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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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ich diesen hirnlosen Narren kenne, lässt er es darauf ankommen.«
    »Wieso bringt Herzog Simon ihn nicht zur Vernunft?«
    De Bézenne schnaubte. »Simon ist auf beiden Augen blind, wenn es um seinen liebsten Vasallen geht. Nun, soll er kommen. Ich habe ihn schon zweimal mit blutender Nase nach Hause geschickt – ich werde ihn auch ein drittes Mal schlagen.«
    Die Abende verbrachte Michel mit Isabelle. Jeden Tag zur Vesper holte er sie zu Hause ab, und sie machten lange Spaziergänge an der Mosel, beobachteten die Schwäne auf dem Wasser oder saßen am Ufer, bis die Sonne hinter den Hügeln versank.
    »Ich fürchte, unsere Anstandsdame ist gerade in einen Kuhfladen getreten«, sagte Michel eines Abends, als sie am Waldrand entlangschlenderten.
    Isabelle wandte sich zu Alice um, die ihren Schuh ausgezogen hatte und ihn fluchend im Gras abwischte. »Armes Kind.«
    »Jetzt klebt ihr die Scheiße sogar an der Wange«, stellte er grinsend fest.
    »Sei nicht so gemein«, sagte Isabelle, obwohl auch sie sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte. »Alice, brauchst du Hilfe?«
    »Es geht schon, Herrin«, rief die Magd.
    »Jetzt auch an der anderen Wange. Man kann dieses Elend ja kaum mit ansehen. So leid es mir tut, aber du musst sie wohl nach Hause schicken, damit sie sich waschen kann.«
    »Du weißt, dass das nicht geht. Mutter hat ihr strikte Anweisungen gegeben, uns nicht aus den Augen lassen.«
    Zu Michels Verdruss war die Magd fest entschlossen, den Anstand mit allen Mitteln zu wahren. Dabei wünschte er sich nichts mehr, als Isabelle noch einmal zu küssen wie an jenem Mittag hinter dem Brunnen. »Alice, Vorsicht, ein Feuer speiender Lindwurm!«, rief er. »Schnell in Deckung!«
    Alices Kopf schnellte in den Nacken, sie strauchelte und fiel beinahe in den Matsch. »Was? Wo denn?«
    Rasch ergriff Michel Isabelles Hand und lief mit ihr zum Unterholz, wo sie ins Gebüsch schlüpften.
    »Michel!«, lachte Isabelle. »Das arme Mädchen …«
    Er zog sie an sich, und sie küssten sich.
    Ihre Lippen hatten sich kaum berührt, als Alice durch die Sträucher brach, Kuhdreck an Armen und Wangen. Die Magd stemmte beide Fäuste in die Seiten und blickte sie strafend an.
    »Einen Versuch war es wert, oder?«, bemerkte Michel.
    Es wurde allmählich dunkel, als Michel sie nach Hause brachte.
    »Bis übermorgen?«, fragte er vor ihrer Tür.
    »Bis übermorgen.« Isabelle lächelte.
    Er nahm ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. Seine Augen blitzten, bevor er sich verabschiedete und zu seinem Haus auf der anderen Seite des Domplatzes schritt. Isabelle blickte ihm nach, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann nahm sie einen tiefen Atemzug und ging hinein.
    »Braucht Ihr mich heute Abend noch?«, fragte Alice.
    »Nein. Geh dich waschen.«
    »Habt Dank, Herrin.«
    Während die Magd zu den Gesindequartieren eilte, betrat Isabelle die Stube, wo ihre Mutter und Lutisse saßen und stickten. Sie waren allein, denn Gaspard weilte noch in Troyes.
    »Da bist du ja endlich«, sagte Marie. »So geht das nicht weiter, Isabelle. Morgen werde ich Herrn Michel sagen, dass er dich in Zukunft früher nach Hause bringen soll. Diese Spaziergänge zu später Stunde gehören sich nicht. Es ist ja schon fast dunkel. Außerdem hast du schon wieder das Essen verpasst.«
    »Ist noch etwas da?«
    »Wir haben dir Brot, Käse und etwas Wurst aufgehoben. Warte. Ich rufe Olive.«
    »Lass. Ich gehe selbst.«
    In der Küche fand Isabelle eine Platte mit den Speisen. Sie hatte noch keine zwei Bissen gegessen, als Lutisse hereinkam und sich zu ihr setzte.
    »Jetzt erzähl schon. Wie war es?«
    Lutisses Neugier war schrecklich. Nach jedem Treffen mit Michel erwartete sie einen umfassenden Bericht.
    »Nett«, sagte Isabelle kauend.
    »Komm. Es war bestimmt mehr als nett. Hat er dich wieder geküsst?«
    »Du bist unmöglich. Ja, wir haben uns geküsst. Bist du jetzt zufrieden?« In den Augen ihrer Schwägerin erschien ein Glitzern, das sie nur zu gut kannte. »Was?«
    »Habt ihr euch nur geküsst? Oder ist noch ein bisschen mehr passiert?«
    »Michel weiß, was sich gehört. Er war wie immer sehr anständig.«
    »Du hast ihm also nicht erlaubt, deine Brüste zu berühren?«
    »Lutisse!«
    Ihre Schwägerin grinste schmutzig. »Als mich dein Bruder das dritte Mal besuchte und wir ungestört waren, habe ich ihm gestattet, seine Hand unter mein Gewand zu schieben. Nur ganz kurz natürlich. Eine Frau braucht sich nicht für ihre Vorzüge zu schämen – hör

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