Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
seine Lippen stumm die Zahlen formten. Nach exakt sieben Sekunden meldete sich am anderen Ende eine Stimme, Verkörperung perfektester britischer Phonetik: „Die Welt ...“ Bidram erkannte sie sofort. Ein merklicher Ruck ging durch seinen Körper. „... ist voller Wunder.“ ergänzte er die codierte Eröffnung.
Dieses Prozedere signalisierte ihm, daß er wichtige Anweisungen zu erwarten hatte. Bidram griff nach Stift und Papier, hangelte mit dem Fuß nach dem weit vom Tisch abgerückten Bürostuhl. Er sah gestreßt aus. Seine Stimme verriet Nervosität. „Ich höre.“
„Sind Sie‘s, Bidram?“
„Ja.“
„Ich bin hier im Wellness-Bereich und habe keine Uhr. Wie viel Uhr ist es jetzt bei Ihnen?“
„Zwanzig nach vier nachmittags, Sir.“
„Gut, dann sollte das, was ich Ihnen jetzt sage, noch heute in die Wege geleitet werden. Haben Sie etwas zum Schreiben?“
„Ja, Sir.“
„Sie vergessen zu viel, Bidram! Darum meine Frage!“
„Ich weiß, Sir.“ Bidram war deutlich anzumerken, daß er diese Art der Gesprächseröffnung haßte. Warum mußten die überheblichen Europäer einen immer kränken? Wer gab ihnen das Recht dazu? Er lehnte sich zurück. Ostentativ schob er den Block weit von sich.
„Wo ist Taheri?“ fragte die Stimme.
„In Islamabad, im Marriott. Er erwartet dort einen Führer der Mudschahidin.“
„Das trifft sich gut. Wann spricht er mit dem Amerikaner?“
„Morgen abend.“
„Ausgezeichnet! Sie rufen gleich Taheri an. Er soll dem Amerikaner einen Deal anbieten. Tritt der Yankee Beweis an, daß zumindest einer der Deutschen lebt und liefert er ihn uns aus, bieten wir ihm 4 Millionen US Dollar sowie freies Geleit an einen Ort seiner Wahl. Am Samstag käme ein Abgesandter der Organisation, um die Details auszuhandeln. Haben Sie das verstanden?“
„Klar hab‘ ich das! Sie können die Deutschen haben, aber der Amerikaner gehört uns! Niemand tötet ungesühnt unsere Kämpfer! Freies Geleit werden wir niemals gewähren!“
„Nun warten Sie‘s doch ab! Die Deutschen sind tot! Das ist eine Finte! Taheri soll die Begegnung mit dem Mudschahidin nutzen. Er soll ihm sagen, daß der Amerikaner, der ihnen das angetan hat, sich am Samstag mit euch trifft. Wo, das ist eure Angelegenheit. Die Zeit stimmt ihr untereinander ab, sobald Taheri mit dem Amerikaner gesprochen hat. Taheri soll dem Mudschahidin sagen, daß der Amerikaner nach Verlassen eures Büros ihnen gehört.“
„Bei uns können die nichts machen – die Gassen zu eng, keine Fluchtwege, Polizei in der Nähe.“
„Dann sucht einen anderen Platz! Oder laßt sie ins Gebäude. Sollen sie es dort erledigen! Es muß dann allerdings aussehen wie ein Überfall. Am besten, Ihr alarmiert hinterher die Polizei. Der Amerikaner darf den Sonntag keinesfalls erleben! Ist das klar?“
„Ja, Sir. Sie glauben gar nicht, wie sehr ich den letzten Punkt Ihrer Anordnung schätze! Aber was ist, wenn er nicht auf das Angebot eingeht?“
„Dann soll Taheri den Preis erhöhen, ganz gleich, wie hoch – wir zahlen ja nicht. Der Amerikaner muß am Samstag nach Peshawar kommen, egal, wie Taheri das zuwege bringt! Sagen Sie ihm das!“
„Mach‘ ich, Sir.“
„Die Sache bleibt unter uns! Nur Sie, Taheri und ich wissen davon. Höre ich darüber von dritter Seite, könnt nur ihr geredet haben. Die Konsequenzen muß ich Ihnen nicht erläutern.“ Es knackte in der Leitung. Das Gespräch war beendet. Bidram behielt den Hörer in der Hand, blätterte in seinem Notizbuch und wählte die Nummer des Marriott Islamabad. Die Rezeption meldete sich.
„Verbinden Sie mich mit Ahmad Taheri, Zimmer 412!“ Bidram wartete mit erkennbarer Ungeduld. „Nicht da? Dann schreiben Sie ihm eine Message! Er soll umgehend Mehdi in Peshawar anrufen. Es gäbe Anordnungen von TM. Haben Sie das? T, M … ja, nur die Buchstaben. Er weiß Bescheid.“ Bidram legte auf. Ein breites Feixen legte sich über sein Gesicht. Samstag würde ein Freudentag werden, soviel stand fest.
08. August, 14:00 Uhr Ortszeit; Lobby des Pearl Continental Hotels, Karatschi
Bassett stand hinter dem Schaukasten des Restaurants. Von hier aus konnte er die Sitzgruppen in der Lobby beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Taheri wartete vor einer Sitzgruppe, schaute sich suchend um. Schließlich setzte er sich. Er war offensichtlich allein gekommen. Bassett verharrte noch einen Moment, dann ging er zu ihm hinüber. Taheri sah ihn erst, als er nur noch wenige Schritte entfernt war.
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