Das scharze Decameron
eigenen Raum zurückjagte.
Am andern Morgen ging der junge Mann sogleich zu seinem Girdamädchen hinüber. Er setzte sich auf den Rand des Angarebs und sagte zu dem Girdamädchen: »Mein Vater ging gestern sehr zufrieden fort.« Das Girdamädchen sagte: »Das weiß ich.« Der junge Mann sagte: »Mein Vater hat gesagt, daß heute seine drei Söhne mit ihren Frauen zu ihm kommen und bei ihm essen sollen.« Das Girdamädchen sagte: »Das weiß ich.« Der junge Mann sagte: »Was soll ich nun tun?« Das Girdamädchen sagte: »Du mußt hingehen.« Der junge Mann sagte: »Und welche Frau soll ich mitnehmen?« Das Girdamädchen sagte: »Bringe mich schnell in die Wüste und hole eine andere Frau, die ich dir zeigen werde.« Der junge Mann sagte: »Und was wird aus dir werden?« Das Girdamädchen sagte: »Du weißt es doch schon, ich werde sterben.« Der junge Mann sagte: »Ich habe dir auch schon gesagt, daß ich das nicht will.« Das Girdamädchen sagte: »Dann ist nur noch eines möglich, daß ich nämlich als deine Frau zum Fest deines Vaters gehe!«
Der junge Mann erschrak. Er wußte, daß die Frauen seiner Brüder sehr schön waren. Er wollte nicht das zottige Affenweib als seine Frau mitbringen. Der junge Mann sagte nichts. Das Girdamädchen sagte: »Dein Vater hat mich als deine Frau heute abend eingeladen. Mach, was du willst. Bringe mich in die Wüste zurück und hole dir eine andere Frau oder laß mich allein gehen. Ich verlange nicht, daß du mit mir gehst. Ich aber gehe hin.« Der junge Mann ging hinaus.
Der junge Mann legte sich auf den Hof und war sehr traurig.
Als es Mittag war, kam das Girdamädchen zu ihm und sagte: »Ich schlage es dir noch einmal vor: bringe mich zurück in die Wüste und laß mich für eine schöne Frau für dich sorgen.« Der junge Mann sagte: »Nein, du sollst nicht sterben.« Das Girdamädchen sagte: »Ich werde aber zu dem Feste deines Vaters gehen.« Der junge Mann sagte: »Gut, geh hin. Geh aber allein.« Dann erhob sich der junge Mann und sattelte sein Pferd. Er ritt ein Stück weit, stellte sein Pferd bei einem Freunde unter und stieg dann über die Dächer bis dahin, von wo aus der Mond sein Licht durch die Ritze in der Mauer auf das Angareb des Girdamädchens geworfen hatte.
Als es dunkel wurde, sah er, daß das Girdamädchen sich von seinem Angareb erhob. Das Girdamädchen griff mit der Hand in den Schlitz des Affenfelles und zog einen Diamant hervor, der leuchtete wie keine Lampe heller leuchten kann. Danach zog das Girdamädchen das Affenfell nach hinten über den Kopf. Da sah der Jüngste, daß die seidenen Haare lang und länger hervorquollen, daß zwischen die schwarzen Seidenhaare lange Goldfäden gesponnen waren. Das Mädchen strich mit der Hand eine rauhe Stelle der Lehmwand, da war da ein Spiegel, und nun konnte der junge Mann durch die Mauerritze sehen, daß das Girdamädchen über alle Maßen schön war, so schön, daß er vor Schreck zu zittern begann und fast über die Dachkante herab auf die Erde gefallen wäre. Dann streifte das Girdamädchen die Affenhaut auch vom Leibe und von den Gliedern, und nun konnte er sehen, daß unter dem feinen Linnen, in das sie gehüllt war, ein junger, schöner Körper, weiße Glieder und gewölbte Brüste lebten. Als das Girdamädchen so schön unten in dem Lehmhaus vor dem Spiegel stand, da war der jüngste Sohn des Emirs so glücklich, daß er fast geschrien hätte. Um das zu unterdrücken, biß er sich in die Hand, und er konnte sich nicht anders helfen, als daß er tief hineinbiß.
Das Girdamädchen betrachtete sich inzwischen im Spiegel. Es ordnete die Haare. Es nahm aus dem Affenfell allerhand Schmuck hervor. Es legte goldenen Schmuck um den Hals. Es legte goldene Ringe um Handgelenk und Füße. Es warf das Affenfell auf das Angareb, hüllte sich in ein langes Umschlagetuch des jungen Mannes und verließ das Haus, um zu seinem Schwiegervater zu gehen. Kaum hatte aber der jüngste Sohn gehört, daß das Girdamädchen sein Haus verlassen hatte, so stieg er von seinem Dach herab und lief zu seinem Hause. Er blickte in den Raum des Girdaweibchens. Er sah das Affenfell. Er nahm das Affenfell und warf es ins Feuer. Dann setzte er sich auf das Angareb und wartete die Rückkehr des Mädchens ab. Das junge Mädchen ging inzwischen hinüber zur Seriba des Emir. Sie trat zunächst in das Haus ein, in dem die Frau des Emir die Herstellung der Speisen beaufsichtigte. Als die alte Frau das verhüllte Mädchen hereinkommen sah, fragte
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