Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
in schmalen Streifen über die Ohren zu ziehen, sollte ich die Dokumente und deinen Steckbrief ins Internet stellen. Und die willst du alle überzeugen? Sollen wir‘s auf den Versuch ankommen lassen? Jetzt gleich?“
Taheri starrte ihn aus ausdruckslosen Augen an. Bassett sah sich nah am Ziel. Er gab Taheri Zeit, die vermeintliche Aussichtslosigkeit seiner Situation zu erkennen. Es kam jetzt darauf an, daß dieser die Dinge begriff, die er ihm mitzuteilen hatte, denn von der Qualität der Weitergabe hing eine Menge ab, im widrigsten Falle sein Leben. „Also, wann will man mir den Deal vorschlagen, wer wird dies tun und wo soll das Treffen stattfinden?“
Taheri schien beinahe froh, daß das Gespräch eine Wendung zur Sachlichkeit erfuhr. Trotzig sah er Bassett an. Seine Stimme klang nun merklich kühler. „Die Organisation erwartet zunächst einen Beweis von dir, daß die Deutschen noch leben. Du willst Sander, wir wollen Sander. Also beschränken wir uns auf Sander. Kein Beweis, kein Deal; das ist die Regel. Also, was kannst du bieten?“
Mit der Forderung eines Nachweises hatte Bassett schon lange gerechnet. Er hatte sich immer wieder den Kopf zermartert, wie er sich argumentativ aus der Affäre ziehen könnte, sollte ihm diese Frage gestellt werden. Glücklicherweise hatte Abdul ihm eine Reihe brauchbarer Erkenntnisse in die Hände gespielt. Jetzt kam es darauf an, Fakten und Hypothesen so geschickt zu vermengen, daß die Übergänge nicht erkennbar würden. „Manchmal verstehe ich nicht, wie ihr an die Dinge herangeht. Auch ihr hättet Sander haben können, aber ihr könnt die Zeichen weder lesen noch interpretieren. Das ist eure Krux, und darum braucht ihr mich.“
Taheris Vorrat an Geduld war längst erschöpft. „Komm zur Sache, Amerikaner!“
Bassett blickte ihn geringschätzig an. „Na, was habt ihr denn bisher über das Verschwinden der Deutschen in Erfahrung gebracht?“
Taheri grinste süffisant. „Wir haben denselben Kenntnisstand, wie die im Ministerium! Das dürfte schwer zu toppen sein.“
Bassett tat, als wäre diese Offenbarung für ihn das Alltäglichste der Welt. „Du bist doch intelligenter als deine Mitstreiter oder die Bürokraten in den Ministerien. Streng du dich doch wenigstens an! Ich liste mal die Fakten auf, nur die wirklich wesentlichen, die Aufschluß darüber geben, daß Sander lebt: Der blockierte Aufzugschacht war plötzlich frei. An einer Schiene zwanzig Meter unterhalb der Windenstation hingen zwei Wurfanker, jeweils mit Seilresten, die vor dem Abgang der Steinlawine dort angebracht worden sein müssen. In einem Fluchttunnel lagen Staubmasken, eine Handlampe unbekannter Herkunft und eine geleerte Wasserflasche, ebenfalls unbekannter Herkunft. Die in der Kaverne verunglückten Bergleute wurden bestattet! In der Nähe wurden Akkus gefunden, passend zu der Handlampe, sowie eine Lederschürze mit weiteren Wasserflaschen, alles unbekannter Herkunft. Ferner wurden dort Atropinspritzen gefunden – Atropinspritzen, hörst du! –, ebenfalls unbekannter Herkunft. Auf der Geröllhalde der abgegangenen Steinlawine fand man einen Besucherhelm, wie ihn die Deutschen trugen. Soweit die Fakten im Berg. Besonders aufschlußreich sind aber die Fundstücke außerhalb des Berges! In der Windenstation fand man eine zweite Handlampe desselben Typs. Das allein für sich ist schon faszinierend – eine im Bergwerk und eine außerhalb! Glaubst Du, daß Sander mit beiden Lampen so weit kroch? Ist es nicht viel eher wahrscheinlich, daß zwei Personen aus dem Berg entkommen sind? Abgesehen von der Handlampe fand man in der Windenstation ein Paar Handschuhe, exakt die Handschuhe, wie sie die Bergleute dort tragen und wie sie an die Deutschen ausgehändigt wurden! Kannst du noch folgen?“
Taheri nickte. Bassett fuhr fort: „Wir haben also zwei Handlampen und nur ein Paar Handschuhe, obwohl beide Deutsche jeweils Handschuhe ausgehändigt bekamen. Merk dir das, das ist wichtig! Die Handschuhe waren im Innern blutverschmiert. Sie waren noch halbwegs intakt, jedenfalls nicht perforiert, aber sie waren innen mit Blut verschmiert! Was sagt uns das?“
Taheri war überfordert. Hilflos zuckte er die Schultern.
„Mein Gott! Das sagt uns, daß die Handschuhe über blutende Hände gestreift wurden! Blutige Hände holt man sich, wenn man längere Strecken mit bloßen Händen über scharfkantiges Gestein kriecht. Jeder vernünftige Mensch zieht sich Handschuhe vorher an – wenn er denn welche hat!
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