Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Leute sagen, sie seien dort bestattet worden!“
Cannon schnappte nach der Dose, die ihm beinahe aus der Hand geglitten wäre. „Bestattet? Etwa die beiden Bergleute, die die Deutschen begleiteten?“
Bassett nickte. „Davon ist wohl auszugehen.“ Er registrierte mit Genugtuung, daß Cannons Maskerade ein urplötzliches Ende gefunden hatte, so sehr stand diesem die Überraschung ins Gesicht geschrieben.
Cannon gab sich keine Mühe mehr, den Abgeklärten zu spielen, zu groß war seine Neugier. „Das bedeutet, die Deutschen lebten noch?“
Bassett kam nun richtig in Fahrt, zu sehr freute ihn das ungläubige Staunen seines Landsmanns. „Der untere Schachtabschnitt ist blockiert. Natürlich kann es das Gestein sein, das jetzt abrutschte. Aber die Experten halten es grundsätzlich für unwahrscheinlich, daß die Bergleute aus dem wesentlich tiefer gelegenen Abbaustreb der Katastrophe entkommen sind. Der Berg ist dort mürbe wie trockener Streuselkuchen. Die kommen für die Bestattung also nicht in Frage. Man vermutet, daß die Deutschen mit ihren Begleitern schon wieder auf der Kavernenebene waren, als das Beben ausbrach.“
Es war Cannon anzusehen, wie er versuchte, Ordnung in sein Bild zu bringen, was sich dort unten zugetragen haben mag. „Aber wo sind sie dann?“
Bassett sackte tiefer in seinen Sessel. „Das wüßte ich auch allzu gern.“ Nach einer Weile fügte er mit leiser Stimme hinzu: „Sie vermuten, daß sie von dem abstürzenden Gestein in die Tiefe gerissen wurden. Man fand einen ihrer Helme. Sie hatten keine Chance.“ Cannon war sichtlich betroffen. Da hatten es die Deutschen offensichtlich fast bis zur Windenstation geschafft, um dort, der Rettung so nah, einen grausamen Tod zu finden!
Sie stierten schweigend vor sich hin, ein jeder erkennbar betroffen angesichts dieses gräßlichen Schicksals. Obwohl Sander ursprüngliches Ziel seiner Aktionen war, verspürte Bassett ein ungutes Gefühl in der Magengegend, je länger er sich mit den letzten Momenten der beiden Deutschen befaßte. Was mögen ihre Gedanken gewesen sein, bevor sie auf so scheußliche Weise diese Welt verließen? Er zerrieb seine Zigarette in einer Ecke des Aschenbechers, nahm die Füße vom Schreibtisch und wuchtete sich aus dem Sessel. „Kommen Sie, gehen wir in den Club!“
Cannons Wurf hatte trotz dieser Nachrichten seine Präzision nicht eingebüßt; zielgenau landete die Dose im Papierkorb. „Wissen die Kameraden auf der anderen Seite des Paradieses von dem Desaster?“
Bassett machte das Licht aus. „Um Gottes Willen! Sander lebt! Dafür werde ich ab sofort sorgen!“ Sie nahmen den Weg zur Treppe.
04. August, 23:20 Uhr Ortszeit; Ziarat-Gebirge, 35km nordwestlich Quettas
„Laß‘ uns eine Pause einlegen! Mir ist schlecht vor Hunger. Ich glaube, der Kreislauf macht nicht mehr mit.“ Sander strauchelte vor Entkräftung.
Der Russe, der voranging, seitdem sie die Windenstation verlassen hatten, fing ihn auf dem abschüssigen Gelände mit Mühe auf. „Wir sollten versuchen, die vor uns liegende Kammlinie zu erreichen, um sehen zu können, ob wir dahinter irgendwo auf Ansiedlungen stoßen.“ Sander war zu geschwächt, sich auf eine Diskussion einzulassen. Mechanisch setzte er, immer wieder stolpernd, Fuß vor Fuß, bemüht, der energischen Gangart des Russen zu folgen.
Es war empfindlich kalt geworden, als sie endlich die Kammlinie erreichten. War das Gelände auf dem Hochplateau bisher eher hügelig, so stürzte vor ihnen der Hang schroff in ein im Mondschatten liegendes, aufgrund der Finsternis nicht einsehbares Tal. Unabhängig von Sanders Befinden wäre unter diesen Gegebenheiten der Marsch ohnehin beendet gewesen. Sie suchten nach einer Stelle, die Ihnen Schutz vor umherstreifenden Schakalen gewährte. Es bot sich eine kleine Terrasse knapp zwei Meter unterhalb der Hangkante an. Nach einem beschwerlichen Abstieg hockten sie dicht beieinander auf dem schmalen Sims, schauten von dort auf die gegenüberliegende Bergwelt, die sich im letzten Mondlicht aus der Dunkelheit des Tales erhob. „Komm, trink etwas! Das hilft über den ärgsten Hunger hinweg!“ Igor drückte Sander die Flasche gegen die Lippen, doch dieser begann nach dem ersten Schluck zu würgen.
Sie ließen sich zurück an die Felswand sinken. Die rasch sich ausbreitende Dunkelheit verriet ihnen, daß irgendwo in ihrem Rücken der Mond unterging. Nun spendeten nur noch die Sterne ihr spärliches Licht. Sander schnaufte tief, bevor er
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