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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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seinem dicken Spazierstock stieß er Loveday unsanft gegen die Brust. «… rennst hier rum, um diesem Küchenweib irgendwelche Wünsche zu erfüllen. Ich nehme an, sie bringt dich auch dazu, ihrem Rock nachzustellen, du schwarzer Köter. Erkläre dich!»
    Loveday geriet ins Stottern. Dann packte Mr. Pars ihn zu seinem Entsetzen am Ärmel, zog ihn ruckartig zu sich heran und funkelte ihn wütend an.
    «Ich nicht weiß, warum», plapperte Loveday. Er hob die Hand, um sein Gesicht vor der Missgunst des alten Mannes zu schützen.
    «Du weißt nicht, warum? Willst du mir das sagen, du Affe? Kannst du denn nicht mal das Englisch deines Königs sprechen?»
    «Ja, Sir, ich kann», sagte Loveday und riss sich los. Er schaffte es gerade noch außer Reichweite von Mr. Pars’ Spazierstock, ehe dieser zuschlagen konnte. Loveday war aber zu flink, weshalb der Stock ihn nur am Bein streifte. Doch als er stolpernd davonrannte, war er zutiefst erschüttert. Ohne Zweifel war der Steward von bösen
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-Geistern besessen. Selbst Biddy war seiner Meinung, dass irgendetwas einen schlechten Einfluss auf Mr. Pars ausübte. Loveday hatte gehört, wie diese Geister nachts in Mr. Pars’ Kammer auf und ab liefen. Bluthungrige Wesen waren das, die ihn keinen Schlaf finden ließen.
    Sobald er die weiße Straße nach Ombrosa entlanggelaufen war, stahl er sich in das Hinterzimmer einer Taverne. Dort starrte er lange auf den Brief, ohne zu wissen, ob er Mr. Pars’ private Gedanken überhaupt lesen wollte. Die Handschrift auf dem Umschlag war unordentlich und krakelig – ganz anders als die Handschrift des Verwalters sonst. Trotzdem muss ich erfahren, was darin steht, sagte sich Loveday. Also schnitt er tapfer das Wachs auf und öffnete den Brief.
    Ozias,
    Bruder – wenn du noch immer diesen durch Blutsbande verliehenen Namen verdienst – warum schreibst du nicht? Ich habe dich ausdrücklich darum gebeten, mich auf dem Laufenden zu halten, und trotzdem bleibst du stumm. Gott stehe mir bei, verstehst du nicht, wie verzweifelt ich inzwischen bin? Stell dir doch vor, wenn du das denn kannst: Ich bin mehr als eintausend Meilen von England entfernt und kann meine Angelegenheiten daheim kaum regeln. Ich will nur ein paar Worte, um mich von der permanenten Last der Sorge zu befreien. Befragt Strutt dich noch immer? Kam irgendwelche Nachricht aus Irland? Ist Sir Geoffrey noch am Leben? Versteh doch, Bruder: Ich bin weit weg in Italien, aber in Gedanken bin ich so voller Sorge, dass ich nicht weiß, wo mir der Kopf steht.
    Was nun Italien betrifft, kann ich nicht viel sagen. Die Hitze, der Gestank, der verfluchte Lärm, das alles lässt sogar den Standhaftesten wanken. Und meine Gesellschaft in diesem Haus – sie alle sind Verräter. Nur ich sehe, welch doppeltes Spiel sie treiben. Bruder, ich traue mich gar nicht, das zu schreiben, aber ich weiß, dass sie gemeinsam planen, mich um das ganze Geld meines Masters zu erleichtern. Jeden Tag rechne ich damit, dass sich uns ein rücksichtsloser Kerl anschließt, der Liebhaber der diebischen Hure. Und wie soll ich die Schatulle vor ihm verschließen? Wie lange wird es dauern, bis sie Sir Geoffreys Vermögen an sich gerafft haben und verschwinden? Was wird dann aus meiner Stellung? Was mit Sir Geoffreys Vertrauen in mich? Und wohin versickert das Geld?
    Anfangs hatte ich noch geglaubt, die anderen würden mir beistehen. Aber sogar Jesmire schreibt heimlich Briefe an ich weiß nicht wen, denn oft ertappe ich sie beim Kritzeln, und sie schickt verstohlen Briefe zur Post. Dieser heidnische Mohr ist natürlich nichts weiter als eine widerliche Kreatur, weniger ein Mensch als ein Hund, dem man Kunststückchen beibringt. Doch es ist der Betrug von Biddy Leigh, der mich besonders schmerzt. Sie tut vor mir so, als wäre sie noch das einfache Mädchen aus Mawton, aber ich musste entdecken, dass sie ihrer Mistress an Schlechtigkeit in nichts nachsteht. Die Jezebel hat ihr beigebracht, sehr geziert «Eure Exzellenz» zu sagen, und jeden Tag übt sie derlei vor dem Spiegel und träumt von einer Größe, die sie nie erreichen wird. Dann wird sie wie eine Kupplerin fortgeschickt, um einen wohlhabenden Gecken zu täuschen, dem die beiden nun gemeinsam allerlei Kleider und Putz entlocken. Bruder, ich werde eingesponnen in ein Netz aus Erpressung, Lügen und Intrigen.
    Ich bin jetzt erschöpft und muss mich hinlegen.
    Bete für mich, Bruder. Und schreib!
    Humphrey
    Loveday warf den Brief zu Boden. Mr. Pars war

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