Das scharze Decameron
aber hier gesehen habe, will ich meinen Marsch nach Keke noch um acht Tage verschieben, und ich lasse durch dich Sira Maga Njoro sagen, er möge, wenn seine Lanzen noch nicht gerichtet, sie zusammenschmieden, wenn einige Gewehre noch zerbrochen, sie wiederherstellen, wenn das Mauerwerk der Stadt noch schadhaft, es ausfüllen lassen.« Mussa Ardo sagte: »Ich werde das meinem Bruder ausrichten.«
Der Held wandte sein Pferd und wollte von dannen reiten. Da fiel sein Blick auf Kaba Mbadji. Das war ein Häuptling aus der Gegend von Segu, ein Führer der Heereshaufen des Königs, ein sehr schöner, starker und stattlicher Mann. Mussa Ardo sagte: »Wer ist das, ein Freier oder ein Unfreier?« Mussa sagte: »Es ist ein Freier und ein Held.« Mussa Ardo sagte: »Gut. Kaba Mbadji, wir werden uns vor Keke wiedersehen. Wir beide werden miteinander kämpfen und du wirst der erste sein, der durch mich in diesem Krieg getötet wird.«
Dann ritt Mussa Ardo heim, suchte seinen Bruder Sira Maga Njoro auf und sagte: »Das ganze Heer des Königs von Segu mit Daga an der Spitze ist auf dem Wege hierher. Ich bin in das Lager geritten, habe mit dem König gesprochen, er hat mich für eine Nacht beherbergt, hat mir Geschenke gemacht und läßt dir sagen, er werde an jener Stelle noch acht Tage liegen bleiben. Du sollest nur alles gut für den Krieg rüsten.«
Dagas Kriegshaufen rückten durch das Land hin. Es waren so viele Mannschaften, daß sie wie ein Tornado den Staub aufscheuchten und vor sich her trieben und daß die Antilopen in der Stadt Keke Schutz suchten. Das Heer von Segu rückte vor und lagerte sich dann dicht vor den Mauern Kekes. Der König nebst dem Bruder König Ardos lagerten unter einem Tommibaum, der erhaben stand und von wo aus man über das Heer hinsehen konnte. Allerdings hatte der Bruder Ardos König Daga gewarnt und gesagt: »Ein so ausgesetzter Punkt ist nicht gut für dich und mich, denn wenn Sira Maga Njoro zu den Waffen greift, dann wird er alle diese Heerhaufen da unten durchbrechen und sich bis zu diesem weithin kenntlich gemachten Punkt durchschlagen.«
Einige Tage lang zog sich der Kampf in ständigen Plänkeleien hin. Die Leute aus Keke machten hier und da Ausfälle und fielen über die Scharen Segus her. Da konnte man schon manche ausgezeichnete Tat sehen, denn jeder Mann aus Keke rechnete sich zu den Helden des tapfersten Mannes im Lande. Wenn dann irgendeine besonders tüchtige Hand aus Kekes Toren heraus unter die Volksmenge Dagas fuhr, so fragte der König stets: »Ist das vielleicht Sira Maga Njoro?« Der Bruder König Ardos aber lachte und sagte: »Wie ganz anders ist es, wenn der Sohn meines Bruders zu den Waffen greift! Du wirst dann nicht erst fragen, sondern du wirst einfach sagen: Das und kein anderer muß Sira Maga Njoro sein!« – So ging es während zwei Tagen.
Am dritten Tage sagte Sira Maga Njoro: »Heute will ich gegen den Feind reiten!« Er kleidete sich in rote Hosen, roten Mantel, setzte eine rote Mütze auf. Er bestieg Sopre Kange. Er sprengte vor das Tor. Er sprengte hinaus. Alle Welt schrie: »Das ist Sira Maga Njoro! Das ist Sira Maga Njoro!« Der Held schleuderte die Feinde zur Rechten und zur Linken zurück. Er sprengte in die dicksten Haufen, und wo er auftauchte, stob alles auseinander und schrie: »Das ist Sira Maga Njoro! Das ist Sira Maga Njoro!«
König Daga sah es vom Platz unter dem Tommibaum aus. König Daga sagte: »Ja, das ist Sira Maga Njoro.« Der Held drang weiter und weiter vor. Er kam bis an den Tamarindenbaum. König Daga und der Bruder des Königs Ardo flüchteten angsterfüllt von dannen. Sira Maga Njoro aber kam bis unter den Tamarindenbaum. Er pflückte einen Zweig ab und sprengte damit wohlbehalten zurück in die Stadt. Am anderen Tage legte er wieder seine rote Gewandung an und ritt aus dem Stadttor. Er warf wieder die Krieger zur Rechten und zur Linken auseinander und sprengte die stärksten Heerhaufen. Überall, wo er hinkam, entstand Angst und Schrecken, und als er zu dem Tommibaum kam, flüchteten König Daga und der Bruder König Ardos. Sira Maga Njoro pflückte aber einen Zweig von dem Tamarindenbaum und kehrte in die Stadt zurück.
König Daga ward nachdenklich. Er sagte zu seinen Leuten: »Wir verlieren auf diese Weise Ruhm, Ansehen und Macht. Was kann man gegen die Gewalt dieses Helden tun?« Die Leute sagten: »Wir wollen einen weisen Marabut fragen.« Man rief einen weisen Marabut herbei und fragte ihn: »Kannst du uns sagen, wie König
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