Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
ja nur drei Grenzstationen, die sie bis Istanbul unter ihre Kontrolle bringen müssen. Das ist eine Frage des Geldes. Nicht in den Griff zu bekommen sind hingegen die willkürlichen Polizeikontrollen auf dem flachen Land. Hier können sie nichts vorbereiten, sondern nur reagieren. Das kostet Zeit. Mehr als 300 Kilometer pro Tag sind da im Mittel nicht drin, eher weniger. Das heißt, frühestens in 14, 15 Tagen, eher drei Wochen, könnten sie in Istanbul sein. Soweit einverstanden?“
Bassett sah Abdul mit hochgezogenen Schultern an. Der erwiderte stumm die Geste. „Einverstanden, Muhammad. Du bist der General! Feldzüge sind dein Thema!“
Saeed grinste. „War General. Vergiß nicht, Dick, ihr habt mich aus der Zurückgezogenheit meines Ruhestands gerissen! Aber machen wir weiter! Ich bin nämlich nicht einverstanden! Die schmuggeln das Zeug nicht über Istanbul! Das wäre viel zu riskant – über die Dardanellen und den Balkan nach Deutschland, das machen die nicht. Ich vermute, daß sie den direkten Weg zum Mittelmeer nehmen. Ich würde an deren Stelle den Hafen in Iskenderun im südlichsten Zipfel der Türkei ansteuern. Da kämen sie sogar ein, zwei Tage früher an. Dort fände auch der Personalwechsel statt. Europäer sind von da an unauffälliger! Per Schiff ginge es weiter nach Italien. Die werden eine ansehnliche Yacht gechartert haben und sich wie Nobeltouristen verhalten, in der Nacht vielleicht in Küstennähe ankern, um nicht aufzufallen. Ich gehe davon aus, daß sie nach zehn, zwölf Tagen wieder festen Boden unter den Füßen haben, irgendwo im Raum Triest vermutlich. Immer noch einverstanden?“
Bassett und Abdul nickten zustimmend. Der General trank einen Schluck. War die virtuelle Reise für ihn bis hierher ein Kinderspiel, so bereitete ihm der vergleichsweise Katzensprung von Triest nach Deutschland offensichtlich Probleme: „Ab jetzt wird jede Prognose zur Lotterie. Sie müssen drei Grenzkontrollen passieren. Besonders kritisch ist die italienische Zollkontrolle, wenn sie in der Adria an Land gehen. Ich glaube nicht, daß es illegale Möglichkeiten außerhalb der Häfen gibt, allein schon wegen der satellitengestützten Bekämpfung des Menschen-, Rauschgift- und Zigarettenschmuggels. Aber gehen wir davon aus, daß die Organisation den Zutritt auf italienisches Hoheitsgebiet organisiert hat. Italien, Österreich und Deutschland gehören dem Schengener Abkommen an. Fahren sie mit dem Pkw, dann muß das schon ein Van sein, um solch einen Behälter unterbringen zu können, ohne gleich Fragen an der Grenze zu provozieren. Mit einem Van könnte es klappen, die Grenze unkontrolliert zu passieren. Stellt sich die Frage: Kommen sie unkontrolliert über beide Grenzen? Dies im Extremfall 42 Mal! Ich gestehe, hier ein Problem zu haben. Ein-, zweimal mag das gehen, aber sicherlich nicht 42 Mal. Schon gar nicht nach dem ersten Anschlag! Wie oft wollen die überhaupt in Deutschland zuschlagen? Doch nicht 42 Mal! Wo werden sie ihr Zwischenlager einrichten? Doch eher in Italien als in Deutschland! Reicht ihnen eines oder werden es mehrere sein? Zu viele Optionen, ich gestehe, im Kaffeesatz zu rühren. Aber vielleicht wißt ihr‘s?“
Die Frage war pure Provokation. Natürlich ging der General davon aus, daß seine Zuhörer nicht das Ei des Kolumbus aus der Tasche zauberten. Deshalb währte seine Unterbrechung nur wenige Sekunden. „Gut, es beruhigt mich ungemein, daß ihr da auch nicht weiter seid als ich. Ich gehe in meiner Annahme davon aus … – bitte, das ist alles hypothetisch, bar jeglicher Fakten – … also, ich gehe in meiner Annahme davon aus, daß sie die Fracht aufteilen, zur Beschränkung des Risikos unterschiedliche Transportmittel, Pfade und Zielorte wählen. Es geht doch darum, möglichst rasch einen exemplarischen Schlag zu führen! Der läuft logistisch vermutlich so ab, wie ich es eben schilderte: per Schiff nach Italien, von dort auf dem Landwege über Österreich nach Deutschland. Gelingt dies unerkannt, haben sie alle Zeit der Welt, den zweiten Schlag – egal wo – vorzubereiten. Sind die Container noch in Italien gelagert, besteht nicht die zwingende Notwendigkeit, damit über die Grenze zu müssen. Sie schlagen halt in Italien zu, sollten die Grenzen unpassierbar sein. Sollten noch Container in der Türkei sein, wäre aufgrund der Europanähe Istanbul ein geeignetes Ziel. Spätestens nach dem dritten Anschlag wären die Regierungen verhandlungsbereit, denn niemand wüßte, wann
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