Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Wagen, umkurvte mit drei langen Sätzen die Motorhaube und riß die Fahrertür auf. Ein blutjunges Gesicht starrte ihn angsterfüllt an. Igor wußte in diesem Moment, daß sie eine Chance hatten. Während er mit der Rechten den Zündschlüssel abzog, ergriff seine Linke den Fahrer beim Hemdkragen. Außer Atem zog er den jungen Burschen zu sich heraus. „Paß auf! … Du tust, was ich … von dir verlange! Solltest du … versuchen, mich … zu hintergehen, werde ich … dich töten. Ist das klar?“ Der Jüngling nickte, die weit geöffneten Augen verrieten panische Angst. „Siehst du meinen Partner … dort am Boden liegen? … Er ist verletzt, braucht Hilfe. … Dorthin werden wir jetzt fahren … ihn aufnehmen. … Wo ist dein Haus?“
Der Fahrer zitterte. Der Russe lockerte seinen Griff, ließ ihn sich aufrichten. „Zehn Kilometer von hier.“ Die Stimme verriet Todesangst.
Igor erkannte, daß der Fahrer ihm keine Probleme bereiten würde. Jetzt käme es darauf an, ihn zu einem Vertrauten zu machen. Er ließ ihn los. „Wer lebt noch im Haus?“
Der junge Mann atmete stoßweise, der Schock saß offensichtlich tief. „Das Haus gehört dem GSP. Momentan wohne ich dort alleine.“
Igor nahm mit Genugtuung die Auskunftswilligkeit zur Kenntnis. „Wer ist GSP und was heißt ‚momentan‘?"
Der Fahrer schien sich ein wenig zu beruhigen. Solange gesprochen wurde, wurde nicht getötet. „GSP ist das Kürzel für Geological Survey of Pakistan. Ich studiere in den USA Geologie und Lagerstättenkunde, hospitiere hier als Praktikant. Die Stammbesatzung kehrt erst in der kommenden Woche aus Islamabad zurück.“
„Du bist Amerikaner?"
„Nein, Pakistaner.“
Igor strich ihm beruhigend über den wuscheligen Hinterkopf. „Hab keine Angst! Wir schaffen das gemeinsam! Steig aus! Du schiebst.“
Eine halbe Stunde später fuhren sie die Serpentinen zu dem langgestreckten Gebäude hoch, das schon aus mehreren Kilometern als weißer Fleck vor dem gewohnt tristen Gebirgshintergrund erkennbar war. Auf der Hinterbank gab Sanders Stöhnen zu erkennen, daß er zumindest lebte. Jede Bodenwelle schien ihm Schmerzen zu bereiten. Es waren noch gut 100 Meter bis zu dem in den Hang hinein gebauten Komplex, als sie einen Posten erreichten. Nach kurzem Blick auf das Kennzeichen hob dieser die Schranke und salutierte lässig. „Keine Angst! Hier fahren ständig andere Personen ein und aus. Die Posten achten nur auf die Kennzeichen der hier angemeldeten GSP-Fahrzeuge. Alle anderen werden eingehend kontrolliert.“ Es war der erste umfassende Kommentar, den der junge Mann am Steuer sprach. Igor nickte. Der Wagen rollte vor dem Haupteingang aus. Der Fahrer beugte sich zu dem Russen hinüber und reichte ihm die Hand. „Ich heiße Aamir, Sir.“ Er schien bemüht, die Spannung aus der unvorhergesehenen Begegnung zu nehmen, sah darin wohl seine einzige Chance, ungeschoren davon zu kommen.
Igor hatte dies natürlich erkannt. Sollten sie tatsächlich Glück gehabt haben? Er lächelte. „Ich bin Igor. Der hinter mir heißt Horst. Ich glaube, wir sind Ihnen einige Erklärungen schuldig, aber bringen wir erst einmal den Kollegen ins Haus!“ Igor wußte, daß die jetzt auf sie zukommende Phase vorentscheidend für den Erfolg ihrer Flucht war. Ohne fremde Hilfe würden sie dieses Land nicht verlassen können.
Sie legten Sander in der Halle auf eine Ledercouch. „Haben Sie Fladenbrot?“
„Natürlich! Aber wollen Sie nichts Vernünftiges essen? Wir haben alles im Haus. Ich grille Ihnen eine Lammkeule oder ein Huhn!“
Igor dankte, bestand jedoch auf Brot, nichts als Wasser und Brot. „Ich weiß nicht, wie lange er nichts gegessen hat. Jedenfalls wesentlich länger als ich. Und ich würde schon keine andere Mahlzeit als trockenes Brot vertragen. Laßt uns so beginnen! Vielleicht schaffen wir morgen Ihre Lammkeule.“ Sie waren in ihr Gespräch vertieft und bemerkten nicht, daß Sander sich ein wenig aufgerichtet hatte. Sie fuhren gehörig zusammen, als in ihrem Rücken dessen Stimme, kräftiger, als man dies hätte erwarten können, ihre Unterhaltung barsch unterbrach: „Brot und Dusche, wenn ich bitten darf!“ Erschrocken fuhren sie herum. Igor starrte überrascht zu dem Deutschen hinüber, unfähig, einen Kommentar abzugeben.
Es war Aamir, der das Wort ergriff: „Ich werde Brot holen.“ Er machte kehrt und ging in einen Nebenraum. „Komm, hilf mir auf die Beine!“ Sander hatte sich soweit aufgestützt, wie dies die Länge
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