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Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
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ungeheuren Durst. Ich dachte, ich müßte vor Durst sterben. Dann kam ich an ein Wasser, in dem lag ein Kaiman neben dem anderen. Es war ganz angefüllt mit Kaimanen. Ich dachte, wenn ich schnell im Vorüberlaufen ein wenig Wasser mit der Hand schöpfen könne, würde ich wohl heil davon kommen. Ich versuchte es. Aber ein großer Kaiman schlug mit dem Schwanz nach mir, so daß ich in das Wasser stürzte. Sofort kamen alle Kaimane herbei, um mit den Schwänzen nach mir zu schlagen und mich zu beißen. Der Kaiman, der mich zuerst geschlagen hatte, nahm mich aber unter seinen Leib und schützte mich vor den anderen. Dann brachte er mich in seine Höhle, die vom Spiegel des Wassers unter der Erde hinführte. In der Höhle saß ich nun. Der Kaiman ging von dannen. Vor dem Eingang der Höhle lagen Kaimane. Ich wußte nicht, wie herauskommen. Da toste über mir ein Rudel großer Antilopen vorbei. Eine trat mit dem Fuß ein Loch in den Boden, so daß Tageslicht hereinschien, und ich sah, daß die Decke über mir hier ganz dünn war. Ich erweiterte die kleine Öffnung und kroch heraus. - Seit dem Tage füchte ich mich nicht mehr.«
    Surro Sanke sagte: »Eines Tages brach ich mit guten Kameraden zum Raubzuge auf. Wir waren dreißig Mann. Drei Monate lang zogen wir umher, ohne einen einzigen Fang zu machen. Nichts glückte. Drei Monate waren wir in der Steppe, ohne ein Weib zu sehen. Da eines Tages gelang es uns, einer Frau habhaft zu werden und brünstig, wie wir waren, beschliefen wir sie sogleich alle dreißig einer nach dem anderen. So lebten wir wieder drei Monate lang, und während dieser Zeit beschlief jeder diese Frau jeden Abend. Dann gelang es, eine zweite Frau zu ergattern, und nun beschlossen wir, daß je fünfzehn von uns je eine Frau erhielten. Wir sagten das den Frauen. Dann gingen die beiden Frauen hin, um Wasser zu schöpfen. Als sie am Brunnen waren, stürzte die Frau, die schon drei Monate lang bei uns war, die neuangekommene in den Brunnen hinab. Sie sagte: ›Was, jetzt soll ich nur noch mit fünfzehn Männern schlafen? Das halte ich nicht aus.‹ Seit dem Tage bin ich nicht mehr eifersüchtig.«
    Surro Sanke sagte: »Eines Tages war ich auf der Wanderschaft. Weitab vom Dorfe sah ich einen Menschenschädel am Wege liegen. Ich sagte: ›Wie kommt wohl der Menschenschädel dahin, wo es so weit vom Dorfe entfernt ist?‹ Der Schädel sprach: ›Weil ich soviel sprach!‹ Ich fragte: ›Weshalb?‹ Der Schädel sagte: ›Weil ich soviel sprach.‹ Ich fragte: ›Weshalb?‹ Der Schädel sagte: ›Weil ich soviel sprach.‹ Dreimal sprach der Schädel zu mir. Dann ging ich weiter. Ich kam im nächsten Dorfe an. Ich erzählte dem Dugutigi: ›Zwischen deinem und dem vorigen Dorfe liegt ein Schädel, der spricht.‹ Der Dugutigi sagte: ›Du lügst.‹ Ich sagte: ›Nein, ich spreche die Wahrheit.‹ Der Dugutigi sagte: ›Du lügst.‹ Ich sagte: ›Nein, ich lüge nicht, und wenn du es nicht glaubst, so gib mir zwei Menschen mit, denen will ich das zeigen und die mögen es selbst hören.‹ Der Dugutigi sagte: ›Gut, zwei Leute mögen mit ihm gehen. Wenn es wahr ist, daß der Schädel spricht, so mag es gut sein. Sonst soll man ihm sogleich wegen seiner Lügen den Kopf abschlagen.‹ Ich ging mit den beiden Leuten hin. Als wir an den Schädel kamen, fragte ich ihn: ›Weshalb liegst du hier?‹ Der Schädel antwortete nicht. Ich fragte ihn dreimal, aber er antwortete nicht. Darauf banden mich die drei Leute, wie es ihnen befohlen war, und schon hob einer den Säbel auf, um mich zu köpfen. Ich sagte: ›Ach, weshalb hast du gestern gesprochen und weshalb sprichst du heute nicht?‹ Da sagte der Schädel plötzlich: ›Nda, Nda‹ (der Mund, der Mund). Meine Begleiter sagten: ›Ja, er hat gesprochen.‹ Sie banden mich los. Sie brachten mich zum Dugutigi und sagten: ›Es ist wahr, der Schädel spricht.‹ – Seitdem sage ich: Von den beiden Löchern im Menschenleibe, aus denen das Schlechte kommt, ist der Mund das gefährlichere. – Und seitdem lüge ich nicht mehr.«
    Der König sagte: »Es ist gut, ich kann dich nicht töten.«
    Surro Sanke sagte: »Es gibt ein Mittel für dich, mich zu töten. Ich habe drei Haare auf dem Kopf. Wenn du die Namen dieser drei Haare erfährst, dann kannst du mich töten.« Der König sagte: »Es ist gut.«
    Der König war so zornig darüber, daß er Surro Sanke nicht zu töten vermocht hatte, daß er beschloß, jetzt kein Mittel unversucht zu lassen, das Geheimnis der drei

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