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Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
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nicht einmal einer anständigen Frau aus den Augen geht? Schämt ihr euch nicht, so in der Sonne mit euren diebischen Gedanken herumzustehen, so daß ich jeden einzelnen sehe?!« Einer der 60 Helden sagte erstaunt: »Frau, was gibt dir den Mut, in dieser Weise zu den sechzig vornehmsten Helden von Segu zu sprechen?« Die Frau Sirrani Korro Sambas sagte: »Oh, was seid ihr doch für großartige Helden, daß ihr so kühn mit einer Frau zu reden wagt; – wartet aber ein wenig, bis mein Mann kommt, der wird euch schon lehren, vor Angst zu furzen. Dann wird es sehr schnell mit dem stattlichen Mut vor der Frau zu Ende sein.« Signana Samba, der Spielmann, schlug an seine Gitarre und sagte: »Wenn der Mut des Mannes dieser Frau nicht ins Pui gehört, so sollte man wenigstens die Zungenfertigkeit dieser Frau besingen. Frau, wer ist dein Mann?«
    Die Frau Sirrani Korro Sambas antwortete: »Wer mein Mann ist, fragt ihr? Wollt ihr ihn wirklich erst kennen lernen? Dann sucht euch schnell die Mauselöcher im Acker und die Vogelnester in den Bäumen aus und bleibt vorsichtig mit euren Pferdchen darin sitzen. Von dort aus könnt ihr am besten die Bekanntschaft meines Mannes machen und habt so Aussicht, nicht unter die Fußtritte seines Pferdes zu kommen.« Massassi Diadierri sagte: »Frau, du mußt uns unbedingt nach Segu begleiten, damit der König einmal eine ungewöhnliche Sache kennen lernt. Hat je einer solchen Vogel singen hören? – Vorwärts nach Segu.«
    Die Frau sagte: »Macht schnell, daß ihr eures Weges kommt; denn da hinten kommt mein Mann. Ich sehe, daß er arg betrunken ist, und dann ist das Spielen gefährlich. Macht, daß ihr beiseite kommt, denn es wäre ein Jammer, wenn sechzig so tapfere Helden, die es wagen, bei hellem Tage eine einsame Frau zu belästigen, irgendwie Schaden nähmen. Geht nur, ich sehe jetzt, daß mein Mann ganz außerordentlich betrunken ist.« Einer der Seguleute sagte: »Das muß eine sonderbare Art von Held sein; berichte uns doch, ob es ein Gott ist oder eine Hyäne?« Alle Helden von Segu spotteten: »Es muß ein Gott oder eine Hyäne sein!« Die Frau sagte: »Wenn ihr in ein Mauseloch kriecht, wird er euch vorkommen wie ein Gott; wenn ihr in ein Vogelnest schlüpft, könnt ihr denken, er sei eine Hyäne, und das wäre eurem Verstand ähnlich.«
    Sirrani Korro Samba kam langsam angetrottet. Er hörte den Wortstreit und sah auf. Die 60 Helden aus Segu zogen sich zurück und betrachteten den Mann aus der Ferne. Sirrani Korro Samba richtete sich mühsam in seinem Sattel auf. Er war nämlich sehr betrunken. Dann nahm er seine Flinte, schoß sie nach links in die Luft ab, schoß sie nach rechts in die Luft ab, schoß sie nach vorne in die Luft ab. Sirrani Korro Samba zog dann seine Tabakspfeife heraus, begann vor sich hinzuqualmen und rief den Männern aus Segu zu: »Hoooo! Seid ihr langweilig! Hooo! Seid ihr langweilig!«
    Einer der Helden von Segu kam angesprengt. Er schoß auf Sirrani Korro Samba. Abr er traf ihn nicht. Sirrani Korro Samba schoß gleichmütig seine Flinte in die Luft ab. Der andere schoß und fehlte wieder und dann noch ein drittes Mal. Da legte Sirrani Korro Samba sein Gewehr an. Er schoß den anderen von seinem Pferd herab. Er lud, legte nochmals an und schoß den zweiten herab. Er lud, legte nochmals an und schoß einen dritten und vierten herunter. Die Seguleute begannen nun zu fliehen. Darauf setzte Sirrani Korro Samba sein Pferd in Bewegung, jagte ihnen nach und nahm drei von ihnen gefangen.
    So tummelten viele Leute auf dem großen Platze herum. Viele schossen, Signana Samba, der Dialli von Segu, schlug die Gitarre und sang: »Ihr Helden von Segu! So vergeßt doch nicht euren würdigen Namen. Ihr Helden von Segu, bedenkt, daß ihr sechzig Männer seid, die von einem Frauenmund vergiftet sind und als Kranke nun hingeschlachtet werden sollen. Denkt doch, daß ihr Helden seid, ihr sechzig Männer aus Segu.« Der Held aus Kalla jagte in der Ferne hinter den Fliehenden her. Da ritt der Dialli zu der Frau heran und sagte: »Wenn diese Sache je im Pui besungen werden soll, wie sie es verdient, muß ein Spielmann dafür gewonnen werden, denn jene fliehenden Männer werden sicher nichts davon erzählen. Wenn der Spielmann diese Sache berichtet im Pui, dann wird er von der tapferen Frau, die er kennen lernte und von der er singen will, allzuweit entfernt sein als daß sie ihm ein Geschenk machen könnte!« Da nahm die Frau Sirrani Korro Sambas einen ihrer schweren goldenen

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