Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
um den Zeitfaktor! Wie wir es auch drehen – wir müssen schnellstmöglich ihre Logistik enttarnen und zerstören! Schaffen wir es nicht physisch, sie aus der Deckung zu locken, bleibt uns nur die psychologische Variante, zum Beispiel durch gezielte, insbesondere aber glaubhafte Fehlinformation! Dazu taugt Taheri aufgrund seiner vergleichsweise niedrigen Stellung nicht! Außerdem würden sie sofort Taheris Informationsquelle identifizieren! Das wären nun einmal wir. Uns wird man mißtrauen, aber gilt dies auch für ein hochrangiges Mitglied der Regierung oder des Generalstabs? Ich habe zwar noch keine konkrete Vorstellung, wie wir ihn für uns nutzen können, aber der Maulwurf könnte eine beschleunigende Rolle in unserem Sinne spielen, wenn wir uns seiner bedienen!“
Verunsichert blickte Abdul in die Runde, als wollte er sich vergewissern, ob seine Zuhörerschaft überhaupt bereit war, seiner Sichtweise zu folgen. Er wußte nur zu gut, daß er sich im Grenzbereich zwischen Analytik und Spekulation bewegte. Als er das rege Interesse in den Gesichtern sah, fuhr er erleichtert fort. „Daß die Zeit eine entscheidende Rolle spielt, weiß niemand besser als die Organisation. Sie hat längst erkannt, daß wir auf eigene Faust handeln. Sie kennt die Gründe, und sie kontrolliert in weiten Bereichen das Geschehen, zum Beispiel durch die Verhinderung unseres Stiftungskonzepts. Der Organisation könnte es de facto egal sein, ob wir in den Berg gelangen, da wir unsere Erkenntnisse Dritten nicht mitteilen können! Sie hätte es in jedem Fall nur mit uns zu tun, gleichgültig, wo sich derzeit ihre Bomben befinden. Dennoch setzt sie alles daran, uns nicht in den Berg zu lassen. Wie wir eben erfuhren, mußten sechs Menschen dafür ihr Leben lassen! Warum tut sie das? Um die Geheimhaltung ihrer Produktion zu gewährleisten? Sicherlich nicht! Sie weiß doch, daß wir informiert sind, zwei von uns in ihren unterirdischen Einrichtungen waren! Wir bieten sogar entsprechende Beweismittel an!“
Der junge Offizier schaute skeptisch in die Runde, trank hastig einen Schluck. Konnte er sie mit seinem Vortrag beeindrucken? Das Glas zitterte unmerklich in seiner Hand. Dennoch war dies seinen Zuhörern nicht entgangen. Sie spürten instinktiv, daß Abduls Sichtweise durchaus stichhaltig war, er lediglich um die überzeugende Formulierung rang. Augenscheinlich hatte er ihnen etwas Überraschendes, etwas von erheblicher Bedeutung mitzuteilen. Gebannt hingen sie an seinen Lippen, als Abdul sich mit der Zunge nervös darüber hinwegfuhr, um mit erkennbarem Engagement fortzufahren: „Die ganze Widersprüchlichkeit ist kein Zufall. Nicht die Art unserer Aktionen ist für die Organisation von Interesse, allein der Zeitfaktor zählt in dieser Phase! Haben die ihre Kampfmittel erst einmal in Stellung gebracht, sind sie unangreifbar! Ich fürchte, wir sind ihnen auf den Leim gegangen. Die halten uns hier beschäftigt! Die Bomben sind längst draußen, irgendwo auf dem Weg zu ihren Einsatzorten! Es geht ihnen ausschließlich um Zeitgewinn! Und natürlich eine passende Gelegenheit, uns zu eliminieren. Nirgendwo ginge das eleganter, als im Berg! Die gehen davon aus, daß unser Drang, in den Berg zu kommen, um so größer wird, je mehr sie uns den Zugang erschweren. Leute, ich sage euch – die verarschen uns!“
Abdul nahm nochmals einen gehörigen Schluck. Sein Blick glitt unstet zwischen Bassett und Saeed hin und her. Bassett verzichtete auf jegliche Theatralik, als er das Wort ergriff. Die Sache war zu ernst. „Du kannst durchaus recht haben, daß wir im Berg feststellen, was wir die ganze Zeit schon befürchten: daß es ihnen gelungen ist, ihr Teufelszeug rechtzeitig herauszuschaffen. Dennoch bleiben Fragen offen, die uns zwingen, auch auf die Gefahr einer Falle in den Berg zu gehen. Wir müssen wissen, ob sie alle Bomben herausgeschafft haben oder nur einen Teil, denn es wird der Tag kommen, an dem die Anzahl potentieller Anschläge eine gravierende Rolle spielt. Vergessen wir nicht: Hier wird an einer neuen Weltordnung gefeilt! Außerdem ist eine Sache bisher vollkommen untergegangen: die Vorbereitung der Nervengiftanschläge! Wir müssen uns ein Bild hinsichtlich des konkreten Gefahrenpotentials machen, das aus ihren Botulinumtoxin-Aktivitäten resultiert, über die der Russe berichtete. Eine Nervengiftkapsel läßt sich ungleich leichter positionieren als eine Schmutzige Bombe! Die Hysterie auslösende Wirkung dürfte jedoch identisch
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