Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
unerbittlich der Null näherte. Es half nicht, sie mußten tanken, bevor sie Islamabad erreichten. Würden die Verfolger die Gelegenheit nutzen, sie anzugreifen? Sicherlich würden sie das! Aamirs Schwager hatte ihnen eine Jagdwaffe mitgegen, ein Repetiergewehr mit 20 Schuß Munition. Ein Repetiergewehr gegen Maschinenpistolen? Natürlich hatten die Typen Maschinenpistolen, das Äußere ihres Fahrzeugs, auch ihr Verhalten ließ gar keinen anderen Schluß zu!
„Ich hab‘ auf der Ladefläche zwei 20 Liter-Kanister.“ Es schien, als hätte Aamir ihre Gedanken erraten. „Wenn wir Glück haben, können wir es aber auch bis zur nächsten Tankstelle schaffen. Dort wäre es vermutlich sicherer. Was meint ihr?“
Sander blickte kurz über die Schulter, um Igors Ansicht zu erkunden. Doch der schwieg, blickte unverwandt nach hinten. Dem Russen schien inzwischen alles gleichgültig. Er war der einzige, der die drohende Gefahr seit Stunden im Blick hatte. Er hatte sich seine Meinung gebildet, und diese Meinung bedeutete ‚keine Chance‘. Da war es egal, wo man tankte. Sander erkannte die Aussichtslosigkeit seines Bemühens, drehte sich wieder nach vorn, wies mit der Rechten auf die Tankanzeige. „Hat die keine Reserveleuchte?“
„Doch. Ist kaputt.“
„Scheiße! Du kennst die Karre: Schaffst du’s bis zur Tankstelle?“
Aamir nickte. „Wenn nichts dazwischen kommt, sollte es reichen. Wir fahren ja nur 50, höchstens mal 60.“
„Dann sollten wir es auf alle Fälle versuchen. Es ist dort sicherer als hier in der Steppe. Es könnte allerdings sein, daß sie nur unser Ziel in Erfahrung bringen wollen. Dann hätten wir zumindest eine Chance, aber wir können uns nicht darauf verlassen. Fahren wir also zur Tankstelle! Greifen sie uns dort nicht an, dann schaffen wir‘s auch bis Islamabad. Dort sehe ich eine Möglichkeit, ihnen durch die Lappen zu gehen. Nur dort!“
Aamir nickte. Spontan änderte er die Fahrweise. Er fuhr möglichst ohne Lastwechsel, egal, wie dicht die Verfolger aufrückten. So ging es mit unerträglicher Langsamkeit, Kilometer um Kilometer, der Tankstelle entgegen, den zitternden Zeiger der Tankuhr ständig im Blick. „Merken Sie was? Die überholen nicht!“ Aamir schaute kurz zu Sander hinüber, schien zufrieden, als der Deutsche seine Beobachtung durch kurzes Nicken bestätigte. Es beruhigte ihn ein wenig, erkannt zu haben, daß Sander auf seiner Seite unverwandt den Rückspiegel im Auge hatte, auch er die Verfolger beobachtete.
Endlich tauchte zu ihrer Linken das Hinweisschild auf die Tankstelle auf. „Da ist sie.“ Mehr sagte Aamir nicht, aber auch diese drei Worte verrieten seine Anspannung. Sander und der Russe verzichteten auf die Antwort, was hätten sie auch sagen sollen? Die nächsten Minuten würden möglicherweise über ihr Schicksal entscheiden. Da verspürte man keine Lust zu Floskeln.
Aamir riß im letzten Moment den Pick-up nach links, nahm ungebremst, auf dem kiesigen Untergrund heftig schlingernd, die Zufahrt zu den Zapfsäulen. Ihre Blicke jagten nach rechts. Was tat das Ungetüm? Offensichtlich hatte Aamirs unvorhersehbares Manöver dessen Fahrer überrascht, jedenfalls hatte er die Zufahrt zur Tankstelle verpaßt, passierte nun im Leerlauf – mit unüberhörbarem Big Block-Geblubber – die Tankstelle, um jenseits der nächsten Zufahrt am Straßenrand anzuhalten. Kein Zweifel, die warteten! Die waren sich ihrer Sache absolut sicher, gaben sich nicht die geringste Mühe, ihre Absicht zu verbergen.
„Aamir, Sie bleiben am Steuer! Ich tanke.“ Sander schaute nach hinten. „Igor, steig aus und nimm Aamirs Handy. Tu‘ so, als würdest du telefonieren, als würdest du jemandem das Kennzeichen durchgeben. Vielleicht hilft’s. Uns bleibt nur der Bluff.“ Als er ausstieg, hörte er das sonore Gebrabbel des Achtzylinders. Die warteten dort seelenruhig auf das Ende des Tankens. Die Jagd war noch nicht beendet! Was, zum Teufel, hatten die Kerle vor?
11. August, 21:33 Uhr Ortszeit; eine Doppelhaushälfte in Aachen-Laurensberg
Nawaz Khan starrte auf den Brief. Es war der dritte Entwurf. Er hatte es nicht gewagt, Alexandra anzurufen. Wie würde sie reagieren, wenn sie am Telefon erführe, daß ihr totgesagter Mann lebte? Horst hatte ihn eindringlich gebeten, zu niemandem ein Wort zu sagen. Es ginge um Leben oder Tod! Galt das auch für seine Frau? Durfte er auch ihr nichts sagen? Alexandra trauerte!
Dennoch hatte er beschlossen, sie nicht anzurufen. Das Risiko
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