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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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Mittelmeer.“
    „Da
hast du zweifellos recht, doch die hier mögen es exotisch. Und Europa ist für
die exotisch.“
    Ich
stand immer noch wie angewurzelt am Fenster und betrachtete das herrliche
Panorama. Ich wünschte, Veronika wäre hier.
    „Komm,
lass uns duschen. Danach werde ich meinen Kumpel anrufen. Okay?“
    Acht
Uhr morgens. Wir saßen draußen auf der Terrasse des Hotelrestaurants. Mein
frisches Hemd war unter den Achseln völlig durchgeschwitzt und klebte bereits
am ganzen Oberkörper, ohne dass ich mich bewegt hätte. Ein Kellner versuchte
uns nicht allzu schnell zu bedienen. Schließlich servierte er lauwarmen
Instantkaffee und kalte Käsesandwichs. Als wir gefrühstückt hatten, ging Steven
telefonieren. Ich sah ihm hinterher, wie er mit seinen Krücken unbeholfen davon
humpelte. Er sagte es mir nicht, dennoch wusste ich, dass er seine Entlassung
aus dem Frankfurter Militärkrankenhaus selbst zu verantworten hatte. Kein Arzt
der Welt würde ihn in diesem Zustand aus dem Bett gelassen haben. Sein rechtes
Bein war noch immer von den Zehen bis zu den Eiern eingegipst. Er musste
unglaublich schwitzen mit dem Ding. Den dicken, eingegipsten Gummipfropfen an
der Ferse konnte er offenbar auch nicht voll belasten, ohne Schmerzen zu
empfinden. Steven, mein treuer Freund, du tust mir so leid, und ich kann es dir
nicht sagen. Die einstige Kraft deines Körpers ist in Kuwait geblieben. Für
einen Weg von fünfzig Meter benötigst du jetzt eine Viertelstunde. Ich weiß,
dass du einen starken Willen hast. Die Überwindung von Hindernissen fiel dir
von jeher leicht. Darin bist du der Alte geblieben. Ich bin zum Gegenteil
mutiert: körperlich anscheinend fit, doch geistig nur noch ein Arsch. Nicht
einmal mein Schwanz steht mehr, weil es nichts mehr zum Stehen gibt. Warum habe
ich bloß Vroni und die Kinder so leichtfertig aufgegeben? Wo sind meine
Gefühle? Wo ist Freddy, der tolle Macker aus Berlin? Wo ist der Wegner, der aus
Scheiße Geld machen konnte? Oh, Mann! Selbst Tausende Kilometer entfernt der
Heimat ertappe ich mich: ich schmecke, ich rieche, ich weine, ich träume, ich
denke - deutsch. Das musste anders werden, wenn ich nicht an mir selbst
zerbrechen wollte. Bin ich wirklich noch ich selbst? Nein! Ich lass mich
treiben. Egal was passiert: Steven entscheidet alles für mich. Steven, du tust
mir leid und ich tu mir leid. Doch du bist der Stärkere von uns beiden. Hilf
mir zu meinem Selbst zu finden. Ich fühle mich so schlecht. Scheiße! Nun bin
ich hier in Ghana, unter all den Schwarzen, am schwarzen Arsch der Welt.
    Ich
kam erst wieder zu mir, als ich das Plastikgeschirr am Boden klappern hörte,
das ich mit einer unbewussten Handbewegung vom Tisch gewischt hatte.
    „Was
ist denn mit dir los? Verträgst du den löslichen Kaffee nicht?“ Steven stand
vor mir und schüttelte den Kopf. „Alter, du siehst beschissen aus. Kopf hoch,
Freddy, vergiss dein borniertes Deutschland und alles was damit zusammenhängt.
Ich werde meine oberbornierten Engländer auch vergessen. Lass uns neu anfangen,
und sag ganz einfach: Das Leben ist schön.“
    Er
konnte meine Gedanken lesen, weil er mich kannte. Er kannte mich besser als ich
mich selbst. Steven, du Mann, du Krüppel, du mein Freund - ich liebe dich wie
meinen eigenen Bruder, den ich nie hatte, mir jedoch immer wünschte.
    „Dreh
dich mal um, Mensch. Siehst du die beiden schokoladenbraunen Miezen hinter dir
nicht? Die sollten jetzt unser Ziel sein. Lass uns den Rest unseres
verpfuschten Lebens genießen. Guck mich nicht so bescheuert an. Ich weiß, das
sind Nutten, na und? Die warten doch bloß auf uns oder siehst du hier sonst
noch jemanden? Die wollen umgelegt werden. Mein Kumpel kann uns erst gegen ein
Uhr abholen, zur Mittagszeit, dann hat er für heute und morgen frei.“
    „Hast
du ihn gefragt, weswegen er uns gestern so verarscht hat? Hast du ihm auch
erzählt, dass wir wie bekloppt auf dem waffenstrotzenden Flughafengelände umher
gerannt sind und ihn überall gesucht haben?“
    „Aber,
Freddy, das stimmt doch gar nicht. Wir saßen auf einer Bank und tranken Bier.
Na, komm, beruhige dich wieder. Selbstverständlich hab ich ihn gefragt. Seine
Geschiedene kam – ausgerechnet gestern Abend - mit ein paar schwarzen Schlägern
und wollte seine Villa ausräumen. Sie haben ihn in die Garage eingesperrt.
Stell dir das vor. Glücklicherweise bemerkten die das Handy in seiner
Aktentasche nicht. Das nützliche Ding hatte die saubere Dame scheinbar
übersehen,

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