Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

nach Lage der Dinge davon auszugehen, daß nicht nur pakistanische Führungsstrukturen, sondern auch solche anderer Länder in dieses Komplott verstrickt sind. Das Fatale an der Sache ist: Wir wissen nicht, wer dahinter steckt, welches Ziel verfolgt wird, wann und wo sie zuschlagen, welcher Art die jeweiligen Attacken sein werden. Wir gründen unser Szenario auf wenige Fakten, überwiegend jedoch auf Mutmaßungen. Angesichts der Fakten müssen wir davon ausgehen, daß wir nur zwei Hebel haben, das Syndikat anzugreifen: Wir müssen in Erfahrung bringen, was da im Berg vonstatten ging, insbesondere aber den Status der Angriffsvorbereitung, und wir müssen wissen, wer die strategischen und logistischen Entscheidungen trifft. Mit anderen Worten: Wir müssen Art und Ort des Angriffs sowie den Kopf des Netzwerks auskundschaften, und das verdammt rasch!“
    Bassett schaute in die Runde, griff nach der Zigarettenpackung. Er war verliebt in Logik und Präzision. Seine Ausführungen bedurften diesbezüglich keinerlei Vorbereitung. Er dachte so präzise, wie er über komplexe Sachverhalte frei referierte. Allerdings schien die vor ihnen liegende Aufgabe alles bisherige an Komplexität in den Schatten zu stellen. Zufrieden registrierte er das konzentrierte Interesse seiner Zuhörerschaft. Er blies einen ersten Qualmkringel in das noch relativ unbelastete Mikroklima seines Büros und schaute diesem gedankenverloren nach. „Machen wir weiter! Welche Instrumente haben wir, dieses Ziel zu erreichen?“ Er tat, als hätte er damit gerechnet, daß Cannon oder Abdul sich zu dieser Frage äußerten. Mit gespielter Enttäuschung fuhr er fort: „Ich stelle fest, ihr seid auch nicht schlauer als ich. Mit den Instrumenten sieht es noch erschreckend mager aus. Das einzig aktuell nutzbare Werkzeug ist Taheri. Wie ihr wißt, habe ich den ‚verkabelt‘. Er trägt einen Mikrochip in sich, der uns Aufschluß über seinen jeweiligen Aufenthalt gibt. Das Problem ist, daß es sich um einen Passivchip handelt, der seinen Code nur reflektiert, wenn er vom GPS erfaßt wird. Das funktioniert nicht in Faradayschen Käfigen, zum Beispiel in Autos, Eisenbahnen oder Flugzeugen. Reist Taheri, sind wir blind. Wir müssen also wissen, wann und wo wir nach ihm suchen müssen. Der Chip führt uns nicht zu ihm, er sagt uns nur, wo Taheri sich gerade befindet, das allerdings mit erfreulicher Präzision ...“
    Cannon unterbrach ihn mit unverhohlener Neugier: „Was heißt das? Auf wie viel Meter genau?“
    Bassett hatte die Frage befürchtet, denn das konnte bei einem Zugriff entscheidend sein. „Ich weiß es selbst nicht. Man rückte mit der Angabe nicht heraus, sagte aber, daß es innerhalb der Hörweite eines normal geführten Gesprächs sei.“ Cannon und Abdul nickten zufrieden. Sie hatten beide dieselbe Lage vor Augen.
    Bassett drückte die Zigarette aus. „Ich komme auf die Instrumente zurück. Taheri alleine reicht nicht, ist auch ein zu hohes Risiko. Ich habe ihn momentan zwar unter Kontrolle ..." Er stockte und warf einen dankbaren Blick hinüber zu Abdul. „… übrigens, Deine Informationen haben bei ihm eingeschlagen, wie eine Bombe! Ich bin sicher, er wird funktionieren. Dennoch bleibt er ein Risiko, nicht, daß er uns gefährlich würde, eher sich selbst. Er ist zu impulsiv, hat sich nicht unter Kontrolle und aus meiner Sicht nur eine begrenzte Halbwertzeit in der Janus-Organisation. Bringen sie ihn um – das kann schon morgen passieren –, wird mein kostbarer Chip mit ihm verscharrt, und wir stehen wieder am Anfang!“ Bassett schaute erneut in die Runde, um sicher zu gehen, daß die Aufgabenstellung – die Entwicklung zusätzlicher ‚Instrumente‘ – jedem bewußt war.
    „Wieso ist Taheri so aufgeladen? Kann man da nicht den Hebel ansetzen?“ Es war erneut Cannon, der die Frage in den Ring warf.
    „Was glaubst du wohl, unter welcher Hochspannung du stündest, wenn sie dir dein Haus zusammenbomben, daß du nachher nicht den Schutt von den Überresten deiner Familie unterscheiden kannst!“ Erst jetzt bemerkte Bassett, daß Cannons Gesicht tiefrot anlief. ‚Shit! Genau das war Cannon im World Trade Center passiert! Wie konnte ich das vergessen!‘ „Sorry, John, hab‘ in diesem Moment nicht daran gedacht. Verzeihen Sie mir!“
    Cannons Gesichtsfarbe normalisierte sich. „Schon gut, es kam unerwartet. Machen Sie weiter!“
    Bassett nickte erleichtert. „Wir müssen also zusätzliche Instrumente entwickeln. Ich sehe momentan zwei