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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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Linie
auf der Karte erbarmungslos kreuzten - es war das Gebiet um Sankt Peter-Ording.
Was sollte er nur mit diesem nächtlichen Fackelumzug anfangen? Dafür war er doch
nicht zuständig. Er drehte der Karte den Rücken zu und sein Herzschlag pendelte
sich wieder auf die übliche Frequenz ein. Das ist eine Sache für den
Staatsschutz. Oder etwa nicht?
     
    Die Sonn' am
Himmel das Salz auf der Erd' seyn beyde großer Ehren werth. (alter Sinnspruch)

37. Die Hinrichtung
     
    Durch
das Summen der Türen wurde ich wach und sah auf meine Uhr. Es war kurz nach
Mitternacht, Mittwoch, der 9. Oktober - mein neununddreißigster Geburtstag.
Maria trat ein. Da ich mich schlafend stellte, kam sie ans Bett. Sacht berührte
sie meine Schulter. Ich öffnete die Augen und blinzelte sie ungläubig an.
    „Manfred,
bitte werde wach. Wir müssen zur Feierstunde.“
    Verwundert
richtete ich mich auf: „Zur Feierstunde? Oh, Frau Doktor lädt mich zu Ehren
meines heutigen Wiegenfestes mitten in der Nacht zu einer kleinen Party ein?
Das ist aber lieb von ihr, dass sie daran gedacht hat“.
    „Heute
ist dein Geburtstag? Dann wünsche ich dir alles Gute, Gesundheit und
Wohlergehen, Manfred.“
    „Lass
den Unsinn! Willst du mich verscheißern?“
    „Nein,
ich wollte was Nettes sagen. Bitte mach dich frisch und zieh dich an, wir
sollten längst unten sein.“
    Zum
ersten Mal belästigte man mich zu solch einer ungewöhnlichen Stunde. Das konnte
kein Zufall sein, oder handelte es sich tatsächlich um meinen Geburtstag? Ich
duschte kurz und zog mich an. Die anschließende Prozedur kannte ich bereits.
Wie bei meinem ersten Ausgang in die Freiheit: Handschellen anlegen, Sack über
den Kopf und ich war blind. Unten auf dem Vorplatz angelangt, wurde mir diesmal
nur der Sack abgenommen, die Handschellen blieben dort wo sie waren: fest an
meinen Handgelenken. Ich blickte einigermaßen verwirrt um mich. Die Szenerie
wirkte beängstigend. Mehr als fünfhundert Menschen hatten sich auf dem Platz
vor dem Weißen Haus versammelt. Sie standen in Reih und Glied, waren angetreten
wie zu einem Appell. Allein der Brunnen, den ich zu meiner Verwunderung vorher
nie bemerkt hatte und nun erstmals wahrnahm, zerteilte die wartende Menge im
Zentrum des im Halbdunkel liegenden Platzes. Worauf warteten die eigentlich. An
der Vorderfront des Weißen Hauses war ein Podium aufgebaut, auf dem sich in der
Mitte ein Rednerpult mit Mikrofon befand, rechts und links davon standen
jeweils zwei Stühle. Maria führte mich zu diesem Podest und wies mir einen
Sitzplatz zu. Sie half mir beim Hinsetzen, denn ich musste meine auf dem Rücken
gefesselten Arme hinter die Stuhllehne verrenken. Dann brachte sie ein zweites
Paar Handschellen hervor und schloss mich damit an dem Stuhl an, dessen Beine
wiederum im Boden der kleinen Bühne verschraubt waren.
    Es
kam mir vor, als wäre das ganze Dorf versammelt, trotzdem konnte ich keinen
einzigen Mann in der wartenden Masse ausfindig machen. Allem Anschein nach
lebten in diesem Ort ausschließlich Frauen. Wo blieben die Männer der
Schöpfung? Ich war überzeugt, dass die ihre Versammlungen immer in dem großen
Saal hinter mir abhielten. In Gedanken versunken, bemerkte ich nicht, dass
inzwischen die drei anderen Stühle neben mir besetzt worden waren. Besetzt von
drei Männern, die genauso dasaßen wie ich - Arme hinter den Lehnen und an den
Stühlen gefesselt. Wir sahen uns verwundert an, doch keiner wagte etwas zu
sagen. Maria hatte sich unterdessen wahrscheinlich auch in die schweigende
Frauenmenge eingegliedert. Ich spürte Hunderte von Augenpaaren auf mich
gerichtet. Um mich abzulenken, betrachtete ich den Brunnen eingehender. Er sah
aus wie ein Würfel mit einer Kantenlänge von zirka 1,20 m. Auf der
Wasseroberfläche schien eine steinerne Kugel zu schwimmen, die von Unterwasserscheinwerfern
effektvoll angestrahlt wurde. Dünne Fontänen schossen in hohen Bögen in alle
vier Himmelsrichtungen aus dem schwimmenden Stein empor und hinterließen
plätschernd auf der regenbogenfarbenen Wasseroberfläche funkelnde, wellige
Kreise.
    Plötzlich
marschierte von rechts eine Hundertschaft älterer Frauen auf. Sie blieben vor
dem Podium stehen und formierten sich zu einer Viererreihe. Mit hundert
brennenden Fackeln bewaffnet, erhellten sie die Bühne auf eine gespenstische
Weise. Mich erinnerte diese finstere Kulisse an alte Dokumentaraufnahmen aus
dem Dritten Reich. Die Eingangstür des Weißen Hauses öffnete sich und Frau Dr.
Hansen kam

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