Das scharze Decameron
Haare zu ergründen. Er ließ also die erste Frau Surro Sankes zu sich kommen und fragte: »Du bist die Frau eines Mannes, der nicht reich ist. Wenn du mir nun sagst, welches die Namen der Haare deines Mannes sind, so will ich dich zu meiner Frau machen und dir viele Kühe schenken.« Die Frau sagte: »Ich kann dir das nicht sagen, denn ich weiß es nicht.« Der König ließ die zweite Frau Surro Sankes kommen und sagte zu ihr: »Du bist die Frau eines Mannes, der nicht reich ist. Ich will dich zu meiner Frau und wohlhabend machen, aber du mußt mir die Namen der drei Haare auf dem Kopfe deines Mannes nennen.« Die Frau sagte: »Ich bin die Lieblingsfrau meines Mannes. Mein Mann hat mich lieber als alle Weiber; ich kann es nicht sagen!« Der König sagte: »Ich kann dir viel Vieh und Schmuck schenken.« Die Frau sagte: »Würdest du mich zu deiner Frau machen?« Der König sagte: »Ich will dir erfüllen, was du willst.« Die Frau sagte: »Das Härchen auf der rechten Seite heißt: Wallidi -tege-mogo-dinje (frei übersetzt: Nicht einmal des Freundes Sohn kann dir deinen Sohn ersetzen). Das Härchen auf der linken Seite heißt: Kani-kono-fo-mussue (frei übersetzt: Erzähle deine Sachen nicht den Frauen). Das starke Haar in der Mitte heißt: Kekorro-ba-kanji-kaphula (frei übersetzt: Es ist gut, wenn ein alter Mann in der Gesellschaft ist). Das sind die Namen der drei Haare auf dem Kopfe meines Mannes.«
Als der König das wußte, wurde er froh und sagte zu seinen Leuten: »Ruft mir Surro Sanke herbei.« Die Boten gingen hin und sagten das dem Surro Sanke. Der war gerade bei einer Arbeit und hatte keinen Überhang. Es war aber ein Bursche da, den hatte eine seiner Frauen mit in die Ehe gebracht. In der Eile nahm Surro Sanke dessen Überwurf, der sehr klein und kurz war, und ging zum König. Der König sagte ihm sogleich: »Das Härchen auf deiner rechten Seite heißt: Wallidi- tege-mogo-dinje. Das Härchen auf deiner linken Seite heißt: Kani-kono-fo-mussue. Das große Haar in der Mitte heißt: Kekorro- ba-kanji-kaphula. Ist es nicht so?« Surro Sanke sagte: »Nun kannst du mich töten.«
Surro Sanke wurde hinausgeführt. Der Henkersknecht mit dem Schwert ging neben ihm. Der König folgte. Da kam der unechte Sohn Surro Sankes hergelaufen und schrie: »O mein Überhang, o mein Überhang, nun wird er vom Blute bespritzt werden.« Der Bursche dachte nicht daran, daß sein Vater nun hingeschlachtet werden sollte, sondern dachte nur an seinen Überwurf. In eiligem Laufe kam der richtige Sohn Surro Sankes an und schrie: »O mein armer Vater, o mein armer Vater. Hier nimm meinen Überwurf für deinen letzten Weg. O mein Vater! O mein armer Vater!« Darauf wurde der Überwurf gewechselt und der Vater erhielt anstatt des kleinen Überwurfes des unechten Sohnes den kleinen Überwurf des rechten Sohnes.
Sie kamen zur Stelle. Surro Sanke kniete nieder. Der Henker hob den Säbel. Surro Sanke beugte das Haupt vor. Da kam ein alter Mann auf den Knien herangerutscht und bat leise Surro Sanke: »Grüß mir meinen alten Vater, grüß mir meine alte Mutter!« Der König, der das sah, rief: »Oho, da will wohl jemand eine Botschaft über mich und mein Leben mit hinübersenden? Ihr wollt Euch wohl drüben über mich beschweren? Nein, dann erlaube ich nicht, daß dieser Mann getötet wird.« Da banden sie Surro Sanke wieder frei.
Der König fragte: »Nun sage mir aber, was die drei Namen deiner Haare bedeuten!« Surro Sanke sagte: »Du hast gesehen, wie vorhin mein Stiefsohn für seinen Überhang Sorge hatte, ohne an mich zu denken. Da hast du den Sinn des Härchens auf der rechten Seite. Du hast durch die Frau, die ich am meisten liebte, die Haarnamen erfahren; da hast du den Sinn des Namens des Härchens auf der linken Seite. Wenn dieser Alte im Kreise nicht gewesen wäre, hättest du mich töten lassen. Das ist der Sinn des Namens des Haares in der Mitte meines Kopfes.«
Mussas Dankbarkeit
Kordofan
Ein Mann namens Mussa war außerordentlich wohlhabend und genoß wegen seines Reichtums einen Namen, der war weithin über das Land bekannt. Es gab weit umher niemand, der so viele Herden und Sklaven und so großen Einfluß im Lande besaß wie dieser Mussa. Dieser Mussa war zudem über alle Maßen stark. Wenn er in die Wüste zur Jagd ritt und einer Hyäne, einem Löwen oder sonst einem wilden Tier begegnete, pflegte er vom Pferd zu springen und das Tier mit den Händen anzugreifen. Er überwand dann das Tier, band es und brachte es
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