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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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Schlachtrösser. Der Regen hatte ihre Mäntel durchgeweicht, und der schwarze Wolf auf ihren Waffenröcken setzte zum Sprung an.
    »Was wollt ihr hier?«, fragte Michel barsch.
    »Ich habe gehört, Euer Bruder sei gestorben«, sagte Aristide de Guillory. »Mein Beileid, de Fleury.«
    »Verschwindet!«
    »Das ist meine Stadt, falls Ihr Euch erinnert. Ich gehe, wohin ich will.«
    Michel bückte sich nach einem Klumpen aus Lehm und Gras und warf ihn, verfehlte die beiden Reiter jedoch weit. De Guillory grinste seinen Begleiter an.
    »Komm, Berengar. Überlassen wir den Krämer seiner Trauer.«
    Gemächlich ritten sie davon und waren bald darauf in den Regenschleiern verschwunden.
    Die letzte Schaufel Lehm fiel auf das Grab. Der Totengräber klopfte die Erde fest, tippte sich zum Abschied an die Kapuze und ließ Michel allein auf dem schlammigen Gottesacker zurück.
    Michel brauchte zwei Tage, bis er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Als ihn der Schmerz nicht mehr lähmte, suchte er die beiden Söldner auf, die seinen Bruder begleitet hatten. Leider wussten die beiden Männer nicht, warum Jean länger in Metz geblieben war, obwohl er bereits sämtliche Waren für Nicolas de Bézenne gekauft hatte – Jean hatte nicht mit ihnen über seine Beweggründe gesprochen.
    »Euer Bruder war die ganze Zeit sehr verschlossen«, erklärte einer der Söldner. »Und uns steht es nicht zu, Fragen zu stellen. Einmal jedoch hatte er angedeutet, er müsse sich nach jemandem umhören.«
    »Nach wem?«
    »Das weiß ich nicht, Herr. Tut mir leid.«
    Michel beschloss, der Sache nachzugehen – er musste erfahren, was in Metz geschehen war. Er überließ Adèle der Obhut ihrer Familie und schwang sich eines Morgens auf sein Pferd.
    »Aber Herr, Ihr könnt nicht gehen«, sagte Louis, der inzwischen von Chaligny zurückgekehrt war. »Eure Schwester wird heute oder morgen eintreffen.«
    »Sag Vivienne, was ich vorhabe. Sie wird es verstehen.« Michel schlug seinem Pferd die Hacken in die Flanken und preschte davon.
    In Metz angekommen, sprach er zuerst mit dem Stadtvogt, dem die Aufklärung schwerer Verbrechen oblag. Leider konnte sich der Mann kaum an Jean erinnern. Metz sei ein Moloch, sagte er mürrisch, in dieser Stadt würden Monat für Monat zehn bis zwanzig Menschen erschlagen, erstochen oder erwürgt; ganz zu schweigen von all den Raubüberfällen, Einbrüchen und Vergewaltigungen. »Ich habe alle Hände voll zu tun, jeden Tag den Frieden zu wahren«, fügte er hinzu. »Ich habe viel zu wenig Männer, und während wir hier reden und unsere Zeit vertun, geschieht irgendwo ein neues Verbrechen. Ich kann mich nicht um einen Mord kümmern, der schon eine Woche zurückliegt. Außerdem ist der Fall klar: Euer Bruder wurde von Strauchdieben erschlagen. Was war er auch so leichtsinnig, sich mitten in der Nacht allein in den Gassen herumzutreiben?«
    »Wenn es Räuber waren – wieso haben sie ihm dann seine Geldkatze gelassen?«, fragte Michel.
    »Woher soll ich das wissen? Vielleicht, weil der Nachtwächter sie gestört hat, bevor sie ihm die Börse abnehmen konnten.«
    »Habt Ihr wenigstens versucht, die Mörder dingfest zu machen?«
    »Wie stellt Ihr Euch das vor? Als meine Männer am Ort der Tat eintrafen, war Euer Bruder bereits seit einer halben Stunde tot und die Täter längst über alle Berge.«
    Michel musste sich beherrschen, diesen abgestumpften, gleichgültigen Mann nicht zu schütteln. »Mein Bruder war ein angesehenes Mitglied der Gilde«, erwiderte er mit mühsam unterdrücktem Zorn. »Es ist Eure Pflicht, seinen Tod aufzuklären.«
    »Meine Pflicht gilt vor allem den Bürgern dieser Stadt. Euer Bruder aber war ein Fremder. Kümmerte ich mich um jeden Auswärtigen, dem in diesen Mauern ein Unrecht geschieht, käme ich zu gar nichts mehr.«
    Wütend und enttäuscht verließ Michel die Amtsräume des Vogtes und schlurfte über den Place de Chambre. Die beiden Söldner hatten ihm berichtet, Jean sei häufiger bei der Gilde gewesen. Er beschloss, dort seine Nachforschungen fortzusetzen, schritt zur Gildehalle und sprach mit einigen Bediensteten und Kaufleuten. Ein einheimischer Tuchhändler erzählte ihm, Jean habe nach einem Wollweber gefragt, einem Mann namens Conon. Michel brachte in Erfahrung, wo dieser Conon wohnte, und ging zur Gasse der Wollweber.
    Dort stellte sich heraus, dass Conon vor einigen Tagen verschwunden war. Mitsamt seiner Familie habe er Metz bei Nacht und Nebel verlassen, ohne sich von seinen Nachbarn zu

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