Das scharze Decameron
einen schönen Bart. Galadio hat uns so schlechte Sachen gesagt, daß wir gleich wieder gingen.«
Sira Maga Njoro lachte und sagte: »Polor, rüste meinen Sopre Kange. Heute will ich noch alles Vieh Konares nehmen und morgen wird mir Fatumata zur Frau gegeben werden. Wenn mir das nicht gelingt, dürft ihr mich nachher, wenn ihr mich seht, beschimpfen und sagen: ›Da läuft der Hund fort.‹« Darauf machte er sich mit seinen Reitern auf und trieb alsbald alles Vieh Konares zusammen.
Als Galadio das hörte, ließ er die Tabele schlagen. Das vernahm Sira Maga Njoro und er sagte zu Polor: »Treibe du nur ganz ruhig das Vieh heim. Die hundert Helden werden dir helfen. Ich will hier warten, denn ich höre, daß man eine Tabele rührt. Du brauchst dich nicht so sehr zu eilen, und wenn das Vieh unterwegs etwas grasen will, so laß ihm seinen Willen. Ich werde dafür Sorge tragen, daß, solange ich am Leben bin, zwischen diesen Tomonong kein Reiter an mir vorüberkommt, um euch anzugreifen. Also macht die Sache lässig.« Polor trieb mit den hundert Helden das Vieh von dannen. Sira Maga Njoro setzte sich zwischen den Dornenhecken auf den Boden, band die Zügel des Pferdes an seinen Fuß, hüllte sich in seine Decke, hielt die dreizehn Lanzen bereit und wartete ab, was nun weiter geschehen würde.
Als die Tabele geschlagen war, kamen auch die zwölf Kambodj zum König Galadio und fragten ihn: »Was gibt es? Weshalb schlägst du die Tabele?« Galadio sagte: »Sira Maga Njoro ist in das Land gekommen und hat alles Vieh geraubt. Er treibt es von dannen.« Die Kambodj sagten: »Das lohnt doch aber nicht. Weshalb läßt du denn da gleich die Tabele schlagen und uns alle zusammenkommen, wenn ein einfacher Viehräuber im Busch ist?!« Galadio sagte: »Ihr irrt, wenn ihr Sira Maga Njoro für einen gewöhnlichen Viehräuber haltet. Er hat seine hundert Helden bei sich.« Die Kambodj sagten: »Du kennst uns doch aber und mußt wissen, daß einer von uns hundert Mann auf sich nehmen kann. Also wähle einen von uns zwölf aus und sende ihn hinter diesem Sira Maga Njoro her.« Galadio sagte: »Ihr scheint von diesem Sira Maga Njoro nichts zu wissen. Er ist der tapferste und unerschrockenste Held Massinas.« Die Kambodj sagten: »Gut denn also; so werden wir nach deinem Wunsch alle zwölf gegen ihn ausziehen.« Galadio sagte: »Auch das genügt mir nicht. Ich werde euch auch mit meinen anderen Reitern begleiten.« Darauf setzte sich der ganze Zug in Bewegung und kam alsbald an das Tor der Stadt.
Am Stadttor saß ein alter Dialli. Als Galadio vorbeiritt, rief er: »Galadio! Galadio! Galadio!« Er mußte dreimal rufen, ehe der König hörte. Galadio sagte: »Was gibt es?« Der Alte sagte: »Ich muß dir etwas sagen, was dich erzürnen kann. Aber es ist gut für dich! Du könntest aber so zornig werden, daß du mich tötest.« Galadio sagte: »Ich töte dich nicht.« Der Alte sagte: »Ich bin nicht sicher!« Galadio sagte: »Ich töte dich nicht.« Der Alte sagte: »Du könntest nachher doch zornig werden, schwöre!« Galadio sagte: »Ich schwöre dir bei meinem Namen, daß ich dir nichts tun werde.«
Darauf sagte der alte Dialli: »Wenn jemand wie dieser Sira Maga Njoro mit seinen hundert Reitern gegen deine dreihundertdreiunddreißig Dörfer auszieht, so ist das ein Tapferer, ein Held! Und Sira Maga Njoro ist ein Held! Laß also den Krieg. Denn er würde dich zu viele tapfere Krieger kosten, wenn du diesen einen Mann würdest töten wollen. Darum rate ich dir: reite ihm entgegen und besprich mit ihm diese Sache in Frieden. Entbiete ihm den Gruß eurer gemeinsamen Familie. Rufe ihm Diko entgegen!« (Name des gemeinsamen Adelsgeschlechts). Galadio zog weiter und bedachte diese Sache.
Sira Maga Njoro saß an der gleichen Stelle am Boden und sang das Baudi vor sich hin. Dazu schlug er die Gitarre, die einer seiner Dialli zurückgelassen hatte. Als der König kam, sprang Sira Maga Njoro auf. Da bekam Galadio einen Schreck. Er gedachte des Wortes des alten Dialli und rief: »Diko!« Das hatte Sira Maga Njoro nicht erwartet. Er hatte sich auf den Kampf gefreut. Als der König ihn so begrüßte, biß er sich auf die Lippen, daß das Blut herausspritzte; erst dann konnte er antworten. Galadio sagte darauf: »Höre, Sira Maga Njoro: Wir sind gleicher Familie und sind beide Königskinder. Weshalb wollen wir uns im Krieg schwächen? Wir wollen die Familien der Fulbe lieber stark machen, als uns und unsere Leute hinzumorden. Wenn etwas Gutes oder
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