Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
Vom Netzwerk:
kann nicht so unhöflich sein, einem so angesehenen Manne wie deinem ältesten Bruder den Vortritt vor einem so jungen Fant wie deinem gestern verstorbenen Sohn zu verweigern.« Der Häuptling sagte: »So will ich, daß keiner erweckt wird.« Kallondji sagte: »Und wer bezahlt mich dann?« Der Häuptling sagte: »Ich habe die Sache angeregt und werde dir deswegen zahlen, was ich versprochen habe.« Kallondji sagte: »Gut denn!« Er stieg aus der Grube. Er erhielt die Bezahlung vom Häuptling und kehrte als wohlhabender Mann heim.
     
    Kallondji starb als wohlhabender Mann. Er hinterließ eine Frau und einen Sohn, den diese Frau ihm geboren hatte. Als der Junge herangewachsen war, hatte er sehr bald sein väterliches Erbteil verschleudert. Es verblieb Mutter und Sohn nichts als eine Stute und ein Ohrring, den die Mutter im Ohr trug. Als der Sohn Kallondjis derart fast alles verbraucht und verschwendet hatte, schalt die Mutter und sagte: »Pfui, schäme dich! Dein Vater hat durch geschicktes Lügen sehr schnell dieses Haus gefüllt und uns zu wohlhabenden Leuten gemacht. Du bist ein Taugenichts, der nichts von der Kunst seines Vaters geerbt hat.« Der Sohn Kallondjis sagte: »Oho, das wollen wir erst einmal sehen.«
    Der Sohn Kallondjis sagte zu seiner Mutter: »Leih mir deinen goldenen Ohrring!« Die Mutter gab ihn. Der Sohn ballte ihn in einen Brei und warf den Ballen, wie man eben Pferden Medikamente gibt, dem Pferd in den Hals. Die Stute verschluckte den Ballen. – Am anderen Tage ritt er mit dem Pferd zum König und sagte: »Hier ist ein Pferd, das ist so ausgezeichnet, daß es sich nicht für einen gewöhnlichen Mann schickt. Es ist ein Pferd für einen König. Es macht nämlich, wenn es seinen Mist fallen läßt, immer Gold darin. Willst du es kaufen?« Der König sagte: »Das ist unmöglich. Das ist gelogen.« In dem Augenblick hob das Pferd seinen Schwanz und ließ seine Pferdeäpfel fallen. Der Sohn Kallondjis sagte: »Paß auf!« Er zeigte seine flachen leeren Hände, drückte einen der Mistballen auseinander und – da lag der Goldballen. Der König sagte schnell: »Was kostet das Pferd?« Kallondjis Sohn sagte: »Das Pferd kostet fünf Sklaven und fünf Sklavinnen.« Der König gab dem Burschen die zehn Sklaven, und damit kam der Sohn Kallondjis heim. Die Mutter sagte: »Was, so viel gewinnst du auf einer einzigen Reise?« Der Sohn sagte: »Das ist noch gar nichts. Paß auf, was weiter kommt!«
    Der König ließ für die goldmistende Stute nun sogleich einen hohen Stall bauen, der war von einer mächtigen Mauer umgeben. Die Stute war darin. Dazu wurden sieben Pferdejungen hineingesperrt und dann die Türe zugemauert. Futter fürs Pferd und Essen für die Leute wurden von oben durch ein Loch in der Mauer hineingeworfen. Der Mist wurde drinnen auf einen großen Haufen geworfen. Nach drei Monaten rief der König alle seine Sklaven und Sklavinnen zusammen. Sie mußten sich ganz nackt ausziehen, und dann mußte die ganze Reihe mit Schüttelsieben den Mist durchschütteln. Er selbst stand daneben. Aber – es kam nicht ein Krümchen Gold zum Vorschein. Der König wurde nun über alle Maßen wütend und sagte: »Der Sohn Kallondjis hat mich betrogen! Ruft ihn sofort herbei; ich will ihn töten.« Einige Leute gingen hin, um den Sohn Kallondjis zu rufen.
    Der Sohn Kallondjis hatte gerade einen Hammel geschlachtet und ihn aufgeteilt, als die Leute kamen. Als er sie aus der Ferne kommen sah, füllte er schnell ein langes Darmende mit Blut und band es zu. Er ging in das Haus, band es seiner Mutter um den Hals und sagte: »Nun tue nur alles, wie ich es will. Verdecke den Darm mit deinem Kleid.« Er ergriff einen Kuhschwanz und steckte ihn in die Tasche. Die Leute des Königs kamen herein und sagten: »Der Sohn Kallondjis soll zum König kommen.« Der Bursche sagte: »Ich komme gern. Mutter, begleite mich!« Sie kamen zum König.
    Beim König war große Versammlung. Der Sohn Kallondjis kam mit seiner Mutter herein. Der König sagte: »Du hast mich mit deiner Stute in einer ganz gemeinen Weise belogen. In den Pferdeäpfeln ist kein Gold. Ich will dich töten.« Die Mutter des Sohnes Kallondjis sagte: »Nein, töte ihn nicht! Laß ihn leben!« Darauf aber stürzte sich der Sohn Kallondjis auf seine Mutter, warf sie hin und schnitt den Darm, der um ihren Hals gebunden war, durch. Darauf floß das Blut über die Erde hin und dem König bis vor die Füße. Die Frau blieb aber wie tot liegen.
    Der Sohn Kallondjis sagte sehr

Weitere Kostenlose Bücher