Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Titel: Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
Vom Netzwerk:
diese sich mit metallischem Scheppern widerwillig öffnete. Die Gestalt deckte den Inhalt des Schrankes weitgehend mit ihrem Körper ab. Dann nahm sie erste Gegenstände heraus, drehte sich um, durchquerte den Raum und legte sie auf dem Tisch außerhalb Sanders Sichtfeld ab. Dennoch erkannte er die Dinge, auf die es der Fremde abgesehen hatte: einen zylindrischen Kunststoffcontainer unbekannten Inhalts, eine große Handlampe sowie ein aufgerolltes Seil mit Wurfanker. Dann folgten übergroße Handschuhe mit ellbogenlangen Stulpen und noch viel größere Überschuhe, alles aus schwarzglänzendem Gummi. Zuletzt entnahm sie dem Schrank einen schwergewichtigen, gummierten Schutzanzug sowie eine Gasmaske. Die Gestalt legte alles auf den Tisch, unmittelbar darauf trat sie einen Schritt zurück. Sie schien einen Moment zu überlegen, dann nahm sie die Gesichtsmaske ab. Sander stockte der Atem. Unter ihm stand ein Europäer! Vielleicht vierzig Jahre mochte er zählen, rundliches Allerweltsgesicht, nichtssagend, die Kurzhaarfrisur verriet die rötliche Haarfarbe. Das flackernde Licht brannte die Gesichtszüge trotz ihrer Unauffälligkeit in Einzelbildern, Momentaufnahmen gleich, in Sanders Gedächtnis.
    Der Rotschopf ergriff die Gasmaske und wollte sich diese gerade überstreifen, als unter Sander der Steinhaufen ins Rutschen geriet. Vermutlich hatte er sich zu weit nach vorn gebeugt, um besser sehen zu können. Sander, um Halt bemüht, stieß mit dem Helm gegen die Decke. Das Geräusch war unverkennbar. Mit einem Satz sprang der Unbekannte zurück. Die Gasmaske in der Linken, starrte er hinauf zu dem Spalt. Im Stakkato der aufblitzenden Neonröhre trafen sich ihre Blicke. Sander gefror das Blut – er sah in Abscheu auslösende bernsteingelbe Augen, katzengleich, die Augen eines Raubtieres, kalt, gemein, durch und durch grausam, Bereitschaft zur jederzeitigen Attacke signalisierend. Der Rotschopf starrte Sander an, stumm, lauernd, ohne jegliche Regung. Nach einer Weile streifte er sich die Gasmaske über, als sei nichts geschehen, verstaute die Utensilien in der Containerbox, packte diese bei den Griffen und wollte schon den Raum verlassen, als er es sich anders überlegte. Er trat einen Schritt zurück, ergriff in dem geöffneten Schrank die restlichen Gasmasken an ihren Kopfbändern, legte sie auf die Containerbox und verschwand mit diesen im Halbdunkel des angrenzenden Raumes, ohne Sander auch nur eines weiteren Blickes gewürdigt zu haben. Er schien sich sicher, sie würden sich nie wieder begegnen. Sander hörte eine Tür zuschlagen, dann wurde es still. Lautlosigkeit ergriff Besitz von der Szene. Nur der Kondensator der flackernden Neonröhre summte im Takt des flackernden Lichts.
    Sanders Atem ging stoßweise. Wie sehr hatte er sich gefreut, auf Menschen zu treffen, doch diese Begegnung hatte eine gänzlich unerwartete Qualität. Ohne nur ein Wort gewechselt zu haben, ahnte er, daß von dieser Begegnung eine tödliche Gefahr ausging. Selten in seinem Leben fühlte er sich derartig bedroht, und niemals würde er diese bösartigen bernsteingelben Augen vergessen können! Es war das Unerklärliche seiner Furcht, das ein bisher nicht erfahrenes Unbehagen in ihm auslöste. Eine Vorahnung sagte ihm, daß dies nicht die letzte Begegnung gewesen sei. Sander spürte die Bedrohung, unfähig, sie zu beschreiben. Das Gefühl der Ohnmacht ergriff ihn. Er haßte dieses Gefühl.
    Über die lähmende Wirkung der Instinkte siegte schließlich die rationale Situationsanalyse des Ingenieurs. Mochte der Maskenmann, dieser gelbäugige Schakal, auch eine möglicherweise tödliche Gefahr darstellen, so war ihm, Sander, der Tod durch Verdursten sicher, schaffte er es nicht, in den Raum zu gelangen! Keine sechs Meter entfernt stapelte sich die Rettung an der Wand! Sander inspizierte die Bruchfläche in der Decke. Der Gebirgsdruck hatte Betonauskleidung und Felsgestein zermürbt, darin tiefgehende Spannungsrisse hinterlassen. Er konnte mit der bloßen Hand Fragmente aus dem an der Bruchfläche lockeren Verbund lösen. Der Spalt war schmal, vielleicht zu schmal. Er mußte ihn vorsorglich erweitern. Sander stieg von dem Steinpodest, suchte unter den herumliegenden Trümmern nach geeigneten Brocken und machte sich umgehend an die Arbeit. Gesteinssplitter zerstoben mit jedem Schlag. Er würde etliche Felsbrocken benötigen, aber er würde den Kampf aufnehmen. Wasser war der Lohn!
     
     

31. Juli, 08:20 Uhr Ortszeit; irgendwo in Saddar Town,

Weitere Kostenlose Bücher