Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
daß der Angriff gegen 21:15 Uhr erfolgte. Ein weiterer Hinweis ist, daß die Leiche verschwunden ist. Wann, das wissen wir nicht. Womit, wohin – auch das wissen wir nicht.“
Der Oberst stand auf. Er war in hohem Maße unzufrieden. „Ich werde mit Hunden das gesamte Standortgelände absuchen lassen, und wenn dies Wochen dauert. Aber was ist, wenn sie den Leichnam aus dem Gelände herausgeschmuggelt haben? Dann erhebt sich sofort die Frage nach der Uhrzeit. Je mehr wir das Zeitfenster einschränken können, desto effizienter können wir nach den Mittätern fahnden, sei dies bei den Torwachen, den Standortstreifen oder der Fahrbereitschaft. Aber leider weiß unser Kollege nicht, wann Sie vergangene Nacht in der Unterkunft aufgetaucht sind. Also müssen wir für die Festlegung des Zeitfensters den Zeitpunkt zugrundelegen, an dem die MP den Kampfort identifizierte. Laut Report trafen sie erst um 00:20 Uhr dort ein, da die vordringliche Maßnahme in der Verstärkung der Außensicherung bestand. Zu diesem Zeitpunkt war die Leiche bereits verschwunden.“
Der Oberst unterbrach seinen Vortrag, nahm im Stehen einen Schluck Kaffe und schaute zu Sander hinunter. „Laut Ihrer Annahme hat der Kampf nur wenige Minuten gedauert. Nehmen wir an, es seien maximal fünf gewesen. In Kürze wissen wir es genau, wenn uns der Fahrtenschreiber der Rangierlok vorliegt. Wie lange Sie ohnmächtig waren, wissen Sie nicht. Es können ebenfalls etliche Minuten, aber auch nur wenige Sekunden gewesen sein. Als Sie den Ort verließen, lag der Tote noch dort. Das bedeutet, daß die Leiche irgendwann zwischen 21:25 Uhr und 00:20 Uhr vom Kampfort entfernt wurde. Der Nahbereich wurde in einem Umkreis von circa 200 Metern bereits mit Spürhunden abgegangen. Negativ. Es gibt außerhalb des Kampfbereichs keine weitere Blutspur! Also haben sie den Leichnam ingewickelt und vermutlich in einem Fahrzeug abtransportiert. Leider war die MP mit ihren Jeeps die gesamte Strecke mehrfach abgefahren, in der Hoffnung, noch jemanden zu erwischen. Die Spurenlage ist also eher ernüchternd. Wie dem auch sei, wir werden die Typen jagen, und ich verspreche Ihnen, wir werden sie kriegen! Aber eines scheint mir gewiß: Vor Ihrer Abreise wird das vermutlich nicht der Fall sein. Das bedeutet, wir müssen umdisponieren.“ Wieder nippte der Oberst an seinem Kaffee.
„Umdisponieren? Was war denn ursprünglich vorgesehen?“ Cannon war sichtlich bemüht, durch seinen Beitrag die Scharte der vergangenen Nacht wenigstens ein wenig auszuwetzen.
„Geplant war Ihr Flug über Ankara, bis dorthin mit einer Militärmaschine. Solange wir die Brüder nicht geschnappt haben, ist dies nicht machbar. Jeder kann der Gegner sein, das muß noch nicht einmal ein ausgewiesener Muslim sein! Die Konvertierten sind häufig die Radikalsten! Wir würden nicht nur Sie gefährden, sondern möglicherweise weitere Personen. Es wäre zum Beispiel denkbar, daß sich an Bord ein nicht erkannter Selbstmordattentäter befindet. Selbst wenn während des Fluges an Bord nichts passiert, können wir nicht ausschließen, daß die Flugdaten an Leute weitergegeben werden, die nicht zu Ihren Freunden zählen. Das Risiko ist einfach zu groß.“ Man sah dem Oberst an, wie unbehaglich er sich angesichts dieser Erkenntnis fühlte, zugleich aber, welcher Zorn ihn erfüllte.
„Und was machen wir statt dessen?“ Wieder war es Cannon, der sich zu Wort meldete.
„Sie fliegen ganz normal von Frankfurt über Moskau nach Nowosibirsk und fahren von dort aus nach Nowokusnezk. Das erschwert die Verfolgung. Ich werde Sie bis Frankfurt begleiten, damit beim Verlassen der Air Base keine Probleme aufkommen.“
Cannon rutschte unruhig auf seinem Sessel hin und her. „Wann steigt die Sache?“
Der General hob die Schultern. „Der Zeitpunkt steht noch nicht fest. Unsere Leute haben den aktuellen Aufenthaltsort des Russen ... wie hieß er doch gleich?“ Matthews blickte fragend in die Runde.
„Igor Ignatijew!“ warf Cannon mit erkennbarer Eilfertigkeit ein. ‚Mein Gott, muß der eins auf den Deckel bekommen haben!‘ Sander konnte sein Erstaunen kaum verbergen, denn so kannte er Cannon ganz und gar nicht.
„Richtig, Igor Ignatijew.“ Der Oberst schaute kurz zu Cannon hinüber, dann fuhr er ohne erkennbare Gefühlsregung fort: „Laut Bassett haben unsere Leute seinen Aufenthaltsort noch nicht ermittelt. In seiner Wohnung haust seit Wochen der FSB. Über dessen Aufgabe brauchen wir wohl nicht zu diskutieren. Den
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