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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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Rechte all die Jahre ruhen mussten.«
    »Und wenn jemand beim König ist, der Varennes gut kennt? Oder der sich an den Inhalt der alten Urkunde erinnern kann?«
    »Wenn das der Fall ist, können wir ihm die Kopie nicht vorlegen«, räumte Michel ein. »Aber das wissen wir erst, wenn wir bei ihm sind. Traust du dir zu, eine Fälschung anzufertigen?«
    Rémy blickte ihn strafend an.
    »Entschuldige«, sagte Michel lächelnd. »Ich verstehe nichts von Buchmalerei. Ich kann nicht einschätzen, was machbar ist.«
    »Diese Urkunde hätte ich schon vor drei Jahren kopieren können. Verglichen mit der Bibel für den Erzbischof ist das ein Kinderspiel.«
    »Kannst du gleich damit anfangen?«
    »Natürlich. Ich hole nur schnell mein Werkzeug.«
    Rémy arbeitete bis spät in die Nacht. Michel setzte sich zu ihm an den Tisch und sah ihm dabei zu, wie er mit geübten Handgriffen das Pergament bearbeitete, es linierte, die Schrift nachahmte und die neuen Regalien einfügte. Nachdem die Tinte getrocknet war, löste er Barbarossas Siegel von der alten Urkunde und befestigte es mit etwas Wachs an der Kopie. Anschließend fälschte er die Unterschrift des Kaisers.
    Michel musste irgendwann eingenickt sein, denn er schreckte auf, als Rémy ihn am Arm berührte.
    »Ich bin fertig.«
    Michel schüttelte die Schlaftrunkenheit ab und streckte seinen schmerzenden Rücken. Die beiden Kerzenstummel flackerten in einer frischen Brise, die durch den Fensterschlitz hereinwehte. Die Finsternis war nicht mehr ganz so massiv und undurchdringlich wie noch vor einigen Stunden. Das erste Licht des Tages kroch bereits durch die Gassen Sélestats.
    Michels Mund war ausgetrocknet, und er trank den letzten Schluck Bier. Rémy legte ihm derweil die neue Urkunde vor. Abgesehen von den vier neuen Rechten glich sie der Vorlage in jeder Einzelheit.
    »Wie hast du es hinbekommen, dass sie so alt wirkt?«
    »Ich habe etwas Staub auf dem Pergament verrieben, die Ränder eingerissen und mit der Kerze angebrannt. Sie soll ja aussehen, als hätte sie in den letzten fünfzehn Jahren einiges mitgemacht.«
    Michel konnte den Blick nicht von der Fälschung nehmen. Sie war ein Meisterwerk. Philipp musste einfach darauf hereinfallen. »Das ist gute Arbeit, Rémy«, murmelte er. »Wirklich ausgezeichnete Arbeit.«
    »Danke.« Der Junge lächelte müde, und Michel umarmte ihn.
    B ITCHE
    H örige, Knechte, Handwerker, Mägde – sie alle standen da und glotzten, als der Wagen im Burghof hielt und ein Soldat auf die Pritsche kletterte, um seine Ketten zu lösen. Aristide würdigte das Gesindel keines Blickes. Er spie einen Klumpen Schleim in den Staub und bewegte Schultern und Arme, die steif geworden waren von der unbequemen Haltung, zu der ihn die Fesseln gezwungen hatten.
    »Los, runter da«, befahl der Waffenknecht.
    In aller Seelenruhe stieg Aristide vom Wagen, und die Ketten an seinen Fußknöcheln klirrten. »Ich hoffe, ihr habt meine Gästekammer hübsch hergerichtet. Ich wünsche ein weiches Bett, einen Bottich mit kaltem Brunnenwasser und einen Krug vom besten Wein des Hauses. Heute Nacht soll mir eine Magd Gesellschaft leisten. Aber eine schöne, wenn ich bitten darf.«
    »Wein willst du?« Der Soldat griff nach einem Eimer und schüttete ihm das Wasser vor die Füße. »Da. Leck das auf, wenn du Durst hast.«
    Die Männer lachten. Einer gab Aristide einen Stoß, und sie führten ihn zum Palas.
    Er bemerkte ein Gesicht in der Menge – ein Antlitz, das er nie vergessen würde, obwohl er es zuletzt vor einem halben Leben gesehen hatte. Abrupt blieb er stehen. Velin schaute ihn an, das Haar unter einer Haube verborgen, das Gesicht blass, die Augen unergründlich. Sie war so schön wie damals, noch schöner gar.
    Ein junger Bursche stand neben ihr, und plötzlich war Aristide, als blicke er in einen Spiegel, der ihm sein jüngeres Selbst zeigte.
    »Gislebert?«, brachte er hervor. Was taten sie hier? Wieso waren sie nicht in Behonne? »Habt ihr mich verraten?«
    Sein Sohn musterte ihn forschend, abwartend.
    »Habe ich euch nicht genug bezahlt?«
    Wieder keine Antwort. Velin fing an zu weinen. Stumm blickte sie ihn an, während die Tränen über ihr Gesicht flossen.
    »Ich hätte es mir denken können. Verfluchtes Lumpenpack. Ihr seid alle gleich. Niemals kriegt ihr den Hals voll.«
    »Komm, Mutter.« Gislebert legte Velin den Arm um die Taille. »Lass uns gehen.«
    »Bleib da«, schnarrte Aristide. »Ich bin dein Vater, verdammt noch mal. Gehorch mir

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