt, bis Ihr Euch meinen Wünschen beugt.«
»Ihr könnt Euch mir nicht verweigern«, sagte Aristide gepresst. »Ihr gehört mir. Es ist Eure Pflicht vor Gott, mir zu Willen zu sein.«
»Und Eure Pflicht ist es, mir treu zu sein.«
»Ich kann dich mit Gewalt nehmen, wenn es mir gefällt.«
Die Drohung beeindruckte sie nicht. »Wenn Ihr mir auch nur ein Haar krümmt, erfährt mein Bruder Ferry davon«, erwiderte sie. »Und dann wird er Euch töten.« Yolande blickte in den Silberspiegel, den die Kammerdienerin ihr hinhielt, und betrachtete die Kette an ihrem Hals. Was sie sah, gefiel ihr offenbar, denn sie nickte zufrieden. »Komm, Magali. Gehen wir zum Schneider, damit er die Säume ändern kann.«
Die beiden Frauen gingen zur Tür hinaus, und Aristide blieb allein in der Kammer zurück, besiegt und gedemütigt.
Als ihre Schritte verklungen waren, griff er nach einem Alabasterkrug und schmetterte ihn gegen die Wand.
Oktober und November 1192
V ARENNES -S AINT -J ACQUES
N icht nur die Bewohner von Varennes-Saint-Jacques litten unter der neuen Macht Aristide de Guillorys. Auch Nicolas de Bézenne erfüllte es mit Bitterkeit, dass Herzog Simon seinen Widersacher mit einer ganzen Stadt belehnt hatte.
»Zuerst kauft sich dieser Kerl vom Kreuzzug frei, während wir anderen zwei Jahre unseres Lebens für die Christenheit opfern«, beklagte sich der Ritter, als Michel und Jean eines Nachmittags in seiner Halle saßen, »und dann wird er für seine Feigheit auch noch mit Land, Pfründen und Reichtümern belohnt. Und alles nur, weil er so tapfer gegen den Grafen von Bar gekämpft hat. Beim heiligen Kreuz, ich habe schon für das Haus Châtenois gefochten, da hat de Guillory noch mit Murmeln gespielt. Und was habe ich dafür bekommen? Ein neues Pferd und warme Dankesworte.« Mit finsterer Miene trank de Bézenne von seinem Wein. »Ich liebe den Herzog und würde mit Freuden mein Leben für ihn geben. Aber manchmal macht er es einem Mann nicht leicht, seinen Lehnseid zu erfüllen.«
Michel nickte schweigend. Er konnte es dem alten Ritter nachfühlen und wusste nichts zu sagen, was dessen Verbitterung lindern könnte.
»Trösten wir uns damit, dass er mit seinem Eheweib nicht glücklich wird«, sagte Jean. »Sie macht ihm die Hölle heiß, wo sie nur kann. Ich habe gehört, sie verlangt jetzt von ihm, jeden Abend zu baden, weil sie seinen Gestank nicht mehr erträgt.«
»Ich kenne Yolande – ein gehörnter Succubus aus dem tiefsten Abgrund ist ein Beispiel von Zucht und Friedfertigkeit gegen dieses Weibsstück«, meinte de Bézenne. »Geschieht ihm ganz recht, diesem Bastard. Hoffentlich bringt sie ihn mit ihrer Bösartigkeit in ein frühes Grab.«
Michel spähte aus dem Fenster. »Wir sollten allmählich gehen, damit wir vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause sind. Habt Dank für den Wein, Nicolas.«
»Nichts da«, sagte de Bézenne, als sie sich von den Bänken erhoben. »Ihr bleibt über Nacht. Mein Sohn hat de Guillorys Kriegsknechte in der Gegend gesehen. Ich will nicht, dass ihr ihnen in der Abenddämmerung begegnet. Wer weiß, wozu diese Kerle fähig sind, wenn niemand zuschaut.«
Dankbar nahmen sie das Angebot des Ritters an und legten sich einige Stunden später am Kamin der Halle zwischen den Hausbedienten schlafen. Am nächsten Morgen standen sie zeitig auf und spannten den Ochsen ein.
»Lasst es uns wissen, wenn Ihr noch etwas aus Metz braucht«, sagte Michel, als de Bézenne sie am Tor seines Herrenhofs verabschiedete. »Ansonsten sehen wir uns in zwei Wochen wieder.«
»So wollen wir’s halten. Gute Heimreise!«
Michel und Jean winkten dem Ritter zu, während ihr Wagen den Pfad hinunterrumpelte. Nicolas de Bézenne war inzwischen einer ihrer wichtigsten Kunden – nähme der Ritter ihnen nicht zweimal im Monat eine Warenfuhre ab, wären die vergangenen Monate gewiss noch härter gewesen.
De Guillory hatte sie den ganzen Sommer über
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