Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
Vom Netzwerk:
einmal! Wo hast du denn deine Goldtasche?« Es war heller Tag, und der Fluß rauschte wie immer. Der Bursche konnte nichts Besonderes hören. Der Bursche sagte: »Du bist heute recht träge mit deinen Antworten. Ich werde deine Goldtasche selbst suchen müssen.« Der törichte Bursche nahm seine Hacke von der Schulter und begann in das Ufer und in das Bett Löcher zu schlagen und Dämme aufzuwerfen. Der Wasserlauf wurde so aus seinem Bett weggezogen und trat zurück in ein altes, von dem die Bauern ihn mit Mühe weggezogen hatten, damit der Fluß so ihre Felder am Ufer berieselte. Es dauerte gar nicht lange, so floß das Wasser seitwärts ab und die unten beschäftigten Bauern erkannten die Gefahr, die ihren Äckern drohte. So kamen die Bauern alle zusammen, liefen den Flußlauf aufwärts und kamen zu dem törichten Burschen, der emsig mit der Hacke weiterarbeitete.
    Die Bauern sagten: »Bursche, was machst du da?« Der Bursche sagte: »Ich habe eine Verhandlung mit dem Fluß, die ich nur allein mit ihm abmachen kann. Es ist eine Geschäftssache.« Der Bursche arbeitete weiter. Die Bauern fragten: »Um was handelt es sich denn?« Der törichte Bursche sagte: »Als ich neulich mit einem Teppich vom Markt hier vorüberkam, hatte der Fluß kalte Füße und bat mich, ihm den Teppich zu verkaufen. Heute wolle er bezahlen. Nun bin ich dabei, seine Goldtasche zu suchen. Stört mich nicht weiter durch dumme Fragen, damit ich mit dem Handel bald zu Ende komme.«
    Die Bauern traten zur Seite. Sie sagten zueinander: »Wenn der Bursche hier oben noch lange weiterarbeitet, so wird er unten unsere Äcker zerstören. Wir wollen zusammenlegen und den Teppich bezahlen.« Die Bauern einigten sich. Sie kamen zurück. Sie sagten: »Hier schickt dir der Fluß das Geld von unten herauf.« Der Bursche nahm das Geld, zählte es nach und sagte: »Es ist richtig.« Darauf ergriff er seine Hacke, lief nach Hause, gab seiner Mutter das Geld und sagte: »Hier ist die Bezahlung.« Der Bursche ging dann auf den Versammlungsplatz, setzte sich zu den Männern und sagte: »Wenn ihr mit den Menschen handelt, macht ihr schlechte Geschäfte. Ich handle mit dem Fluß, der zahlt besser.«
    Am nächsten Markttag gab die Mutter dem törichten Burschen einen Burnus und sagte zu ihm: »Bringe diesen Burnus auf den Markt und verkaufe ihn.« Der Bursche nahm ihn und ging zum Markt. Er zeigte den Burnus diesem. Er zeigte den Burnus jenem. Kein Mensch wollte den Burnus kaufen, denn der Bursche verlangte zu viel für seinen Burnus. Dem Burschen wurde das langweilig. Er ging über den Fleischmarkt weg dahin, wo die Geier waren, und fragte: »Wollt ihr den Burnus nicht kaufen? Da, seht ihn euch an!« Der Bursche warf den Burnus den Geiern hin. Die Geier nahmen ihn auf und flogen damit von dannen. Der törichte Bursche rief den Geiern nach: »Hooo! Vergeßt nicht! Am nächsten Markttag komme ich wieder! Dann bezahlt ihr mir den Burnus meiner Mutter.« Der törichte Bursche ging nach Hause und sagte zu seiner Mutter: »Den Burnus habe ich gut verkauft. Eine ganze Familie hat ihn mitgenommen.« Die Mutter fragte: »Hast du denn das Geld?« Der Bursche sagte: »Nein, das Geld habe ich nicht. Ich habe den Burnus den Geiern verkauft. Die werden mir am nächsten Markttage zahlen.« Die Mutter sagte: »Da wirst du wohl in ihr Haus gehen müssen, um das Geld zu bekommen.« Der Bursche sagte: »Ich habe viel Zeit. Es kommt mir auf den Weg nicht an.«
    Am nächsten Markttag nahm der Bursche seine Hacke auf die Schulter, ging auf den Markt und sah sich nach den Geiern um. Er traf die Geier am Fleischmarkt und sagte: »Ihr da! Habt ihr mein Geld mitgebracht?« Der Bursche winkte mit der Hacke. Da flogen die Geier schreiend auf und davon. Der törichte Bursche sagte: »Mein Mutter ist doch eine kluge Frau; sie hat gleich vorhergesagt, daß ich bis in das Haus der Geier hinaufsteigen muß, um mein Geld zu bekommen. Nun rufen sie mich schon.« Er rief den Geiern nach: »Fliegt nicht so schnell. Ich muß doch nachkommen!«
    Der törichte Bursche stieg hinter den Geiern her den Berg hinauf. Er fand ihr Nest. Er ging auf das Nest zu. Die Geier flogen schreiend fort. Der Bursche sagte: »Geht nur. Nehmen werde ich mir mein Geld schon selbst.« Er ergriff seine Hacke und lockerte den Boden. Da fand er, daß zwei Töpfe eingescharrt waren, die voller Gold- und Silberstücke waren. Die Geier hatten das Gold und das Silber zusammengetragen. Der Bursche sah das Gold und das Silber und er

Weitere Kostenlose Bücher