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Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Titel: Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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prallte rücklings hart gegen den Fels, glitt an diesem langsam zu Boden, bis er die vorherige Sitzposition wieder einnahm. Der Russe sprang hinzu. „Vorsicht! Das geht hier gut 400 Meter steil bergab, da gibt‘s kein Halten, wenn du einmal ins Gleiten kommst! Ich steige voraus ab, rücklings auf allen Vieren. Wenn ich dich rufe, kommst du mir auf demselben Weg nach. Stürze ich ab, nimmst du einen anderen.“ Igor grinste zur Untermalung seines Galgenhumors. „Ich möchte, daß du dann Natascha eine Karte schickst. Den Text kennst du ja schon, hast ihn in letzter Zeit sicherlich schon zigmal entworfen.“ Sander verzog seine Mine zu einem säuerlichen Lächeln. ‚Der Kerl scherzt und weiß gar nicht, wie nahe er der Realität ist!‘
    Was Sanders bisheriges Leben kennzeichnete, war sein eiserner Wille. Auch dieses Mal half er ihm, die Schwäche seines ausgezehrten Körpers zeitweise vergessen zu machen, um sich – stets dicht oberhalb des Russen – Meter um Meter den Steilhang hinunterzuquälen. Erschwerend kam hinzu, daß die spärliche Vegetation kaum Halt bot. Sie bereuten längst, im Windenhaus die beiden Handschuhe achtlos zur Seite geworfen zu haben. Die blutigen Hände schmerzten bei jedem Abstützen, festes Zugreifen war kaum mehr möglich. Entsprechend litt ihre Standfestigkeit. Die Wahrung des Gleichgewichts bei eher rutschender denn herabsteigender Gangart fiel ihnen zunehmend schwerer. Jedes Ausbalancieren zehrte wiederum an den wenigen verbliebenen Kraftreserven. Sander fühlte sich elend. Wäre da nicht dieser Wille, er hätte sich, um der Qual ein Ende zu setzen, längst in die Tiefe gleiten lassen.
    Endlich sahen sie Abschnitte einer unbefestigten Piste unter sich. Sander registrierte sie nur unterbewußt. Er bemerkte, wie sein Körper mit jeder Anstrengung kraftloser wurde. Sie befanden sich nur noch wenige Meter oberhalb der Fahrbahn, da passierte es. Sander setzte gerade seinen Fuß auf die vom Wind freigelegte Wurzel eines kümmerlichen, unansehnlich verdorrten Strauches, als ihm plötzlich schwarz vor Augen wurde. Er hörte sich noch ‚Igor‘ rufen, spürte auch noch, wie er den Halt verlor, dann endete alle Wahrnehmung. Der Russe, aufgeschreckt durch Sanders Ruf, blickte zu ihm auf, doch es war zu spät. Sander – den linken Fuß im Wurzelwerk verheddert – war gestürzt und drehte sich immer weiter talwärts, bis er fast parallel zum Hanggefälle lag. Erst jetzt gab die Wurzel den Fuß frei. Sander rutschte, in Rückenlage den Kopf voraus, den Hang hinunter. Der Russe versuchte, ihn am Bein zu ergreifen. Tatsächlich bekam er den Stoff der Montur einen Moment zu fassen, doch aufhalten konnte er Sanders immer rascher werdende Talfahrt nicht. Dieser drehte sich vielmehr weiter ins Tal und schoß, den Kopf noch immer voraus, auf den Bergüberhang oberhalb der Piste zu. Der Russe sah als letztes Sanders Beine in die Höhe schnellen, schon war er aus seinem Gesichtsfeld verschwunden. Ein dumpfer Aufprall, kurzes Rieseln noch, dann herrschte Stille. Erbarmungslose Stille.
    Der Russe lehnte, starr vor Schreck, am Hang. Es dauerte einen Moment, bis er begriff, was sich da gerade vor seinen Augen abgespielt hatte. „Horst!“ Sein Schrei hallte vom gegenüberliegenden Hang wider. „Horst!“ Er achtete nicht auf seine Sicherheit, rutschte auf Fersen, Hintern und Rücken ungebremst den Hang hinunter. Er sah den Überhang kommen, doch es gab keinerlei Mittel, den Sturz auf die Fahrbahn zu verhindern. Er spürte den Schlag im Kreuz, als er über die Kante in die Tiefe stürzte. Nahezu drei Meter betrug der freie Fall, dann schlug er hart auf der ausgefahrenen, brettharten Piste auf. Der Aufprall nahm ihm einen Augenblick den Atem, doch ungeachtet der Schmerzen rappelte er sich auf. ‚Lebt Horst?‘ Zu einem anderen Gedanken war er in diesem Moment nicht fähig. Er schaute sich um, sah seinen Gefährten unterhalb des Überhangs reglos am Boden liegen.
    „Horst! Los, wach auf!“ Der Russe kniete im Staub, den Oberkörper über Sander gebeugt drehte er ihn in Seitenlage, wie er es in seiner Militärzeit hundertfach praktiziert hatte. Er suchte in Sanders Montur nach dessen Wasserflasche. Igor spürte die Nässe, als er sie hervorzog. Sie hatte den Sturz nicht unbeschadet überstanden, verlor aus einem Riß beständig Wasser. Der Russe schraubte den Verschluß ab und leerte die Flasche über Sanders Gesicht. Es verging ein kurzer Augenblick, dann öffnete dieser die Augen. Fragend, fast

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