Das Scarlatti-Erbe - Ludlum, R: Scarlatti-Erbe
der italienischen Regierung erworben und dabei vorwiegend mit Bestechungsgeldern gearbeitet.
Und Myrdal, dem korpulenten Schweden, traten die Augen ungläubig aus den Höhlen, als er erkennen mußte, wie gut Elizabeth Scarlatti über die Stockholmer Börse informiert war. Seine eigene Firma war insgeheim von Donnenfeld aufgesogen worden. Es war dies einer der kompliziertesten Firmenkäufe gewesen, die man sich vorstellen kann, und erst die illegale Transaktion mit amerikanischen Wertpapieren hatte das Ganze möglich gemacht. Wenn das an die Offentlichkeit drang, würden sich die schwedischen Behörden
einschalten, und dann würde er vollkommen ruiniert sein.
Nur die Engländer schienen völlig gelockert und auf ihre Leistungen sogar stolz zu sein. Denn Sydney Masterson, unbestrittener Erbe des Handelsimperiums von Sir Robert Clive, hatte erst vor kurzer Zeit die Ceylonverträge abgeschlossen. Sie waren in der Import-Export-Welt unbekannt, und es gab einige Verträge darunter, die noch als recht fragwürdig galten. Manche Leute hätten sogar sagen können, daß sie den Tatbestand des Betrugs erfüllten.
Rings um den Tisch wurden Köpfe zusammengesteckt, man tuschelte in vier Sprachen. Elizabeth hob ihre Stimme, um sich Gehör zu verschaffen.
»Ich kann mir vorstellen, daß einige von Ihnen jetzt mit ihren Mitarbeitern konferieren – ich nehme an, daß es sich um Ihre Mitarbeiter handelt. Wenn ich gewußt hätte, daß es bei diesem Zusammentreffen Vorkehrungen für Verhandlungen auf zweiter Ebene gäbe, hätte ich meine Anwälte mitgebracht. Dann hätten die untereinander Klatschgeschichten austauschen können, während wir unser Gespräch fortführen. Die Entscheidungen, die wir heute treffen, Gentlemen, müssen unsere eigenen sein.«
Heinrich Kroeger saß ganz vorn auf der Stuhlkante. Seine Stimme klang hart und unangenehm. »Ich wäre da in bezug auf Entscheidungen nicht so sicher. Es wird keine geben. Sie haben uns nichts mitgeteilt, was nicht auch jede größere Buchprüfungsfirma in Erfahrung bringen könnte.«
Einige der Männer am Tisch – besonders die beiden Deutschen sowie d’Almeida, Gibson, Landor, Myrdal und Masterson – vermieden es, ihn anzusehen. Denn Kroeger hatte unrecht.
»Glauben Sie?« entgegnete die alte Frau. »Vielleicht. Aber immerhin habe ich Sie übersehen, nicht wahr? Das hätte ich wohl nicht tun sollen, Sie sind offensichtlich schrecklich wichtig.« Wieder war auf den Gesichtern einiger der Anwesenden ein halb unterdrücktes Lächeln zu sehen.
»Ihr Verstand scheint mir ebenso langweilig wie Sie selbst!« stieß Kroeger hervor.
Elizabeth war sehr mit sich zufrieden. Dieser wichtigste Aspekt ihres Auftritts schien ihr zu gelingen. Sie provozierte
Ulster Stewart Scarlett. Ohne auf seine Bemerkung einzugehen, fuhr sie fort.
»Auf seltsame Weise erworbene Aktiva im Werte von zweihundertsiebzig Millionen Dollar, die unter höchst fragwürdigen Umständen verkauft wurden, müßten notwendigerweise zu einem Verlust in Höhe von wenigstens fünfzig Prozent, wahrscheinlich sogar sechzig Prozent des Marktwertes führen. Ich will davon ausgehen, daß Sie mit dem niedrigst möglichen Verlust davongekommen sind, und schätze Sie daher auf einhundertfünfunddreißig Millionen Dollar bei den gegenwärtigen Umrechnungskursen. Hundertacht, wenn Sie schlecht verhandelt haben.«
Matthew Canfield zuckte zusammen, rührte sich aber nicht von der Stelle. Die Männer an der Tafel waren verblüfft. Das Stimmengewirr wurde merklich lauter. Einige der Angestellten schüttelten die Köpfe oder nickten zustimmend, runzelten unschlüssig die Stirn. Jeder Teilnehmer glaubte, etwas von den anderen zu wissen. Aber offensichtlich wußte keiner allzuviel über Heinrich Kroeger. Sie waren nicht einmal sicher gewesen, welchen Status er an diesem Tisch einnahm. Elizabeth unterbrach das Stimmengewirr.
»Mr. Kroeger, es ist Ihnen sicher bekannt, daß Diebstahl, wenn man ihn eindeutig beweisen kann, lediglich einer Identifizierung bedarf, ehe Schritte unternommen werden können. Es gibt internationale Gerichte und Auslieferungsvereinbarungen. Es ist daher auch vorstellbar, daß man Ihren Wert auf – null schätzen könnte!«
Schweigen senkte sich über den Tisch, als die Gentlemen mit ihren Assistenten Heinrich Kroeger ihre volle Aufmerksamkeit zuwandten. Die Worte >Diebstahl<, >Gerichte< und >Auslieferung< konnte man an diesem Tisch nicht akzeptieren. Es waren gefährliche Worte. Kroeger, der Mann, den viele
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