Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)
Gruppe zu reisen, der Fromony Baffour angehörte. Dieser Mann mit seiner Schwarzseherei hatte ihm jegliche Courage geraubt.
Die Geschäfte gingen so gut, dass sie schon nach fünf Tagen ihre gesamte Ware verkauft hatten. Von einem Teil ihres Erlöses aus dem Salzhandel deckten sie sich mit Handelsgütern aus fernen Ländern ein, die an der Mosel wegen ihrer Seltenheit begehrt waren. Sie kauften Zimt und Weihrauch aus den Kreuzfahrerstaaten, außerdem Pfeffer, Olivenöl, Teer und zwei Ballen Seide, luden alles auf den Wagen und kehrten zügig in die Heimat zurück, ohne Duval und die anderen, die noch auf der Messe blieben. In Varennes übergaben sie die Waren Isoré Le Roux, der sie auf dem hiesigen Markt feilbot, und erwarben vom Rest des Gewinns neues Salz, zehn Fässer diesmal, mit denen sie abermals nach Troyes aufbrachen. Auch das verkauften sie im Nu, sodass ihre Schatullen prall gefüllt waren, als sie eine Woche später Troyes endgültig den Rücken kehrten.
Auf dem Rückweg machten sie einen Abstecher nach Épinal, denn Michel wollte endlich seine Schwester Vivienne wiedersehen und seinen Schwager Bernier kennenlernen. Die Überraschung glückte: Vivienne weinte vor Freude, als Michel und Jean vor ihrer Tür standen, und sie veranstaltete spontan ein üppiges Festessen für ihre Brüder. Sie war zu einer schönen Frau herangereift und erwartete zu Michels Freude ihr erstes Kind – ihr Bauch wölbte sich bereits. Bernier war genauso freundlich, wie Jean ihn geschildert hatte, und in seinem Haus verbrachten sie drei angenehme Tage. Bevor sie schließlich nach Norden weiterreisten, nahmen sie Vivienne und ihrem Gatten das Versprechen ab, sie zu besuchen, sowie ihr Kind geboren war.
In Varennes berichtete ihnen Le Roux stolz, er habe bereits alle Güter aus Troyes verkauft – es sei ein Kinderspiel gewesen, für diese Luxusgüter Käufer zu finden. Dabei überreichte er ihnen eine Geldkatze voller Sous und Deniers. Als Michel später seine Barschaft zählte, kam er auf einen Reingewinn von fast achtzehn Pfund Silber. Damit hatten sie nicht nur die klaffenden Löcher in der Familienkasse gestopft – Jean und er waren fürs Erste alle Geldsorgen los. An jenem Abend feierten sie ihren Erfolg in der besten Schenke der Stadt und tranken so viel, dass zwei Freunde Jeans sie spät in der Nacht nach Hause tragen mussten.
Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte sich Michel wie ein richtiger Kaufmann. Doch bei allem Stolz auf seine Leistung vergaß er nie, wem er sein geschäftliches Glück verdankte. Am nächsten Morgen ging er zur Abtei Longchamp und löste das Versprechen ein, das er Gott gegeben hatte, indem er dem Spital der Brüder reichlich Brot und Kleider spendete.
Obwohl sein Almosen überaus großzügig ausfiel und geradezu ein Beispiel für die Mildtätigkeit eines Kaufmannes war, erwähnte Bischof Ulman es bei der nächsten Sonntagsmesse mit keinem Wort. Jaufré Géroux hingegen lobte er für seine Barmherzigkeit: Der Sklavenhändler hatte dem Leprosorium jüngst zwei Sous gespendet.
August 1187
V ARENNES -S AINT -J ACQUES
N ach der anstrengenden Reise zur Sankt-Johannes-Messe ließ Michel es ruhig angehen. Er brachte seine Aufzeichnungen auf den neuesten Stand und ritt eines Morgens zu Nicolas de Bézenne, dessen Landgut in den Hügeln östlich der Saline lag. Sein Vater hatte den Ritter regelmäßig mit Salz, Kerzenwachs, Pergament und anderen Gütern beliefert. Um die lukrative geschäftliche Beziehung aufzufrischen, schenkte Michel de Bézenne ein kleines Fass mit Burgunderwein. Während sie zusammensaßen und einen Becher davon tranken, klagte ihm der Ritter sein Leid wegen seines Erzfeindes Aristide de Guillory, mit dem er in den vergangenen anderthalb Jahren ständig in Fehde gelegen hatte. Nun drohte ihm neuer Zwist.
»Weshalb diesmal?«, erkundigte sich Michel.
»Weil er ein Hurensohn ist«, antwortete de Bézenne. »Und ein schlechter Verlierer dazu. Ich habe ihn neulich beim Turnier besiegt – er war betrunken und hat sich wie ein Anfänger aus dem Sattel stoßen lassen. Anschließend hat er überall herumerzählt, ich hätte betrogen und eine zu lange Lanze benutzt. Sogar dem Herzog hat er diesen Humbug aufgetischt. Ich habe ihn einen Lügner genannt, und jetzt will er, dass ich ihn auf Knien um Verzeihung anflehe. Ich habe ihm gesagt, dass ich lieber meine Stiefelsohlen ablecken würde, als mich bei ihm zu entschuldigen. Jetzt warte ich darauf, dass er mir die Fehde erklärt. Wie
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