Das Salz der Mörder
den Kopf, als ich diesen bajuwarischen Witzbold vor mir
stehen sah.
Leise
hörte ich Vronis „Ja“ von der obersten Etage herunter hallen. Dann ging das
Licht im Hausflur aus.
36. Eine Sache für den
Staatsschutz?
„Kannst
du mir das erklären?“
„Nee.
Was denn? Du kommst jeden Morgen in unser Büro gestürzt, immer oder meistens zu
spät, vergisst geflissentlich zu grüßen und verlangst auf nüchternen Magen eine
Erklärung von mir. Womit kann ich dir helfen?“
„Entschuldige,
bitte. Guten Morgen.“
„Siehst
du, ist doch ganz einfach. Guten Morgen, Bodo. Was ist dein Problem?“
„Stell
dir vor: Ich starre vorhin zuhause in den Spiegel und meinte – Bodo, du musst
dich rasieren. Dann fragte ich mich, wieso ich mich rasieren müsste und guckte
gleichzeitig aus dem Badezimmerfenster, auf meinen frisch gemähten Rasen
draußen. Ich habe doch keinen Rasen im Gesicht, sondern im Garten, dachte ich.
Aber diesen Rasen im Garten rasiere ich nicht, den mähe ich doch, und zwar mit
dem Rasenmäher, oder? Ich drehte also meinen Kopf zurück zu meinem Spiegelbild
und sagte laut zu mir: ‚Bodo, hier stimmt etwas nicht‘.“
„Ich
bin erstaunt, dass du dir bereits zur morgendlicher Stunde solche
existentiellen Fragen stellst. Ich werde versuchen, sie dir nach bestem Wissen
und Gewissen zu beantworten: Wie du sicher weißt, gab es dereinst eine Zeit, in
welcher der elektrische Rasenmäher beziehungsweise der elektrische Rasierapparat
noch nicht erfunden waren. Was sollte man da machen, um den Rasen zu mähen?
Na?“
„Weiß
ich nicht. Vielleicht mit Sichel oder Sense?“
„Na
siehst du, vollkommen richtig. Unsere Urahnen waren jedoch pfiffiger als du.
Sie besorgten sich eine Herde Schafe, und die fraßen den Rasen ab. Weil die
Schafe aber bei ihrer fressenden Tätigkeit bekanntlich Geräusche von sich
geben, die einem Mäh, Mäh ähneln, einigten sich unsere einfallsreichen
Vorfahren auf den Begriff des Mähens. Sie mähten folglich den Rasen. Und jedes
Mal, wenn ihnen der Rasen oder das Gras zu hoch gewachsen war, ließen sie es
von den Schafen mähen. Das ist doch einleuchtend, nicht wahr? Bist du mit
meiner kurzen Illustration aus dem Tierreich zufrieden?“
„Hm
. . ., und wie haben sich unsere einfallsreichen Vorfahren den Bart gemäht?
Auch mit Schafen?“
„Nee,
mit Sichel oder Sense, du Hammel! Darf ich jetzt mit meinem Dienst beginnen?“
„Ja,
ja, natürlich. Ich halte dich nicht mehr auf. Ich mähe meinen Rasen sowieso
lieber selber.“
„Schluss
jetzt mit dem Quatsch! Was ist das denn? Man findet andauernd das, was man
nicht sucht, verdammter Mist. Bodo, hast du das auf meinen Schreibtisch
gelegt?“
„Wie
bitte?“
„Na,
diesen Bericht hier.“ „Welchen Bericht?“ „Wenn du nicht sofort herkommst, hau
ich dir so eine auf deinen Bahnhof, dass dir sämtliche Züge entgleisen. Guck
dir diesen Quatsch an, das kann niemals für mich sein. Was soll ich damit?“
„Ach, die Geschichte meinst du. Da war scheinbar irgendein Übereifriger der
Meinung, diese Angelegenheit könnte offenbar mit deinem Entführungsfall Wegner
zusammenhängen.“
„Arbeit
adelt, doch ich bleibe bürgerlich. Also, lass mich bitte mit diesem wirren
Zeugs in Ruhe.“
„Dann
schick den Bericht nach Kiel, wenn du nicht weißt, was du damit anfangen
sollst.“ „Spontaneität will gut überlegt sein, aber wahrscheinlich hast du
recht. Unser hochqualifizierter und überforderter Oberinspektor Petersen wird
bestimmt einen Zusammenhang finden und ich habe diesen Quatsch vom Tisch. Weißt
du schon das Neueste? Die Wegner hat seit kurzem einen brandneuen Rechtsanwalt.
Und wie ich hörte, ist dieser Anwalt gerade dabei unserem lieben Petersen ganz
schön auf die Füße zu treten. Der braucht bald ein paar durchschlagende
Erfolge, sonst ist der weg vom LKA.“
„Die
Wegner, eine ‚von und zu‘ und ihr Mann, ein ‚auf und davon‘. Die beiden möchte
ich nicht jeden Tag an meinem Schreibtisch sitzen haben.“
„Na,
ihn wirst du wohl kaum zu Gesicht bekommen. Der ist jetzt endgültig ‚Vom Winde
verweht’. Möglicherweise liegt der in einem Liegestuhl unterm Sonnenschirm
irgendwo im südlichen Ausland, liest deutsche Zeitungen und lacht sich halbtot
über die Blödheit unserer Behörden. Mundus vult decipi, ergo decipiatur.“
„Wie
bitte?“
„Die
Welt will betrogen werden, also soll sie‘s auch – sagte einst unser großer Reformator
Martin Luther.“
„Mensch,
bist du
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