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Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
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Knabe wuchs heran. Als er zehn Jahre alt war, war seine Hauptbeschäftigung, Fallen zu legen und Tauben zu fangen. Eines Tages hatte sich in einer seiner Fallen ein Eichhörnchen gefangen. Als Sidi Baba näher kam, riß das Tier in seiner Angst im letzten Augenblick seine Schnur durch und rannte von dannen. Es gelang ihm, in sein Loch zu entschlüpfen. Sidi Baba sah das gerade noch.
    Sidi machte sich sogleich daran, die Erde abzusuchen und das Eichhörnchen auszugraben. Er grub und grub. Sidi Baba grub einen Tag und eine Nacht, ohne an etwas anderes zu denken. Als eine Nacht vergangen war, ohne daß der Knabe heimgekehrt war, sandte Baba Boten aus, die seinen Sohn suchen sollten. Ein Bote traf Sidi. Er sagte zu Sidi Baba: »Dein Vater hat Boten ausgesandt, dich suchen zu lassen.« Sidi sagte: »Sage meinem Vater, daß in meiner Falle ein Eichhörnchen gefangen war, daß dieses aber im letzten Augenblick entwichen ist und in sein Loch schlüpfte, so daß ich jetzt seine Höhle aufgraben muß.« Der Bote kehrte heim und berichtete Baba.
    Sidi grub weiter, und nach langer Zeit ergatterte er sein Eichhörnchen und tötete es. Dann begab er sich auf den Heimweg.
    Ehe er aber noch wieder heimkam, war sein Vater gestorben, und man hatte das Königreich dem Vaterbruder übergeben. Man hatte ein großes Fest veranstaltet, hatte viel Besu getrunken und den neuen König herrlich gefeiert. Als Sidi heimkam, sagte man ihm: »Dein Vater ist gestorben. Dein Onkel ist zum König gemacht worden.« Sidi Baba fragte sogleich: »Zeige mir, wo mein Vater begraben worden ist.« Man zeigte es Sidi. Sidi sagte: »Öffnet das Grab.« Man tat es. Es war da der Sklave, dessen Amt es immer gewesen war, Peitschenhiebe zu verabfolgen. Sidi Baba sagte: »Gib diesem Baba fünfzig Hiebe mit dem Knotenstock, denn der Mann ist hinter meinem Rücken gestorben. Darum wird es jetzt Streit geben.«
    Darauf sandte Sidi Baba an seinen Onkel eine Botschaft und ließ ihm sagen: »Wem kommt nach dem Tode meines Vaters das Königtum zu?« Als der Onkel diese Nachricht empfing, bekam er Angst und sagte: »Ich bin ja gar nicht König. Ich trinke nur ein wenig und freue mich meines Lebens.« Sidi Baba sagte: »Du kannst alle Weiber meines Vaters nehmen, meinetwegen auch meine Mutter. Aber sonst bekommst du nichts.« – Drauf wurde Sidi Baba selbst König.
    Nachdem Sidi Baba sich derart zum König gemacht und er seinen Onkel beiseite geschoben hatte, sagte er: »Wartet, ihr Alten, seid ihr so? Wollt ihr mich so loswerden?« Sidi Baba hatte fünf große Hallen. Er ließ im Lande verkünden: »Alle Alten sollen zusammenkommen, die Ritter, die Bauern, die Spielleute, die Schmiede. Alle sollen in dem Gehöft des Sidi Baba zusammenkommen.« Sie kamen von allen Seiten und versammelten sich in großer Menge in dem Hof, und manche dachten, sie würden nun ganz besonders geehrt werden. – Als aber alle beisammen waren, ließ Sidi Baba rund im Lande verkünden: »Heute macht jeder Alte seinem Sohne Platz. Das Alter will, daß die Jugend daran komme. Keiner von den Alten wolle aber dem Nachkommen hinter seinem Rücken fortsterben, damit niemand eine Schwierigkeit in seiner Rechtsübernahme habe, und somit teilt Sidi Baba mit, daß die Alten heute beiseite rücken.«
    Sidi Baba ließ alle Alten erschlagen. Dann rief er die jungen Spielleute und sagte: »Nehmt ihr jetzt den Bari (Kalebassenpiano)! Singt zum Bari. Die Alten haben den Bari nicht mehr nötig.« Er gab den jungen Landleuten die Äcker der Alten. Er gab den jungen Rittern die Herrschaft der Väter. Er gab den jungen Schmieden die Werkstätten der Alten.
    In der Gegend war ein Land namens Garrio, das ist nicht weit vom Lande Fara-Maka. Im Ort Garrio war jeden Tag Spiel und Tanz. Das ärgerte den König Sidi Baba. Er hörte das jeden Tag herüberschallen, und er war so ärgerlich, daß er eines Tages sagte: »Der König von Garrio vagabundiert zu sehr. Ich werde ihm etwas Ruhe schaffen.« Zwischen Tonna, seinem Dorf, und Garrio war eine Wildnis, die hieß Nampala. Die Wildnis Nampala ist weit bekannt. In allen Ländern hat man von der Wildnis Nampala gehört. Um die buschige Wildnis Nampala zu durchqueren, braucht man zwei bis drei Tage. Es ist kein Wasser da zu finden. Sidi Baba machte sich mit seinen Kriegern auf, um gegen Garrio zu ziehen. Als er am ersten Abend in der Wildnis Nampala lagerte, sagte er zu seinen Leuten: »Hier ist kein Wasser. Morgen früh will ich erwachend Wasser finden. Grabt einen Brunnen.

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