Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)
Gesetz verstand, den Vorsitz des städtischen Niedergerichts.
Zu guter Letzt ernannten die Männer einen Bürgermeister, der dem Rat als Erster unter Gleichen vorstehen würde. Michel wurde einstimmig gewählt.
Nachdem der Beifall verklungen war und Michel sich wieder gesetzt hatte, brachte Eustache Deforest die Sprache auf die Brücke. »Sind wir eigentlich noch an Herzog Simons Verbot gebunden, oder dürften wir sie jetzt bauen?«, fragte er.
»Was der Herzog entschieden hat, braucht uns nicht mehr zu kümmern«, sagte Duval. »Meiner Ansicht nach dürfen wir sie wiederaufbauen – immerhin liegt uns Barbarossas Genehmigung vor. Allerdings halte ich es für ratsam, dass wir uns die Gültigkeit des Privilegienbriefes von der Hofkanzlei bestätigen lassen.«
»Wieso ist das nötig?«, fragte Le Roux. »Die Genehmigung wurde nie widerrufen.«
»Aber es ist fünfzehn Jahre her, dass Barbarossa sie erteilt hat. Seitdem ist viel geschehen. Zur Sicherheit sollten wir König Philipps Erlaubnis einholen. Nur der Form halber. Ich denke nicht, dass er uns Steine in den Weg legen wird.«
Niemand erwähnte Otto von Braunschweig. Für jeden Mann in diesem Saal war Philipp von Schwaben der rechtmäßige Herrscher des Reiches und Otto nichts anderes als ein Usurpator.
»Ich habe gehört, dass er gerade in Speyer weilt«, sagte Adrien Sancere. »Wir könnten ihn dort aufsuchen und ihm die Urkunde zur Bestätigung vorlegen.«
Michel nickte. »Sowie wir die Verwaltung auf Vordermann gebracht haben, reite ich zu ihm. Je eher wir mit dem Wiederaufbau anfangen, desto besser.« Er bemerkte, dass Archambaud Leblanc mit mäßigem Erfolg ein Gähnen unterdrückte, was nicht verwunderlich war: Sie saßen bereits seit Stunden zusammen. Draußen war es inzwischen stockfinster, und die Kerzen auf dem Tisch waren heruntergebrannt. »Machen wir Schluss für heute. Kommt ihr noch auf einen Sprung zu mir? Zur Feier des Tages lade ich euch auf einen Becher Wein ein.«
Die Ratsherren waren einverstanden, und wenig später saßen sie in Michels Gesellschaftssaal. Isabelle gesellte sich zu ihnen, Yves und Louis verteilten Kelche und schenkten burgundischen Roten vom Vorjahr aus.
Isoré Le Roux zerstößelte Pfefferkörner und würzte damit seinen Wein. »Wenn wir zu Philipp gehen, können wir ihn gleich um die fehlenden Stadtrechte bitten.«
»Ihr wollt Philipp von Schwaben aufsuchen?«, fragte Isabelle.
»Es geht um die Brücke zur Saline«, erklärte Michel. »Charles meint, es wäre klug, uns Barbarossas Genehmigung bestätigen zu lassen.«
»Wir können den König nicht einfach bitten, uns Regalien zu übertragen«, sagte Duval. »Wir würden uns lächerlich machen. Er wird sich jedes einzelne Recht gut bezahlen lassen, und wir haben nichts, das wir ihm anbieten könnten.« Als Yves ihm einschenken wollte, deckte er seinen Becher mit der Hand ab.
»Kein Wein für Euch?«, fragte der Knecht.
»Ich habe in meinem Leben weiß Gott genug getrunken. Damit ist jetzt Schluss. Für die Ratsarbeit brauche ich einen klaren Kopf.«
»Welche Regalien brauchen wir zwingend?«, fragte Michel.
»In erster Linie jene, die uns die Unabhängigkeit vom Herzogtum sichern«, antwortete Duval. »Die Blutgerichtsbarkeit, das Befestigungsrecht, das Münzregal und die Befreiung vom Kriegsdienst. Solange wir die nicht haben, besteht unsere Freiheit allenfalls auf dem Pergament. Daneben gibt es eine ganze Reihe kleinerer Rechte, die wir benötigen, etwa das Judenregal oder die Spitalverwaltung, aber das kann warten.«
»Das Münzregal?«, fragte Jean Caboche. »Heißt das, wir dürfen keine eigenen Münzen prägen?«
»Mit dem Kauf der Stadt ist nur das Zoll- und Marktrecht auf uns übergegangen. Das Münzrecht hat der Herzog wohlweislich behalten.«
»Das heißt, Simon oder sein Nachfolger können das Geld verrufen, wenn sie wieder einmal Silber brauchen, richtig?«, bemerkte Guichard, das Oberhaupt der Weber.
»Genau das heißt es«, sagte Duval.
»Wie viel wird Philipp für die vier wichtigsten Regalien verlangen?«, fragte Michel.
»Schwer einzuschätzen. Fünfhundert bis tausend Pfund, vielleicht mehr.«
»Aber Varennes ist völlig ausgeblutet«, sagte Caboche. »So viel Geld bringen wir frühestens in ein paar Jahren zusammen.«
»Vielleicht können wir Philipp etwas anderes anbieten«, meinte Michel.
»Angenommen, der König würde euch die Regalien übertragen«, sagte Isabelle. »Wie würde das vonstattengehen?«
»Wie damals auf dem
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