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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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getroffen. Wir haben über die Zustände in der Stadt und der Gilde gesprochen. Wir sind uns einig, dass wir erst dann etwas ändern können, wenn Géroux nicht mehr Gildemeister ist.«
    »Wann war dieses Treffen?«, fragte Gaspard.
    »Vor der Messe.«
    »Wieso hast du mich nicht eingeladen?«
    »Weil du mir zu verstehen gegeben hast, dass du die Schwurbrüder verachtest. Ich dachte, du wärst nicht interessiert.«
    »Trotzdem hättest du mir davon erzählen müssen. Ich habe dich auch in meine Pläne eingebunden.«
    »Gut«, sagte Michel. »Nehmen wir an, ich hätte dich eingeladen. Was wäre geschehen? Wir hätten über Géroux, Bischof Ulman und Aristide de Guillory gesprochen, du hättest den anderen vorgeworfen, dass sie sich nicht entschieden genug gegen sie zur Wehr setzen, es hätte Streit gegeben, und wir hätten rein gar nichts erreicht. So wäre es gewesen, oder?«
    »Und damit das nicht geschieht, hast du entschieden, Gaspard, den Störenfried, auszuschließen.«
    »Wenn ich dich ausschließen wollte, wäre ich nicht hier«, erwiderte Michel schärfer als beabsichtigt. »Ich wollte mir zuerst anhören, was die anderen zu sagen haben, bevor ich dich einweihe. Lässt du mich jetzt erklären, was der Plan ist, oder willst du mir den Rest des Tages Vorwürfe machen?«
    »Ich höre«, sagte Gaspard.
    »Habe ich dein Wort, dass du niemandem erzählst, was ich dir jetzt sage?«
    Der schwarzhaarige Kaufmann nickte.
    »Abaëlard will Géroux bei der Versammlung am Freitag das Misstrauen aussprechen«, erklärte Michel. »Dann ist der Weg frei für Neuwahlen, und wir können versuchen, Géroux zu stürzen.«
    »Und wer will gegen ihn antreten? Doch nicht dieser Methusalem Carbonel?«
    »Ich«, sagte Michel.
    Gaspard hob eine Augenbraue. »Du.«
    »Ich bin auch nicht glücklich damit, aber Catherine, Abaëlard, Duval und Travère sehen keine andere Möglichkeit. Jedenfalls brauche ich mindestens sieben Stimmen, um Géroux zu schlagen. Besser wären acht, falls sich sowohl Baffour als auch d’Alsace auf die Seite der Ministerialen schlagen …«
    »Und hier komme ich ins Spiel, nicht wahr? Deshalb bist du hier: weil du mich bitten willst, dass ich dir meine Stimme gebe.«
    »Ja … nein. So einfach ist das nicht.« Dieses Gespräch lief nicht gut, ganz und gar nicht. »Hör zu, Gaspard«, sagte Michel ernst. »Ich weiß, wie sich das für dich anhören muss. Aber ich bin nicht nur gekommen, weil ich dich um Unterstützung bei der Wahl bitten will – du hast mein Wort. Ich möchte, dass du dich mir anschließt. Dass wir gegen Géroux und seine Leute zusammenstehen. Nur so schaffen wir es, die Gilde zu erneuern. Ob ich Gildemeister werde oder ein anderer, ist dabei doch zweitrangig.«
    Ruckartig stand Gaspard auf, trat ans Fenster und stützte die Hände auf den Sims. Er presste seine Fingerkuppen so fest auf den Stein, dass sie weiß wurden.
    »Gaspard«, begann Michel, doch sein Freund fiel ihm ins Wort.
    »Seit jenem Abend habe ich mich gefragt, warum du meine Pläne so entschieden ablehnst.« Seine Stimme zitterte kaum merklich. »Fast hätte ich deinem Gerede von Gewaltlosigkeit und einer friedlichen Lösung geglaubt. Aber jetzt ist mir so manches klarer.«
    »Wie darf ich das verstehen?«, fragte Michel.
    Gaspard fuhr herum. »Du wolltest mir nicht folgen, weil du keine Lust hattest, dich unterzuordnen! Du hast gesehen, dass Stephan, Ernaut und Raoul auf mich hören, und das hat dir nicht gefallen, nicht wahr? Du wolltest deine eigene Anhängerschaft – immerhin bist du jetzt der weitgereiste Kaufmann, der in Mailand gewesen ist, der die Welt gesehen hat. Die Leute blicken zu dir auf, bewundern dich, fragen dich nach deiner Meinung. Warum solltest du da noch tun, was der dumme, alte Gaspard sagt?«
    Michel war fassungslos. Nicht im Traum hätte er erwartet, dass Gaspard ihn derart missverstehen könnte. »Das ist Unsinn, und du weißt es.«
    »Ach ja? Ich sage dir, warum du mich nicht dabeihaben wolltest: weil du Angst hattest, ich könnte bei deinem schönen Plan mitreden wollen. Dir vielleicht sogar die Führung streitig machen. So war es doch, oder?«
    »Zum letzten Mal: Ich habe dich nicht eingeladen, weil ich dachte, dass du auf die Meinung der anderen keinen Wert legst. Und weil ich vermeiden wollte, dass der Abend in Streit endet, bevor er überhaupt richtig angefangen hat. Was ist daran so schwer zu verstehen?«
    Gaspards Augen verengten sich zu Schlitzen. »Verrate mir eins: Wann hast du beschlossen,

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