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Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Titel: Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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verstaut, öffnete lautlos die Zimmertür und spähte aus der Deckung der Türnische nach links. Die Posten standen mit dem Rücken ihm zugewandt, die Fahrstuhltüren und das seitlich der Fahrstuhlschächte befindliche Treppenhaus nahmen ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Mit schnellen Schritten überquerte er den Gang. In der Deckung der gegenüberliegenden Nische betätigte er mit einer Magnetkarte problemlos den Schließmechanismus von Sanders Zimmertür. Er trat in den Vorflur, unhörbar schloß sich die Tür hinter ihm.
    Die Orientierung in Sanders Zimmer fiel leicht. Cannon holte zunächst den Laptop aus dem Wäschebeutel, dann schüttete er den Inhalt des Beutels mit gebotener Vorsicht auf den Tisch: USB-Sticks, Datenübertragungskabel, Werkzeug, Klebeband, ein winziges Mikrofon sowie ein Fisheye, eine elektronische Kleinstkamera. Cannon ging zum Vorhang, der in beklemmendem Dunkelbraun schwer zu Boden fiel. Er hangelte nach dem Schreibtischstuhl, kletterte hinauf, darauf bedacht, nicht von unten gesehen zu werden. Aus der Hosentasche kramte er ein schwarzes Kästchen hervor, zog eine filigrane Teleskopantenne heraus und prüfte die Feldstärke. Er nickte zufrieden und befestigte das Mikrofon mit Klebeband hinter der äußersten Vorhangfalte. Es würde auch bei zugezogenem Vorhang unsichtbar bleiben.
    Mit gleicher Routine wurde die elektronische Kamera, von unten unsichtbar, im Raster der Klimaanlagenblende fixiert. Er brauchte keinen Probelauf, zu oft hatte er das schon gemacht. Das Fisheye würde das gesamte Zimmer erfassen. Er stellte den Stuhl zurück und machte sich an Sanders Laptop zu schaffen. Das Gebläsegeräusch verriet, daß er nicht ausgeschaltet war. Ein kurzer Tastentip ließ eine Tabelle auf dem Bildschirm aufleuchten. ‚Na prima, das vereinfacht das Verfahren!‘ Cannon prüfte die belegte Speicherkapazität und beschloß ohne Zögern, nicht die Sticks zu nutzen, sondern die Laptops miteinander zu vernetzen. Seine Finger huschten virtuos über die Tastaturen, der Datentransfer nahm seinen Lauf.
    Als nächstes inspizierte er Sanders Pilotentasche. Lediglich der ledergebundene Terminkalender erregte seine Aufmerksamkeit. Er ließ die Seiten des Kalenders zwischen Daumen und Zeigefinger hindurchsausen, als sei‘s ein Zettelkino. Routiniert stoppte er, blätterte einige Seiten bis zu einer Gesprächsnotiz zurück, zückte das hochauflösende Handy und machte eine Aufnahme. Das alles wiederholte sich etliche Male in einer Atmosphäre äußerster Gelassenheit, ohne jede Aufgeregtheit, während die Gebläse der heftig kommunizierenden Laptops ihr monotones Geräusch verbreiteten.
    Das Handy klingelte. Cannon warf den Terminkalender auf den Schreibtisch. „Missisipi.“
    „Sander hat den Raum verlassen und geht in diesem Moment Richtung Treppenhaus.“
    „OK.“ Cannon wischte mit halbkreisförmiger Unterarmbewegung seine Utensilien in den Wäschebeutel, blickte auf den Sekundenzeiger seiner Uhr. 50 Sekunden würde er haben. Er schaute hinüber zu den Laptops. Der Status des Datentransfers wurde mit 94 Prozent angegeben. Erneuter Blick auf die Uhr. 45 Sekunden noch. Das Balkendigramm schien erstarrt. Cannon fixierte mit stoischem Blick die Anzeige. 96 Prozent! Flüchtiger Blick auf die Uhr: 33 Sekunden noch. Gespanntes Warten. 98 Prozent! Dann – nach einer weiteren Unendlichkeit – die Tonfolge, die die Beendigung des Datentransfers signalisierte! 15 Sekunden blieben ihm noch. Cannon beendete das Programm, zog das Übertragungskabel aus Sanders Laptop, verstaute den seinen mitsamt Kabel in dem Wäschebeutel, ging zur Tür, drehte sich noch einmal um und prüfte mit krauser Stirn den Zustand des Raumes. Er schien zufrieden, öffnete lautlos die Tür und überquerte nach kurzer Vergewisserung den Gang. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie die Posten sich erhoben, Richtung Treppenhaus militärisch grüßten. Rasch öffnete er seine Tür und trat ein. Es war keine Sekunde zu früh. Beim Schließen hörte er Sanders Schritte, gefolgt vom schleifenden Geräusch des sich öffnenden Schließmechanismus der gegenüberliegenden Zimmertür.
    Wenige Augenblicke später trat Sander wieder auf den Flur. Cannon wartete auf die sich entfernenden Schritte, dann öffnete er die Tür. Sander verschwand in diesem Augenblick nach links aus dem Blickfeld, den Terminkalender in seiner Linken. Er hatte nichts bemerkt.
     
     

27. Juli, 14:50 Uhr Ortszeit; Harappa Room, Pearl Continental, Karatschi
    Igbal Khan

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