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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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wirklich von sehr gefährlichen Geistern besessen, das bezweifelte er nun nicht mehr. Daheim kannten sie Möglichkeiten, um solche Zustände zu bekämpfen. Ein Heiliger Mann könnte Mr. Pars die
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austreiben. Das war eine ernste Angelegenheit, um die man sich bei seinem Stamm aber mit brüderlicher Sorgfalt kümmerte. Einen Moment lang wurde er von der Traurigkeit übermannt, weil der alte Kerl hier ohne jede Hilfe und ohne den Trost seiner Familie war.
    Dann las Loveday Mr. Pars’ gemeine Worte über ihn.
Eine widerliche Kreatur.
Die grausamen Worte brannten in seinen Augen und ließen sein Mitleid schwinden. Mr. Pars war ein übler Mensch, der von Biddy schlecht sprach und versuchte, ihn mit dem bösen Blick zu treffen. Er schwor sich, die Worte des Verwalters vor Biddy geheim zu halten, und machte sich auf den Weg zur Poststation, wo er den Brief übergab.
    Biddy. Als er im goldenen Nachmittagslicht zurück zu der Villa lief, wusste er, dass er sie schon bald allein lassen musste. Das würde ihn sehr schmerzen, denn inzwischen mochte er sie so sehr, dass seine Zuneigung sich wie ein Widerhaken in sein Herz bohrte. Von allen verlassen hatte er in diesem fremdartigen Königreich sie getroffen, und in ihr war eine Wärme, wie er sie nur von Lamahona kannte. Er würde es vermissen, wie ihr Gesicht plötzlich von einem Lachen erhellt wurde, oder wie sie ihn freundschaftlich mit dem Ellbogen anstieß. Die lustigen Fratzen, die sie immer dann zog, wenn sie ihm am Küchenfeuer ihre albernen Gedanken mitteilte.
    Wenn er in letzter Zeit an Bulan dachte, war sie für ihn kaum mehr als eine von der Sonne ausgebleichte Erinnerung. Er konnte nicht länger aus den Träumen schöpfen, in denen die Gesichter seiner Lieben genau so waren, wie er sie verlassen hatte – eine junge Mutter mit sanften Augen und ihrem hilflosen Kleinkind. Während er an der Harpune arbeitete, hatte er sich vorgestellt, wie ihr Leben als Sklaven der Damong war. Oder wie sie – so wie er – vom Lebenssturm an einen anderen unbekannten Ort gespült worden waren. Oder vielleicht – und das konnte er erst denken, als er die kraftvolle Harpune im Schoß liegen hatte – waren seine Frau und sein Kind fortgegangen und lebten nun an der Seite von
Bapa Fela
im Himmel. Vielleicht. Er wusste es nicht. Dennoch bemühte er sich, die Hoffnung am Leben zu halten. Wenn irgendjemand von seinen Leuten den Damong entkommen war, würden sie in das verlassene Dorf zurückkehren. Und sobald sich ein paar von ihnen wieder versammelten, segelten sie vielleicht im Schutz der Nacht zur Insel der Damong und wagten einen Überraschungsangriff. Egal ob Bulan und Barut lebten oder nicht, für ihn gab es immer noch die Chance, sich heimzutrauen und das Leben als stolzer Jäger von Lamahona wiederaufzunehmen.
     
    Als er an diesem Abend in den Steingarten zurückkehrte, wärmte die Abendsonne seinen Körper, und er drückte die Harpune an seine Brust. «Mein Bruder», sagte er schüchtern und liebkoste die scharfe Kante zärtlich mit der Fingerspitze. Die Harpune war von der Kraft, die er in die Herstellung gesteckt hatte, zu Leben erwacht und drängte ihn nun, sie auszuprobieren. Er kletterte in den von der Eisschmelze gespeisten Fluss, und seine Zehen bewahrten auf den von Algen überzogenen Steinen das Gleichgewicht, als griffen seine Hände zu. Loveday hob die Harpune und schüttelte das ganze Gewicht seiner Sorgen ab. Die alte Wunde von dem Gewehr des weißen Mannes war langsam von viel Ruhe und Sonne geheilt worden, sein Mut hatte die vom Schnee bedeckten Berge bezwungen, und schon bald würde er auf den Wellen zurück nach Hause reiten. Der richtige Tag rückte immer näher. Er spürte, wie der Ruf seiner Heimat stärker wurde.
    Er sah etwas Braunes im schnell dahinschießenden Wasser aufblitzen. Er zielte, und der Widerhaken traf beim ersten Versuch. Die Forelle, die er mittig aufgespießt hatte, gab ihr Leben sofort in seine Hände. Nachdem er ein paar Tropfen des Fischbluts seinen Göttern geopfert hatte, nahm Loveday den Fisch aus und backte ihn auf einem heißen Stein vor seinem Unterschlupf. Das Fleisch war korallenrosa und schmeckte süß wie Honig. Die beiden runden Augen, die köstlich zwischen seinen Zähnen zerplatzten, verhießen ihm Weitblick und Glück für die lange Reise.

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