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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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Kopf. Das flackernde Feuer tanzte
auf seinem verzerrten Gesicht und meißelte im Spiel von Licht und Schatten eine
erschreckende Fratze hervor. Ich weiß nicht, ob er mich erkannte, weil uns der
Brunnen ein wenig verdeckte. Mit zugeklebtem Mund und weit aufgerissenen Augen
sah er sich verängstigt und hilfesuchend nach allen Seiten um. Was sollte das,
was würde jetzt geschehen? Auf einmal erinnerte ich mich an seine damaligen
Worte: „. . . und zu guter Letzt schmeißen sie mich lebendig in den Brunnen“.
Ihm war also klar, was passiert. Wollten sie ihn tatsächlich vor aller Augen in
dem schönen bunt beleuchteten Brunnen ertränken? Das ist doch kaum zu glauben.
Das ist doch undenkbar.
    „Liebe
Gemeinde der Auserwählten des Erlösers, wer sich Meiner vollkommen bewusst ist
und weiß, dass Ich letztlich der Empfänger aller Opfer und Entsagungen, der
Höchste Herr aller Planeten und Halbgötter sowie der Wohltäter und wohlmeinende
Freund aller Lebewesen bin, der wird erlöst von den Sünden des materiellen
Daseins. Wir wissen, dass jemand, der spirituell gesund ist, in gleicher Weise
geistig und körperlich gesund ist. Dieses Stück krankes Fleisch hier, das sich
selbst als Mensch bezeichnet, darf und wird nicht mehr länger unter uns weilen.
Angeblich von männlichem Geschlecht, praktiziert dieses Wesen den heiligen
Geschlechtsakt durch andere sexuell unwürdige, primitive Techniken mit
gleichgeschlechtlichen Partnern, das heißt, er widersetzt sich auf das
Unnatürlichste den höchsten Geboten Brahma Babas, der in seiner
transzendentalen Allmacht den heiligen Geschlechtsakt zwischen Mann und Weib
ausschließlich zur Fortpflanzung gestattet. Selbst von Tieren ist uns solch ein
anormales und perverses Verhalten nicht bekannt. Homosexuelle, im Volksmund
Schwule genannt, sind unfähig sich fortzupflanzen, deshalb sind sie überflüssig
und nutzen keinem. Im Gegenteil, sie verbreiten Krankheiten und krankhafte
Ideen zum Nachteil der gläubigen Menschheit. Sie müssen ausgemerzt werden.
Alle!“
    Da
ich die letzten Worte schon einmal von ihr gehört hatte, sah ich er-staunt zur
Rednerin hinüber und erhaschte einen kurzen spöttischen Blick von ihr.
Gleichzeitig griff sie unter ihr Rednerpult und betätigte irgendetwas.
    Ich
traute meinen Augen nicht. Ich riss kurz meinen Kopf herum und starrte erstaunt
meine Mitgefangenen an, sie taten das Gleiche. Was wir sahen, war unglaublich.
Geräuschlos hob sich der Brunnen um fast zehn Zentimeter vom Boden ab und
schwenkte nach links aus. Dieser Brunnen entpuppte sich zu einer Attrappe, die
auf einem äußerst stabilen Hydraulikheber, oder so etwas Ähnlichem, befestigt
war. Die Brunnenattrappe gab eine Öffnung frei, ein Loch von schätzungsweise
einem Meter Durchmesser.
    „Dienerinnen,
waltet eures Amtes. Ins ewige Nichts mit ihm“, hallte es über den Platz. Eine
der beiden jungen Frauen ging mit einem Plastikeimer zum Brunnen, füllte ihn
bedächtig mit Wasser, kam zurück und übergoss den Lutze damit. Er war nun
vollständig durchnässt und musste unerträglich frieren, oder bemerkte er davon
nichts mehr? Nachdem die andere den Rollstuhl direkt vor die schwarze Öffnung geschoben
hatte, richtete die erste Dienerin den Lutze mit seinem einen Bein auf und
stürzte ihn kopfüber hinein. Nach ungefähr zwei bis drei Sekunden Stille hörte
ich einen dumpfen Aufschlag.
    Dass
unter dem Rollstuhl ein Papiersack verstaut war, sah ich erst jetzt. Die
Ausmaße ähnelten denen eines handelsüblichen 50 kg Zementsacks und schien
ebenso schwer zu sein. Die beiden Henkersfrauen bugsierten ihn zum Rand des
Abgrundes. Mit einem spitzen Messer stach eine von ihnen oben in den Sack
hinein und schlitzte ihn auf. Ohne ein Gramm der Füllung zu verschütten, hoben
sie ihn hoch und ließen den Inhalt gemächlich in die Tiefe rieseln.
Abschließend schütteten die beiden Dienerinnen jeweils einen Eimer Wasser in
das entsetzliche Loch. Wahrscheinlich damit sich alles gut vermischt und
auflöst. Sie vollführten das so fachmännisch, als würden sie diesen Vorgang
nicht zum ersten Mal exerzieren. Der Brunnen schwenkte zurück und senkte sich
hydraulisch ab. Der tödliche Schlund verschwand in grauenhafter Unsichtbarkeit.
Noch bevor die unschuldige Attrappe wieder in ihre Ausgangsposition eingerastet
war, setzte ein frenetischer Beifallssturm ein. Jubelgeschrei grölender und
klatschender, seniler Weibsbilder. Hochrufe auf Baba. Ungehemmter
Freudentaumel. Es war nicht zu glauben. Wir wurden

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