Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Fanal des Selbstmordattentats ist Teil der perfiden Strategie.“
Sander sah erschrocken zu dem Russen hinüber. Seine Stimme vibrierte vor Erregung. „Die sind krank, wahnsinnig! Das ist doch kein Dschihad, das hat doch nichts mit der Verteidigung religiöser Überzeugungen zu tun! Und vor allem – wieso gibt sich dieser britische Maskenträger für derartige Wahnsinnstaten her?“
Igors Stimme nahm eine Klangfarbe an, die Sander irritierte. Der Russe schien ungeduldig, irgendwie gereizt. Wie oft sollte er das noch erklären? „Ich deutete es unten im Berg bereits an: Es geht hier nicht um den Krieg fanatischer Islamisten gegen die Ungläubigen! Der Dschihad ist Tarnung eines weltumspannenden Komplotts, zugleich Vehikel, willfährige Fußtruppen zu mobilisieren. Das tatsächliche Ziel ist die Auslösung von Massenhysterie, von Chaos, die Aufhebung der öffentlichen Ordnung, letztendlich die Handlungsunfähigkeit der führenden Industriestaaten, das alles in globalem Maßstab! Vor diesem Hintergrund sollen die erpresserischen Ziele eines zu allem entschlossenen mörderischen Netzwerkes durchgesetzt werden. Nicht irgendeine Ideologie steckt dahinter, schon gar keine Religion, sondern schiere Gier in ihrer abscheulichsten Form!“
Sie saßen noch eine Weile schweigend nebeneinander, zu deprimiert, um den sternenklaren Nachthimmel auf sich einwirken zu lassen. Irgendwann fielen sie in Schlaf.
05. August, 08:30 Uhr Ortszeit; Seepromenade, Clifton, Karatschi
Bassett saß auf der hüfthohen Mauer und schaute sich scheinbar interessiert das flanierende Publikum an. Er hatte Abdul schon von weitem erkannt. Dessen Bewegungsart hatte etwas Geschmeidiges, Katzenhaftes. Schon im Hindukusch hatte er das bewundert. Bassett erhob sich rechtzeitig, bevor Abdul ihn erreichte. Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander, bis Bassett das Wort ergriff. „Was wolltest du mir mitteilen? Wenn du mich hier triffst, muß es schon wichtig sein! Also spann mich nicht auf die Folter! Denk an mein Alter!“
Abdul grinste. Sie nahmen eine Treppe hinunter zum Strand. „Unsere Leute waren heute nacht in der Mine. In der Kaverne lugte unter dem Schutt eine Lederschürze hervor. Als sie das Geröll forträumten, fanden sie die Fragmente zweier Akkus und Teile von Atropinspritzen, beides aus Armeebeständen. Hast du das mitbekommen – Atropinspritzen!“
Abdul sah Bassett herausfordernd an. „Natürlich habe ich das mitbekommen. Mir schwant Böses. Wo, zum Teufel, kommen die her, und was hat das zu bedeuten? Ist doch etwas dran an diesem Gerücht, daß der Berg ein Geheimnis hütet?“
„Ich fürchte, ja!“ Abdul beobachtete Bassetts Reaktion. Dessen linke Augenbraue hatte sich in solchem Maße in die Höhe gezogen, daß sie wie eine Sichel einen weiten Bogen um ihren angestammten Platz zog. Bassetts Gesicht hatte in diesem Moment etwas Vogelartiges. Abdul, voller Genugtuung angesichts dieser Reaktion, fuhr mit leiser Stimme fort: „Es ist nämlich noch etwas passiert! Heute früh wurde von Unbekannten der Aufzugschacht gesprengt! Er ist nun definitiv nicht mehr passierbar. Doch es kommt noch besser! Als unsere Leute daraufhin die alte Zeichnung aus dem Schulungsraum holen wollten, war diese verschwunden. Irgend jemand muß sie kurz zuvor kassiert haben. Und nun kommt es ganz dick! Üblicherweise sind Mutterkopien der Lagepläne der unter englischer Regie betriebenen Minen im Ministry of Petroleum and Natural Resources archiviert ...“
Bassett fiel ihm ins Wort: „Sag bloß, die Mutterkopie ist auch verschwunden!“
„So ist es! Und was sagt uns das?“
Bassett brauchte nicht zu überlegen. „Es gibt im Berg tatsächlich etwas zu verbergen! Und der Einfluß der Gesellen reicht bis in die Ministerialbürokratie. Wir haben es offensichtlich mit einer riesengroßen Schweinerei zu tun!“
Sie folgten, ein jeder in Gedanken versunken, dem Verlauf der Promenade. Von See hauchte feuchtschwül eine kaum merkliche Brise, die schon zu dieser frühen Tageszeit Bassett den Schweiß aus den Poren trieb. Nur Abdul schien dieses Klima nichts auszumachen. Bassett blieb abrupt stehen. „Gibt es einen anderen Zugang in die Mine?“
„Unsere Leute prüfen das. Sie haben aber wenig Hoffnung, da sämtliche Zugänge der Siddiqi-Mine blockiert sind und niemand weiß, auf welcher Länge dies der Fall ist, vor allem aber, wie sich das Deckgebirge verhält, sollten die Stollen geräumt werden. Angesichts der durch die Explosion
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