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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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einen weiten Kapuzenmantel gehüllt. Bevor er über den Platz eilte, erhaschte Jean einen Blick auf sein Gesicht.
    Es war Berengar, de Guillorys Sarjant.
    Stirnrunzelnd starrte Jean ihm nach. Was tat der Kerl in Metz? Und wieso wagte er sich bei Dunkelheit und Regen nach draußen, noch dazu allein, ohne seine Kriegsknechte, die nie von seiner Seite wichen?
    Jean hatte stets seinem Gespür vertraut, und es hatte ihn nie im Stich gelassen. Er besaß einen fein ausgeprägten Sinn für Gefahren, der ihm auf dem Kreuzzug manches Mal das Leben gerettet hatte. Jener Sinn war es auch gewesen, der ihn gewarnt hatte, dass der Blutschnee im Februar Übles ankündigte.
    Jetzt sagte ihm sein Instinkt, dass hier etwas faul war, dass es klug wäre, Berengar nachzugehen und herauszufinden, was er in Metz trieb. Bevor der Sarjant in den Gassen verschwand, setzte Jean ihm nach.
    Berengar war darauf bedacht, nicht gesehen zu werden. Ständig wechselte er abrupt die Richtung, machte sich Finsternis und Regen zunutze und verschmolz mit den Schatten in den engen Straßen. Jean jedoch hatte in Kleinasien gelernt, wie man einen Feind auch unter widrigen Bedingungen jagte. Lautlos schlich er ihm im Abstand von zwanzig, dreißig Schritten nach und verbarg sich blitzschnell in einem Torweg oder hinter einer Hausecke, wenn Berengar einmal stehen blieb und sich nach Verfolgern umschaute.
    Schließlich fand sich Jean in einer Gasse neben der Stadtmauer wieder. Hauptsächlich Tagelöhner und Unfreie wohnten hier. Wegen des Unwetters hielt sich keine Menschenseele draußen auf. Aus den ärmlichen Hütten drangen leise Stimmen und das Licht flackernder Herdfeuer.
    Berengar verharrte vor einem Wehrturm, und der Regen tropfte auf seinen Kapuzenmantel. Aus dem Schatten des Bollwerks löste sich eine kleine Gestalt und sprach den Sarjanten an. Jean schlich nahe genug heran, dass er die beiden Männer verstehen konnte, und versteckte sich hinter einem Mauervorsprung.
    Berengar holte einen Beutel hervor. Der Fremde öffnete die Lederbörse und murmelte etwas.
    »Was soll das heißen, ›zu wenig‹?«, fragte Berengar rau. »Es ist so viel wie immer.«
    Der Fremde hatte eine dünne, hohe, schmirgelnde Stimme. »Ich habe gehört, dass es im Leben Eures Herrn beträchtliche Veränderungen gegeben hat«, wisperte er. »Damit ist unsere Abmachung hinfällig. Zeit, neu zu verhandeln, Berengar. Mein Schweigen ist ihm von nun an gewiss mehr wert als ein lausiges Silberpfund im Jahr.«
    »Ich warne dich, Conon«, sagte Berengar. »Wenn du versuchst, den Herrn zu erpressen …«
    »Das käme mir nie in den Sinn. Ihr wisst, ich bin ein vorsichtiger Mann. Ich appelliere lediglich an Eure Einsicht.«
    Der Sarjant packte den Fremden am Kragen. »Für diese Unverschämtheit sollte ich dir den Kopf abschlagen.«
    »Ihr wisst, dass das nutzlos wäre«, sagte Conon und lächelte. »Es gibt andere, die wissen, was ich weiß.«
    Jean presste die Lippen zusammen und hielt den Atem an. Was, bei allen geflügelten Dämonen, ging hier vor?
    »Na schön«, knurrte Berengar. »Wie viel willst du?«
    »Zwei Pfund pro Jahr.«
    »Das Doppelte! Was denkst du, wer du bist, du Abschaum?«
    »Zwei Pfund Silber sind nicht viel Geld«, erwiderte Conon. »Es käme Euren Herrn viel teurer zu stehen, wenn gewisse Leute von unserem kleinen … Geheimnis erführen.«
    Berengar ließ ihn los und murmelte einen wüsten Fluch, während er in seinen Mantel griff und einen zweiten Beutel hervorholte.
    »Sehr großzügig von Euch«, sagte Conon und ließ die Börse in seinem Wams verschwinden. »Meinen Dank, Berengar.«
    »Wage es ja nicht, jemandem von unserem Handel zu erzählen. Wenn du das tust, töte ich dich und deine ganze verfluchte Familie gleich mit, verstanden? Und jetzt scher dich zum Teufel!«
    Nach einer ironischen Verbeugung huschte Conon davon und verschwand so plötzlich in der Dunkelheit, wie er aufgetaucht war. Berengar machte kehrt, spuckte aus und schritt davon.
    Jean presste sich gegen die Mauer, bis die Finsternis den Sarjanten verschluckt hatte. Seine Gedanken rasten.
    Was für ein Geheimnis verbarg de Guillory in dieser Stadt?
    Offenbar eines, für das er töten würde, damit es gewahrt bliebe. Eine alte Sünde. Ein dunkler Fleck in seiner Vergangenheit.
    Jean musste mehr darüber erfahren.
    In jener Nacht beschloss er, noch nicht nach Varennes zurückzukehren. Er lagerte die Waren in der Herberge ein, bezahlte die Söldner für drei weitere Tage und begann am nächsten

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