Das Salz der Mörder
Bibelspruch hinter Glas.
Verschwommen las ich folgendes: Beloved, do not avenge yourselves, but rather
give place to wrath; for it is written, “Vengeance is Mine, I will repay,“ says
the Lord. Therefore “If your enemy hungers, feed him; if he thirsts, give him a
drink; for in so doing you will heap coal of fire on his head.” Romans 12:19,20
Mein
Kopf tat mir zu weh, um diese biblischen Sentenzen verstehen zu können. Nachdem
ich die beiden leeren Martiniflaschen auf dem teppichlosen Betonfußboden liegen
sah, kam mir mein Gedächtnis schwerfällig zur Hilfe. Das kräftige Klopfen
schien nicht aus meinem Schädel, es schien von unserer Zimmertür her zu
dröhnen. Lautstark hörte ich jemanden rufen: „Mister Smiley you have a visitor!
Please, wake up!“ Ich sah Steven: Er lag ausgestreckt quer vor dem Bett. Das
einzige Kleidungsstück, was ihn bedeckte, war sein weißes Gipsbein, immerhin,
ich hatte ja noch weniger an.
„Mister
Smiley, please, somebody is after you!“ brüllte es erneut von draußen. Ich
fühlte mich unfähig aufzustehen und ließ meinen Kopf zur Seite fallen. Alle
Koffer und Taschen waren geöffnet und durchwühlt. Die meisten Sachen lagen
verstreut im Zimmer umher. Ich griff mir ein Badehandtuch, band es um meine
Hüften und taumelte zur Tür. Sie war verschlossen.
„Please,
Mr. Smiley, open the door!“
„Yes,
just a moment. We are coming!“ schrie ich krächzend zurück, während ich
vergeblich nach dem Schlüssel suchte.
„Hello,
Sir! By the way, Sir!“ tönte es weiter durch die verschlossene Tür, „you didn’t
paid your breakfast. And you didn’t paid the lorry-fare for the two ladies as
well, Sir.”
„Hey,
Steven, komm zu dir, werde wach. Wo hast du den verdammten Schlüssel
hingeworfen? Ich glaube dein Kumpel ist da, um uns abzuholen.“ Ich hob ihn hoch
und zerrte ihn auf unser zerkämpftes Doppelbett. Dann verabreichte ich ihm zwei
mittelkräftige Ohrfeigen. Entgeistert starrte er mich an.
„Hast
du die ganze Unordnung veranstaltet, Freddy? Was soll das? Wo sind die beiden
Weiber? Du wirst sie doch hoffentlich bezahlt haben. Ich möchte nämlich an
meinem ersten Tag in Ghana keine Schwierigkeiten haben. Verstehst du?“
Beim
Sprechen stieß seine Zunge immerzu gegen den Gaumen, so dass es klang, als
würde er lallen. Seine Augen wirkten übergroß und waren rot unterlaufen. Auf
meine unsicher Frage, ob mein körperlicher Zustand dem seinen ähneln würde,
antwortete er nicht. Jedenfalls reagierten unsere ramponierten Sinnesorgane
trotzdem gleichzeitig, denn gleichzeitig drehten sich unsere vernebelten Köpfe
zum Waschbecken. Unter dem ständig tropfenden Wasserhahn lag Stevens
aufgeweichte, leere Brieftasche und im Papierkorb in der Ecke glänzte
inhaltslos die Plastikhülle, in der wir unsere Reisepässe und Flugtickets
aufbewahrt hatten.
Die einfachste Methode
Salz herzustellen ist durch direkte Sonneneinstrahlung auf offene mit
Meerwasser gefüllte Kessel oder Pfannen.
51. Michael Aichinger -
Hauptkommissar
Als
Frau Dr. Radtke das Büro betrat, saß die Bürgermeisterin hinter ihrem
Schreibtisch und war mit ihrem Computer beschäftigt.
„Margot,
ich komme gerade aus Itzehoe und habe die Post mitgebracht.“
„Ja,
und? Das machst du doch immer, wenn du in die Stadt fährst. Warum redest du so
geschwollen und starrst mich an wie eine Geistesgestörte? Bitte, ich habe zu
tun. Komm etwas später wieder.“
„Nein,
das werde ich nicht. Kannst du bitte deine beiden Dienerinnen ersuchen, den
Raum zu verlassen? Ich würde mich gern allein mit dir unterhalten. Und schalte
deine Sprechfunkanlage aus. Vorsichtshalber.“
„Also,
ihr habt es gehört: verschwindet! Man will mich nicht in Ruhe arbeiten lassen“,
seufzte Frau Dr. Hansen abgespannt. Die Mädchen verließen in größter Eile ihre
Herrin. Geräuschlos wurde die Tür geschlossen.
„Was
ist denn passiert? Du bringst meinen heutigen Dienstplan vollkommen
durcheinander.“
„Michael
hat mir geschrieben!“
„Michael
. . .? Wer? Welcher Michael? Mein Sohn? Weshalb schreibt er dir? Ich bildete
mir ein, er kennt dich gar nicht. Was will er denn von dir?“
„Er
will Geld. Er will sehr viel Geld. Ich sagte dir damals: ‚Margot, lass die
Finger von dem Wegner’. Und dazu noch seine kleine Tochter. Ich habe dich
angefleht, auf meinen Knien habe ich dich angefleht. ‚Lass die gehen‘, habe ich
gesagt. Du hast ganz genau gewusst, dass der aus München kommt, dass er dort
lebt, dass auch
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