Das scharfe Duo ROTE LATERNE Band 10 (Rote Laterne Roman) (German Edition)
Liegewiese bekommen. Am liebsten halbrund und mit einem eingebauten Radio.«
In einem Möbelhaus erstanden sie ein Bett, das Gnade vor Silkes Augen fand. Sie besaßen Ersparnisse, die aber während der Kauferei doch recht rasch dahinschmolzen.
»Nur noch siebenhundertvier Mark und dreißig Pfennige«, sagte Silke, nachdem sie ihre Handtasche ausgeleert hatte.
»Na, dann mal ran an die Männer«, meinte Rita aufgekratzt. »Wir werden uns gleich heute Abend was aus dem 'Tremolino' angeln, was meinst du? Und übermorgen kommt Heribert, bei dem wir die Schulden abarbeiten werden.«
»Erinnere mich nicht daran.«
»Mit den kleinen Dicken hat man schnell gespielt.«
»Woher weißt du denn das?« fragte Silke.
»Alles Erfahrung«, sagte Rita. »So 'n bisschen halt«, fügte sie hinzu.
An diesem Abend betrachteten sie ihre Arbeit im Tremolino mit anderen Augen. Sie warfen glühende Blicke ins Publikum und konnten gleich taxieren, welcher der Gäste in Frage kam.
Und tatsächlich fanden sie gleich in dieser Nacht einen Kunden. Er hieß eigentlich Otto, wurde von den Mädchen aber Otti genannt, war Vertreter einer Reizwäschefirma und bediente die Damen in der Herbertstraße.
Otti war ein Reinfall.
»Er wollte gegen Büstenhalter und Schlüpfer«, sagte Rita. »Sei bloß froh, dass wir es noch rechtzeitig erkannt haben.«
Der nächste hieß Hugo und stammte aus Süddeutschland. Er hatte irgendetwas mit Konserven zu tun, sprach viel und oft von Büchsen, als was er auch die Mädchen bezeichnete. Aber er zahlte achthundert Mark und sie hatten nicht viel Arbeit mit ihm. Er blieb nicht einmal die Nacht über, sondern verschwand mit einem Taxi.
Danach kehrten die Mädchen noch einmal ins Tremolino zurück und stießen auf Philip. Er war Engländer und benahm sich so steif, dass die beiden Neu-Dirnen aus dem Gelächter nicht mehr herauskamen. Aber sie wurden mit Phil, wie sie ihn nannten, ganz gut fertig, und er war offensichtlich zufrieden.
»Vierzehnhundert«, sagte Silke andächtig, nachdem der Engländer fort war. »Vierzehnhundert harte deutsche Märker, na, ist das etwa nichts?«
»Es ist allerhand«, sagte Silke und gähnte. »Aber ich bin auch ganz schön geschafft. Dieser Bayer ist auf mir herumgehoppelt, als hätte er 'ne Kuh vor sich. Oder was weiß ich, womit es diese Leute treiben.«
»Aber es hat dir doch nicht wehgetan?«
»Iwo, nicht die Bohne, sag ich dir. Und jetzt? Was machen wir? Pennen wir in der Lusthöhle, oder fährt jede für sich allein nach Hause?«
»Ooch, ich darf an den Weg nicht denken«, maulte Rita.
»Ich auch nicht«, bestätigte Silke.
So verbrachten sie die Nacht in der Wohnung, die sie eigentlich ausschließlich für ihre Arbeit gemietet hatten. Und so ging es an den folgenden Tagen auch. Über Kundenmängel konnten sich die jungen Dirnen, denn das waren sie ja nun, nicht beklagen. Das Tremolino war ein guter Angelplatz; die Show der allerbeste Köder.
Vera beobachtete alles stumm, aber mit scharfer Aufmerksamkeit. Und eines Tages war es soweit. Seferino ließ die Mädchen in sein Büro bitten.
Charmant bot er ihnen Drinks an.
»Nun, was ist?«, fragte Rita frech. »Zum Trinken hast du uns ja wohl nicht eingeladen, oder?«
»Nein, natürlich nicht«, gab der Italiener trocken zu. »Ihr geht auf den Strich!«
»Wie bitte?« fragte Rita.
»Mama mia, jetzt tu nicht so. Ihr schleppt jeden Abend Kerle aus dem Lokal ab. Das spricht sich rum. Und Vera hat ...«
»Die Tschechenschlampe, kann ich mir doch denken«, fiel ihm Rita ins Wort. »Ist sie dabei? Hat sie die Nase zwischen unseren Schenkeln? Okay - wir verkaufen uns gut. Das ist alles.«
»Und warum tut ihr das privat?« fragte Seferino lauernd.
»Ich verstehe nicht?« meinte Rita.
»Ich habe euch Zimmer im Haus angeboten, damit alles in einer Hand bleibt. Die anderen Weiber haben auch Zimmer im Haus. Was ihr tut, ist gegen die Regel.«
»Gegen welche Regel?« fragte Rita scharf. »Sind wir bei dir als Künstlerinnen oder als Bumstanten angestellt?«
»Eines schließt das andere nicht unbedingt aus. Aber eines schließt das andere ein. Wenn eine nun mal eine Dirne ist, dann hat sie bei mir im Haus zu arbeiten. Ist das klar? Und für jeden Stich werden zehn Prozent hingelegt ...«
»Das könnte dir so passen, du sizilianischer Aasgeier!« schäumte Rita wütend. »Du bist ja noch mieser als die miesesten Fünfmark-Loddeis von Sankt Georg, die selbst 'ne Oma auf 'n Kiez schicken ...«
»Halt die Luft an, Bella!«
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