Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
wartete, bis Sander wieder Platz genommen und den Kalender unter dem 27. Juli aufgeschlagen hatte. „Können wir weitermachen?“ Zustimmendes Nicken. „Ich komme zum Ablauf. Heute abend, zwanzig Uhr, Dinner mit dem Chief Minister Sindh; zwanglos, kein Programm. Es werden Herren vom Industries, Commerce & Mineral Department anwesend sein, ferner Minister Yusuf und ich. Morgen früh, erfuhr ich von Mr. Shahjahan, haben Sie um zehn Uhr ein Gespräch in Ihrem Konsulat. Nach dem Mittagessen werden Sie am Verwaltungsgebäude der SCA abgesetzt. Bitte warten Sie mit dem Aussteigen, bis man Ihnen das Signal dazu gibt!“
Hatte Igbal Khan bisher in seine Notizen geschaut, so sah er jetzt Sander an, um sich zu vergewissern, daß dieser die letzte Anmerkung richtig verstanden hatte. Sander bestätigte mit knappem Nicken. „Thema ist das Thar-Projekt. Sie haben sich freundlicherweise bereit erklärt, zur Lignitvergasung vorzutragen. Aus diesem Grunde nehmen Experten aus Islamabad und Lahore teil. In der SCA stoßen die beiden Herren aus Deutschland hinzu. Sie haben endlich bestätigte Flüge und werden nach dem aktuellen Stand der Dinge rechtzeitig eintreffen. Es handelt sich um den von Ihnen benannten Dipl.-Ing. Weißenfels sowie einen Herrn Franken von der DEG. Der zuletzt Genannte kommt auf Veranlassung Ihrer Regierung, da im Rahmen eines bilateralen Wirtschaftsabkommens die Übereignung in Deutschland freiwerdender gebrauchter Untertageausrüstungen für den Kohlebergbau beabsichtigt ist. Die Transaktion soll über die DEG finanziert werden. Hiermit komme ich zum neu ins Programm genommenen Punkt ‚Grubenbegehung in Belutschistan‘.“
Khan machte eine vielsagende Pause, um die Wichtigkeit des nun Kommenden hervorzuheben. „Am 29. fliegen Sie vormittags nach Quetta. Flüge sind gebucht, Mr. Shahjahan hat die Tickets. Sie bekommen VIP-Service mit direktem Zutritt zum Flugfeld. Um das Gepäck brauchen Sie sich nicht zu kümmern, es wird von unseren Leuten von Ihren Zimmern abgeholt. Nur Ihr Handgepäck nehmen Sie bitte selbst mit. Sie reisen in Begleitung von vier Herren, die sich um Ihre Sicherheit kümmern. Ihnen werden keine Fragen gestellt, stellen Sie bitte ebenfalls keine Fragen. Das sollten Sie prinzipiell so handhaben. In Quetta sind Sie im Gästehaus der Provinzregierung untergebracht. Gleich nach Ihrer Ankunft treten Sie in mehreren Fahrzeugen die Fahrt zum Abbaugebiet an. Dieses liegt rund 40 Kilometer nordwestlich von Quetta, inmitten einer unruhigen Region, aktuell eher sehr unruhigen Region. In jedem Fahrzeug befindet sich zu Ihrem Schutz eine bewaffnete Eskorte. Achten Sie auf deren Anweisungen, vor allem, befolgen Sie diese bitte ohne Zögern! Die von Ihnen zu bewertende Sulaiman-Mine befindet sich in einer Gebirgsregion. Der Kohleabbau erfolgt dort auf zwei Ebenen. Der Standard entspricht sicherlich nicht dem, den Sie in Europa gewohnt sind. Es ist ein eher archaisches Bergwerk; sie werden vermutlich überrascht sein. Sie waren doch schon einmal in einem Bergwerk, Dr. Sander?“
„Noch nie! Ich sollte lediglich einen Experten nominieren. Daß ich selbst einfahren soll, erfahre ich jetzt. Ich bin Verfahrenstechniker, kein Bergmann, kann Ihnen also keine große Hilfe sein.“
Khan lächelte verständnisvoll. „Dr. Sander, unsere Leute kennen Sie nun schon seit Mitte der 90er Jahre! Die legen Wert auf Ihren Rat, Ihre Kommentierung. Bisher wurden sie nie enttäuscht. Die würden Sie auch in eine Fahrradfabrik bitten!“ Sander war sich bewußt, er würde übermorgen in eine ‚archaische Grube‘ einfahren, was auch immer sich dahinter verbergen mochte. Es gab kein Entrinnen.
Igbal Khan, sichtlich zufrieden, Sanders angedeuteten Einwand so elegant aus dem Weg geräumt zu haben, fuhr fort: „In dieser Gebirgsregion wird höherwertige, bituminöse Kohle abgebaut, die einzigen erschlossenen Vorkommen Pakistans. Wir haben dieses spezielle Bergwerk gewählt, weil es aufgrund der geologischen Verhältnisse eine ganz besondere Herausforderung darstellt. Sie werden das übermorgen nachvollziehen können. Gelingt Ihnen dort eine Produktionssteigerung, sind die anderen Betriebe ein Kinderspiel. Alles weitere erfahren Sie vor Ort. Das wär‘s, meine Herren.“
Shahjahan packte Kugelschreiber und Block in seine Kollegmappe, Sander schrieb die letzten Worte seiner Notizen, Minister Yusuf steckte die Visitenkarten ein. Allgemeiner Aufbruch deutete sich an, als Igbal Khan die Hand hob. „Moment bitte, beinahe
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